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Scharade der Liebe

Titel: Scharade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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gestern erst besucht, und sein Butler Snell sagte mir, Seine Lordschaft liege still auf dem Rücken, mit geschlossenen Augen, und schnarche gelegentlich - was nach Auffassung seines Arztes seltsam ist. Lady Burleigh hält seine Hand und redet mit ihm, als ob er ihr zuhören würde. Snell sagte auch, Seine Lordschaft habe eine bessere Gesichtsfarbe und sein Bart wachse, was für den Arzt Anlass zu mildem Optimismus zu sein scheint.
    Zumindest haben sie das schädliche Sonnenlicht aus Charles' Schlafzimmer verbannt. Ihr wisst ja, wie sehr er die Dunkelheit bevorzugt.«
    »Ja, in der Tat«, erwiderte Gray.
    »Charles wird durchkommen, mein Junge. Und jetzt möchte ich mich gern mit Lord Prith unterhalten. Ich habe Harry seit Trafalgar nicht mehr gesehen. Ein trauriger Tag war das, als wir von Nelsons Tod erfuhren. Ich kann mich noch erinnern, dass Harry sich vor langer Zeit einmal eingebildet hat, er sei in Emma Hamilton verliebt. Seltsam, wie sich die Dinge entwickeln, nicht wahr?
    Seine Tochter Helen ist ein Prachtexemplar an Weiblichkeit. Sie ist riesengroß, aber sie flößt einem Mann keine Furcht ein, nur Verehrung. Ich muss sie kennen lernen. Stimmt es, dass sie ein Gasthaus besitzt?«
    »Ja, in der Tat«, antwortete Gray. »Es heißt König Edwards Lampe.«
    »Ihr fragt Euch sicher, woher der Name stammt, Mr. Genner?«, warf Helen ein, die in ihrem blassgrünen Seidenkleid und mit ihren hoch aufgetürmten Haaren prächtig aussah.
    »Ja, Miss Mayberry, genau das habe ich mich gefragt.«
    Lord Prith, noch einen halben Kopf größer als seine Tochter, stand hinter ihr. »Es heißt, dass König Edward eine ganz besondere Lampe von seinen Kreuzzügen im Heiligen Land mitgebracht habe. Sie soll mit kostbaren Steinen verziert gewesen sein - mit Diamanten, Saphiren, Rubinen und so weiter. Zahlreiche Geheimnisse ranken sich um sie - und sie soll magische Kräfte besitzen. Angeblich kann man damit Menschen verschwinden lassen, seine Feinde nur durch die Kraft des Gedankens besiegen, Licht in Dunkelheit verwandeln und so weiter.
    Meine Tochter hat sich in den Kopf gesetzt, sie zu finden. Sie möchte lieber diese Lampe als einen Ehemann haben. Gott weiß, wie viele Verehrer ich ihr über die Jahre zugeführt habe, aber sie sieht sie nur von oben bis unten an - meistens bis unten, da sie für gewöhnlich von klein gewachsenen Männern umschwärmt wird - und weist sie ab.«
    Douglas Sherbrooke, der Lord Prith kennen gelernt hatte, als er zwanzig und gerade auf die Londoner Gesellschaft losgelassen worden war, schüttelte dem alten Mann die Hand. »Helen«, sagte er und wandte sich zu der Frau, die genauso groß war wie er. »Ich habe irgendwo mal etwas über König Edwards Lampe gelesen. Leider hielt der Autor die Lampe für eine Erfindung, einen Mythos, der sich bis heute erhalten hat.«
    »Douglas«, sagte Helen, »es erleichtert mich, dass du im fortgeschrittenen Alter nicht kleiner geworden bist.« Sie zwickte ihn in den Arm, während sie zu Jack sagte: »Ich war einmal schrecklich verliebt in Douglas. Er war gerade zwanzig geworden, und ich war vierzehn oder fünfzehn. Wenn ich nicht genauso groß gewesen wäre wie er, hätte er mir sicher wie irgendeinem lästigen Hündchen den Kopf getätschelt.«
    Douglas lachte. »Du hast Recht, Helen. Ich wusste überhaupt nicht, was ich mit diesem wunderschönen jungen Mädchen anfangen sollte, das mir auf gleicher Höhe in die Augen blickte. Nun, wir müssen jetzt unsere Zeit mit Gray und Jack verbringen, also lass uns ins Esszimmer gehen und etwas zu uns nehmen. Wenn Gray und Jack uns später loswerden wollen, können wir uns in Ruhe unterhalten.«
    »Wo ist der Champagner?«, bellte Lord Prith.
    »Natürlich wollen wir euch nicht loswerden«, meinte Jack. »Ihr seid schließlich unsere Gäste.«
    »Nein, Jack«, sagte Tante Mathilda.
    »Mathilda meint, wenn sie willens wäre, ihre Worte auszuführen ...«
    »Ist schon gut, Tante Maude«, unterbrach sie Gray. »Wahrscheinlich versteht jeder den hintersinnigen Witz hinter ihren Worten.«
    Alle Herren starrten auf Jack, als ob sie blöde sei.
    Helen lachte nur und tätschelte ihr die Hand. »Wir werden sehen, Jack. Wir werden sehen.«
    Zehn Minuten bevor die Frischverheirateten das Stadthaus der St. Cyre verlassen wollten, stürmte Ryder Sherbrooke mit zerzausten Haaren und unordentlicher Kleidung in die Eingangshalle, sah, dass er die Hochzeit verpasst hatte, und stieß einen klagenden Ruf aus. Dann küsste er Jack und fragte:

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