Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
sie waren. Für David ließen sie sich kaum voneinander unterscheiden.
Der Mann, der ihm den Gewehrlauf aufs Gesicht gerichtet hielt, schrie ihn an. David benötigte nur ein paar Augenblicke, um den merkwürdigen Singsang mit den vielen H- und L-Lauten übersetzen zu können. Leyth hatte ähnliche Elemente verwendet.
»Steh auf! Hände hoch, dass ich sie sehen kann! Keine falsche Bewegung!«
Langsam stand David auf, die Hände nach wie vor erhoben. Sein Blick glitt flüchtig um sich, auf der Suche nach Nadja. Sie war nicht da und auch keiner der anderen.
»Wo kommst du her? Welches Flugzeug hat dich abgesetzt? Wo ist dein Fallschirm?«, schrie der Soldat weiter. Die anderen rührten sich nicht, beobachteten den Prinzen misstrauisch.
»Ich … hatte einen Unfall«, sagte David langsam. »Da war kein Flugzeug, oder habt Ihr eines gesehen, Herr?«
Ein Gewehrkolben traf ihn an der Schläfe, und er ging ächzend zu Boden. Erneut hatte er Sand im Mund. Seine Hand tastete nach der schmerzenden Stelle und erfühlte klebrige Nässe. Durch Kopfschütteln versuchte er, die Sterne vor seinen Augen zu vertreiben.
»Der spricht ja unsere Sprache«, erklang eine Stimme hinter ihm. »Machen wir ihn kalt.«
»Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen!«, schnauzte der Anführer David an. »Los, durchsucht ihn!«
Zwei Männer warfen David auf den Rücken und tasteten ihn ab. »He!«, entfuhr es ihm, als sie ihm dabei grob zwischen die Beine fuhren, und erhielt dafür einen Schlag mit der flachen Hand ins Gesicht. Sie nahmen ihm die beiden Schwerter und das Messer ab sowie die Karte von Siwa, die er in seinem Beutel bei sich trug.
»Keine Schusswaffe«, sagte der eine. Sein Kollege spuckte in den Sand.
»Wo sind die anderen? Wo wolltet ihr hin?« Der Anführer wedelte mit der Karte. »Rede, bevor ich dich kaltmache!«
»Ich bin allein«, sagte David. »Ich habe mich verirrt. Ich weiß nicht einmal, wo ich hier bin.«
Die anderen Männer lachten rau und abfällig. Ihr Anführer geriet nur noch mehr in Wut, fühlte sich verständlicherweise auf den Arm genommen. Aber wie sollte David auch erklären, dass er gerade unfreiwillig aus einem magischen Portal gestürzt war? Vor allem, wie wollten diese Männer
sich
erklären, was sie gerade erlebt hatten? Natürlich hatten sie weit und breit kein Flugzeug gesehen. Es gab keinen Fallschirm, keine Fußspuren über Land, und trotzdem war David ihnen aus heiterem Himmel vor die Füße gefallen.
Falls man von »heiterem« Himmel sprechen konnte. Das Wüstenblau war mit farbigen Schlieren bedeckt, die wie überall auf der Welt flackerten. Die Sonne allerdings war so erbarmungslos wie immer, eine Tortur für einen Elfen, der im milden Zwielicht aufgewachsen war.
»Bitte«, sagte David und legte Elfenzauber in seine Worte. »Ich weiß wirklich nicht, wo ich mich befinde.«
»Ah, verrate es dem Trottel, Jalil«, schlug einer vor.
Der Anführer sah den Angesprochenen auffordernd an. Daraufhin sagte der: »Du bist in Misr.«
David schlug in seinem Gedächtnis das Wissen nach, das er sich vor der Abreise eingetrichtert hatte, und da stand »Ägypten« bei der Begriffsklärung. Also befand er sich immerhin schon im richtigen Land. Wenigstens etwas.
Langsam richtete er sich auf. Sein Schädel brummte von dem Schlag gegen die Schläfe und der Ohrfeige, doch das war vermutlich nur ein Vorgeschmack dessen, was ihn noch erwarten mochte. Er hatte zwar die gewünschte Antwort bekommen, aber dennoch hatte sein Elfenzauber kaum Wirkung gezeigt. Seine magischen Sinne tasteten nach der großen Ley-Linie, die in der Nähe verlaufen musste. Durch diese Hauptader konnte er eine Verbindung zum Baum herstellen und seine Kräfte steigern. Dann wäre er diese Sterbl… die menschlichen Soldaten schnell los. Aber da war nichts. Als ob er blind und taub wäre, seiner Sinne beraubt.
»Das Reich ist groß, und Allah möge es schützen«, murmelte er.
»Was faselt der da?«, fragte Jalil verblüfft. Er wich einen Schritt zurück, als David ihn ansah. »Der gefällt mir immer weniger, irgendwas stimmt doch mit dem nicht.«
»Wo in diesem großen Reich bin ich?«, bat David um Auskunft.
»Wir sind Grenzwachen«, sagte Jalil widerwillig, so weit reichte der Elfenzauber wenigstens. »Die libysche Grenze ist nur wenige Kilometer entfernt. Und da frage ich mich doch glatt, ob du nicht von dort gekommen bist.«
»Wahrscheinlich hat er irgendeine neue Tarnvorrichtung bei sich, die ihn zwischen den Dünen
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