Schartz, S: Elfenzeit 19: Kampf um Earrach
Tom hatte am Rande mitbekommen, dass Robert und Anne verschwunden waren, und Catan stürmte soeben mit seinen Fiach Duin hinterher. Der Felsentrümmerer und seine Familie wüteten fürchterlich, und Fanfreluche ließ ihre ganze Bosheit hervorbrechen.
Aber das alles betraf sie beide nicht. Tom und Cagliostro standen hinter dem Thron und waren doch wie in einer anderen Welt. Als hätten sie eine Grenze überschritten, hinter der es nur noch sie gab, niemanden sonst.
»Du und ich«, wisperte Tom.
»Warum willst du mich aufhalten?«, fragte Cagliostro, auf seine Magie konzentriert.
»Weil ich es kann«, antwortete Tom. »Nur ich. Genau deswegen hat der Getreue mir diese Gabe gegeben. Genau deswegen bin ich hier. Er hat es gewusst. Die ganze Zeit über wusste er schon von dir und hat dich im Auge behalten.«
»Und dich einfach als Handlanger benutzt? Oh, wie unfein. Lässt du dir das etwa gefallen?«, spottete Cagliostro. »Sehe ich das also richtig: Du willst nicht von mir benutzt werden, aber von ihm schon?«
»Er hat mir die Entscheidung überlassen«, erwiderte Tom. »Ich hätte nicht hierherkommen müssen. All das war mein freier Wille, und ich tat es, weil … ich etwas bewirken will. Das war mein Traum, seit ich ein kleiner Junge war und zu feige, Held zu spielen. Damals träumte ich lieber davon. Ich war der Junge, der nicht verstand, was anders an ihm war. Warum ihn sein Vater für einen Versager hielt, ihn mit Verachtung strafte. Warum seine Mitschüler ihn regelmäßig verprügelten und die Lehrer ihn stets auf die Reservebank setzten. Der Rest der Welt nahm mich nicht ernst, für den war ich der Pausenclown. Wäre schön, mal ein bisschen Bedeutung zu erlangen, meinst du nicht? So bekäme alles noch einen echten Sinn.«
»Du bist ein Träumer und ein Narr, Scaramuccia.«
»Ja.« Tom lächelte. »Und scheiß drauf, so kann ich sowieso nicht weiterleben.«
Dann stürzte er sich auf den seelenlosen Untoten.
Erschrocken fuhr Cagliostro zu ihm herum und hob abwehrend die Hände, doch Tom fiel mit der Kraft der Verzweiflung über ihn her, umklammerte ihn fest und riss ihn mit sich. Während sie kämpfend über den Boden rollten, sammelte Cagliostro seine Magie, konzentrierte sie in den Händen und ließ sie dann in einer einzigen Eruption frei, um Tom von sich zu schleudern, um ihn zu töten. Er glaubte wohl, er müsse nur genug aufbieten, um die Neutralisierung aufzuheben.
Das war sein Fehler.
Cagliostros konzentrierte Magie entlud sich in einem gewaltigen Blitz und einer Eruption, der Donnerschlag der folgenden Druckwelle fegte durch die Halle und stürzte bis auf den Felsentrümmerer alles um – und in einer zweiten, grell blendenden Explosion gab es einen ungeheuren Flashback, als Toms Gabe Cagliostros Macht vernichtete.
Nun wurde es selbst für das Gestein zu viel.
Unter den beiden Männern brach der Boden auf. Ein Abgrund öffnete sich, in den sie haltlos stürzten.
»Anne, mach schnell!«, drängte Robert. Er ließ seine Kraft zu ihr hinüberfließen, um sie in ihren Bemühungen zu unterstützen.
»Wenn du mich störst, dauert es nur länger«, fuhr sie ihn ungehalten an. »Der Bann einer Fee ist nun einmal kaum aufzubrechen. Aber irgendwo hier muss ein Hintertürchen sein, das Bethlana eingerichtet hat … Ah, da ist es! Ha! Gleich sind wir durch, ich muss nur noch den Schlüssel ins Schloss stecken und umdrehen.«
»Tom, beeil dich!«, rief Robert. »Wir gehen jetzt!« Er sah, wie der Freund sich in Bewegung setzte und schnell näher kam. In diesem Moment packte Anne Roberts Hand und zerrte ihn mit sich.
Das Portal hatte sich geöffnet, ein flimmernder Bogen in der Wand. Adelaide hatte nie erfahren, dass es noch ein zweites Tor nach Llundain gab, das aus glücklicheren Tagen lange vor Fanfreluche bestanden hatte. Die Vizekönigin hatte natürlich davon gewusst und es zu Beginn ihrer Regentschaft gesichert, sich aber nie genauer damit beschäftigt. Warum auch? Niemand außer Anne wusste davon – und Fanfreluche wiederum hatte nie von Anne erfahren.
Hand in Hand sprangen Robert und die Muse durch das Portal, das sich bereits wieder zu schließen anfing. Anne hatte die Zeit sehr kurz eingestellt. Sie rannten auf eine goldene Straße zu.
»Wo ist Tom?«, keuchte die Vampirin.
Robert sah sich um und stieß einen derben Fluch aus. »Er hat’s nicht geschafft. Aber da kommt Catan! Und die Fiach Duin!«
Der Pantherelf und zehn seiner Leute stürmten soeben durch das Portal und wurden durch
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