Schandtat
Pommes, Theos Miene war einfach zu komisch. »Er hat eine Vorliebe für Käse.«
Theo lächelte. »Es gibt einen Unterschied zwischen einer Vorliebe und einem Fetisch, Kumpel.«
Velveeta betrachtete den Käseklumpen in seiner Hand, dann legte er ihn auf das Papier neben dem Burger.
Theo runzelte die Stirn. »Hey, Kumpel, leg ihn einfach wieder drauf. Ich hab nur’nen Witz gemacht.«
Velveeta legte den Deckel wieder auf seinen Burger, den Blick gesenkt. »Nee. Ich hab auch bloß’nen Witz gemacht.«
Theo sah mich entschuldigend an, zuckte die Achseln und nahm dann einen Bissen. »Hedonismus bedeutet pures Vergnügen«, sagte er.
Velveeta lächelte, war wieder voll auf Kurs. »Davon hab ich gehört. Wie in den Girls-Gone-Wild -Videos. Bei denen geht jede Menge Hedonismus ab.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Girls Gone Wild?«
»Jep. Hab die ganze Sammlung. Man kann sie übers Fernsehen bestellen. Jedes Mal eine Mordsparty nach der anderen, mit lauter Mädchen in Bikinis. Auch ziemlich viele Lesben. Hast du sie schon gesehen, Theo?«
Er lächelte, schaute mich an und wandte dann den Blick ab. »Zum Teil. Die Reklame läuft ja ständig.«
Es folgte ein Augenblick verlegenen Schweigens, bevor Velveeta sich im Restaurant umsah und den Hals von einer
Seite zur anderen reckte. »Hast du auch schon mal sexy Hooters gesehen?«
Wir starrten ihn an.
Er nickte vor sich hin, wobei er sich immer noch umschaute. »Dieser Laden hier ist auch irgendwie so. Nur ohne die netten Kellnerinnen in ihren tollen Uniformen. Diese orangefarbenen Shorts und Tanktops.«
Ich atmete tief ein, und Theo lachte. »Ja, ich war schon mal bei Hooters . Letzten Sommer in L. A.«
»Man kann bei jedem Gericht eine dreifache Portion Käse bestellen, und die Hooters-Mädels lächeln einen immer an, ganz egal wie man aussieht. Gehört zum Job, schätze ich, wahrscheinlich weil Mr Hooter es so will. Mein Dad meinte, das sei guter Kundenservice.«
Die Glocke über der Eingangstür klingelte, und drei Mädchen stolzierten zum Tresen. Eins trug ein Cheerleader-Kostüm, und die beiden anderen waren so aufgedonnert, als wollten sie zu einem Zwillings-Casting für die Sendung Malibu , die MTV allwöchentlich auskotzte. Als Velveeta sie sah, erstarb das Lächeln auf seinem Gesicht, er senkte den Blick und starrte auf seinen Schoß. Er schrumpfte sogar ein wenig in sich zusammen. Ich runzelte die Stirn. »Wer sind die?«
Theo schaute hin, dann schüttelte er an mich gewandt den Kopf und formte mit den Lippen ein »Nein«. Velveeta hielt den Blick weiterhin nach unten gerichtet. Theo leerte seine Limo. »Sollen wir mal weiter? Ich bin fertig.«
Ich betrachtete seinen halb gegessenen Burger, dann den von Velveeta, dann die Mädchen in der Schlange. Theo legte die Stirn in Falten. »Lasst uns gehn.«
Velveeta erhob sich, und ich stand ebenfalls auf. Theo
ging voran, und als wir an den COSMO-Zwillingen vorbeikamen, sahen sie Velveeta nur an und lachten. Sekunden später waren wir draußen. Velveeta lief vier oder fünf Schritte voraus. Ich ging neben Theo. »Wer waren die?«
»Das Mädchen in dem Cheerleader-Outfit war Anna Conrad.«
Ratlos zog ich die Brauen hoch. Dann fiel es mir wieder ein. Der Brief. Sie hatte ihn an Velveeta geschrieben. »Oh.«
Theo grunzte. »Die Schickeria-Queen von Benders High. Ich schätze, sie hat mit jedem Typen in den umliegenden fünf Bezirken geschlafen.«
»Dich eingeschlossen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Von mir hält sie sich fern.«
»Warum?«
»Weil ihr Dad mal gegen meinen Dad angetreten ist. Um das Bürgermeisteramt. Mein Dad hat ihn unangespitzt in den Boden gerammt.«
Ich musterte Velveetas Gang und Haltung, die Hände hatte er tief in die Taschen gestopft, die Schultern hochgezogen. »Diese Stadt ist die reinste Seifenoper. Verdammt.«
»Du sagst es. Und Anna ist der singende Engel im Mittelpunkt davon.«
»Bitte?«
»Sie ist die erste Solistin im Elitechor. Sie ist sogar richtig gut. Ich hab sie nach der Parade im vergangenen Jahr auf dem Weinfest singen hören. Soweit ich weiß, hat sie sich für irgendeinen nationalen Wettbewerb in Philadelphia qualifiziert.«
Das war ein Dämpfer, und der Stachel der Eifersucht versetzte mir einen Stich. Anna Conrad hätte neben mir also
die zweite Geige gespielt, wenn ich die Solistenrolle angenommen hätte. »Klasse.«
»Oh, es kommt noch besser. Ihre Mutter hat den Vorsitz im Schulausschuss. Die Finanzierung ist also kein Problem für den Chor.« Er
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