Scharade
Chantal auch den letzten Zweifel am Wert ihrer Sendung endgültig zerstreuen würde.
»Was in Chantals Leben passiert ist«, sagte sie, »ist nicht weniger als ein Wunder. Nur leider gibt es noch so viele andere Kinder mit besonderen Problemen, die eines solchen Wunders bedürfen.
Seien Sie versichert, daà viele Pflegeeltern liebevolle und fürsorgliche Menschen sind. Aber diese besonderen Kinder brauchen unbedingt ein stabiles Zuhause.«
Das Abendessen war ein Festmahl mit sieben Gängen, das mehr als zwei Stunden dauerte. Alex hätte sich zu Tode gelangweilt, wäre da nicht Cat gewesen, die auf Drängen der übrigen Gäste Geschichten über einige in ihrer Sendung vorgestellte Kinder zum besten gab.
Die Gäste lauschten ihr gebannt und bewegt. Manche
Geschichten waren zum Lachen, andere rührten zu Tränen. Cats Art, sie zu erzählen, war ebenso ergreifend wie die Geschichten selbst. Ihre Stimme verriet, mit welcher Leidenschaft sie an ihrer Sendung hing.
Als der Nachtisch serviert wurde, hatte sie alle am Tisch begeistert, und es wurde ringsum eifrig über eine groÃe Spendenaktion gesprochen.
Als Alex ihren Stuhl zurückzog, beugte er sich zu ihr herab und flüsterte: »Das wäre im Sack.«
Nachdem die übrigen Gäste gegangen waren, bestanden die Websters darauf, daà Alex und Cat noch auf eine Tasse Kaffee blieben, um auf den Erfolg des Abends anzustoÃen. »Lassen Sie uns in Bills Arbeitszimmer gehen«, schlug Nancy vor. »Dort ist es gemütlicher.« Sie ging voran.
Eine Angestellte brachte ein silbernes Service, aber Nancy schenkte selber ein. »Möchten Sie vielleicht einen Brandy, Alex?«
»Nur Kaffee, bitte.«
»Mir ist aufgefallen, daà Sie den Wein zum Essen nicht angerührt haben«, sagte Bill und griff nach seinem Kaffee mit Brandy, den Nancy für ihn eingegossen hatte. »Sind Sie Antialkoholiker?«
»Ja.«
Da Alex keine Verpflichtung verspürte, Webster seine Abstinenz zu erklären, belieà er es bei dieser lapidaren Antwort. Doch seine ausbleibende Erklärung lieà erneut Schweigen entstehen. Wieder sprang Cat ein.
»Ist das ein Familienalbum?« Sie griff nach dem breiten Lederband auf dem Couchtisch und hockte sich damit auf den Boden. »Darf ich mal einen Blick hineinwerfen?«
»Aber sicher«, sagte Nancy. »Wir haben Unmengen an Fotos von unseren Kindern.«
»Wie viele Kinder haben Sie denn?« fragte Alex.
»Sechs.«
»Sechs!« Er hob seine Tasse in einem stillen Salut. »Darauf würde niemand kommen, wenn man die Mutter sieht.«
»Vielen Dank.«
»Sie hält sich bestens in Form.« Webster lächelte voller Stolz.
»Wohnen Ihre Kinder noch im Haus?«
Während Nancy ihm erklärte, welches ihrer Kinder wo lebte und was sie taten, blätterte Cat das Fotoalbum durch. Hin und wieder schaute Alex ihr über die Schulter. Soweit er sehen konnte, sahen die Kinder der Websters den Eltern sehr ähnlich. Typisch amerikanisch und überaus erfolgreich, wie die vielen Aufnahmen zeigten, auf denen sie irgendwelche Preise präsentierten.
»Nun ja«, schloà Nancy ihre Aufzählung, »nur noch der Jüngste wohnt unter unserem Dach, auch wenn er nur selten hier ist. Er ist Herausgeber der Zeitung an seiner High-School und das â«
»Oh, mein Gott!«
Cats erschrockener Ausruf lieà Nancy verstummen.
Im nächsten Moment waren alle Blicke auf die entsetzte Cat gerichtet.
Kapitel 22
»Hast du eigentlich gewuÃt, daà du seiner Tochter Carla zum Verwechseln ähnlich siehst?«
Trotz Alexâ bohrendem Blick konzentrierte sich Cat aufs Fahren und hielt den Blick auf die StraÃe gerichtet. »Eine gewisse Ãhnlichkeit läÃt sich nicht abstreiten...«
»Na, das ist ja die Untertreibung des Jahres.«
»Sie hatte braune Augen, keine blauen.«
»Aber sie hatte lockiges rotes Haar, und die Form ihres Gesichts war auch extrem ähnlich.« Er neigte den Kopf und musterte ihr Profil. »Ihre Züge waren vielleicht nicht so ausgeprägt. Nicht so streng. Aber die Ãhnlichkeit war erstaunlich.«
Den Blick stur auf die StraÃe gerichtet, umklammerte sie das Steuerrad.
»Du weiÃt genau, daà ich recht habe«, beharrte er. »Ich dachte, du kippst jeden Moment um, als du das Foto gesehen hast. Knallrot sind deine Wangen angelaufen.«
»Du bist
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