Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
schwiegen.
»Deshalb mein Anliegen, dass ein Kompromiss zu finden wäre«, schloss Tatangil. »Ihr erhaltet den Thron von Crain, und Fanmór zieht sich auf den Hochthron Earrachs zurück.«
Urguyll schien drauf und dran, aufzuspringen. »Unglaublich! Warum hören wir uns das alles an?«
Caturix pflichtete bei: »Es liegt an Fanmór, Schlimmeres zu verhindern, denn Ihr kämpft um Euer Recht, nicht mehr und nicht weniger!«
Bandorchus diamantgrüne Augen wurden zu lichtlosen tiefen Abgründen. »Ich wollte euch begreiflich machen, worum es hier geht.« Langsam stand sie auf, trat an den Tisch und nahm eine Übersichtskarte in die Hand. Dann zerknüllte sie sie. »Alles oder nichts.«
Caturix und Urguyll erhoben sich ebenfalls und schlugen sich mit der Faust gegen den scheppernden Brustharnisch. »Alles oder nichts, Gebieterin!«, versprachen sie leidenschaftlich, verneigten sich vor der Dunklen Königin und verließen das Zelt beschwingten Schrittes. Wenn es ihnen befohlen worden wäre, hätten sie wohl auf der Stelle das Baumschloss gestürmt. Auch zu zweit und nur mit dem Schwert in der Hand.
Bandorchu lächelte finster, streckte den Finger aus. Mit einem leisen
Puff
verschwand der Elf Tatangil, und an seine Stelle trat der spindeldürre Kau. Aus der braunen Mappe wurde der Spriggans, der immer noch Papier spuckte.
»Wofür war das jetzt gut, Herrin, wenn die Frage erlaubt ist?«, erkundigte sich der Kau und rückte die rote Kappe zurecht.
»Um ihnen jeden Zweifel zu nehmen«, antwortete Bandorchu. »Ich führe ein riesiges Heer an. Nur ein einziger Zauderer darunter, und alles bricht zusammen. Meine Anhänger müssen sich klar darüber sein, dass sie zwar in den Tod gehen, ihnen aber keine andere Möglichkeit bleibt. Ich habe das alles nicht bis hierher geplant, damit meine eigenen Gefolgsleute im letzten Moment wankelmütig werden. Die Gedanken, die du geäußert hast, haben sich schon einige gemacht, auch wenn sie ihre Fahne in meinem Lager aufgeschlagen haben.«
»Nun, immerhin stehen ein paar Milliarden Menschenseelen gegen uns wenige Millionen«, wandte der Spriggans ein. »Die könnten uns lange Zeit am Leben erhalten. Das wäre schon eine Möglichkeit, wenn … äh …« Er verstummte.
Das Gesicht der Königin verdüsterte sich zusehends.
»Ich … glaube, ich verstehe«, sagte der Kau eilig und gab Cor eine Kopfnuss, was der voller Verblüffung hinnahm. Meistens war es umgekehrt.
»Das Volk befindet sich am Scheideweg«, sagte Bandorchu ruhig. »Und die Entscheidung fällt jetzt, im Kampf um Earrach. Am Ende werde ich die Hohe Königin sein und unser Volk in eine neue Ära führen. Das Alte muss vergehen, wenn das Junge Bestand haben will. Ich sehe eine große Zukunft vor uns! Diese können wir nur mit Blut erkaufen, aber so muss es eben sein.«
»Ja, Herrin.«
»Gewiss, Herrin.«
»Ihr beide werdet erleichtert sein zu erfahren, dass ihr womöglich keinen Anteil daran haben werdet. Ich gebe euch den Auftrag, in die Oase Siwa zu reisen und dort eurem Gebieter zur Seite zu stehen, meinem Getreuen.«
Die Begeisterung, mit der die beiden Wesen auf diese Eröffnung reagierten, ließ zu wünschen übrig. »Wie Ihr befehlt!«, sagte Cor schlicht und stieß den Kau an, der mit offenem Mund dastand. Wahrscheinlich fragten sie sich gerade, wie ausgerechnet sie in dieser Phase des Kampfes von Nutzen sein sollten.
»Ein Portal unserer Verbündeten in Swartson steht bereit, meine Zofe wird euch führen.« Bandorchu wies zum Ausgang. »Verschwindet jetzt und sorgt dafür, dass euer Gebieter unversehrt und schnell zurückkehrt!«
Endlich allein, legte Bandorchu den Harnisch ab und schritt zu ihrem Bett. So viele Nächte, so einsam. Sie blickte zu dem Baldachin hoch, in dem sieben gefangene Ley-Ströme pulsierten. Erst wenn sie über alle neun verfügte, war der Weg nach Crain frei. Doch sie konnte bald nicht mehr warten; der Zeitpunkt der Schlacht rückte immer näher. Genau wie Fanmór mied Bandorchu diese letzte Schlacht; ein alles zerstörendes Gemetzel wollten sie beide nicht. Irgendwann würden sie die Soldaten nicht mehr hinhalten können, zu sehr stauten sich schon Spannungen auf. Doch es war sinnvoll, die Heere erst aufeinander zu hetzen, wenn Bandorchu zum Durchbruch bereit war. In dem Augenblick, in dem Fanmór gefangen gesetzt würde, käme der Kampf zum Erliegen. Das konnte alles in wenigen Stunden geschehen.
Jeder der beiden Herrscher hoffte auf ein Wunder, doch nur auf Bandorchus Seite
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