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Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit

Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit

Titel: Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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machen wir mit ihr, bābā?«
    »Sie hat mich zum Lachen gebracht«, sagte der Patriarch. »Das hat schon lange niemand mehr geschafft.« In seinen Augen lagen plötzlich Wärme und Zuneigung. »Und sie braucht unsere Hilfe. Ist es nicht so, Sohn?«
    »Eindeutig, nach all dem, was wir uns zusammenreimen können.«
    »Eine Spionin oder Terroristin ist sie nicht.«
    »Das sehe ich ähnlich.«
    Nadja verfolgte die Unterhaltung atemlos. Ihr Herz hatte allen Grund, wiederum wild zu schlagen, aber diesmal nicht vor Angst. Die beiden hatten die Entscheidung schon gefällt, da sie sich höflich auf Deutsch unterhielten – zu ihren Gunsten!
    »Oder gar eine Staatsfeindin.« Der Patriarch gluckste.
    Nadja lächelte zaghaft. Das dürfte einem Beduinen wohl am wenigsten ausmachen, denn die Nomaden hatten heutzutage nirgends einen leichten Stand, auch wenn sie als wohlhabende Scheichs in der Wüste hockten und irgendwo das Geld für sich arbeiten ließen.
    Endlich sprach der Scheich die erlösenden Worte. »Bring sie auf dem schnellsten Weg nach Siwa, Sohn.«
    Nadja konnte vor Erleichterung zuerst nur stoßweise ausatmen, bis sie hervorbrachte: »Schukran – danke.«
    »Dann komm, wir haben ein gutes Stück Weg vor uns.« Jamal stand auf.
    Mühsam weckte Nadja ihre Beine, die empört kribbelnd zu sich kamen, und erhob sich ziemlich ungelenk. »Schukran«, wiederholte sie.
    Der Scheich nickte ihr zu. »War mir ein Vergnügen, Nadja Oreso. Ich habe schon sehr lange kein Deutsch mehr gesprochen und fühle mich dadurch so jung, wie ich einst war. Welch ein angenehmer Ausflug in die Vergangenheit. Ich danke für Ihre unvermutete Gesellschaft. Was auch immer Sie durchmachen müssen, ich wünsche Ihnen Erfolg. Und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Vertrauen Sie auf Ihre Kraft und Ihren starken Willen, dann wird Ihnen alles gelingen. Lassen Sie sich von niemandem einschüchtern.«
    »Ich werde Ihren Rat in Dankbarkeit beherzigen.«
    Nadja war schon fast draußen, als seine Stimme noch einmal aufklang. »Und was Ihren Mann betrifft …«
    Sie wandte sich dem Patriarchen zu.
    »Ich sehe es so, dass er zu beglückwünschen ist.« Der alte Scheich lächelte.
    Nadja lächelte zurück und verließ das Zelt getröstet.
    Sie hatten ihm die Kleider vom Leib gerissen, ihn nackt an einen Stuhl gefesselt und ihn dann geschlagen und getreten. Nur zwischendurch stellten sie Fragen, die er nicht beantworten konnte. Weil er nichts von dem wusste, was sie aus ihm prügeln wollten.
    David verstand diese Männer ja. Sie mussten wer weiß wie lange in dieser unendlichen Wüste Posten beziehen, wo es nichts gab, keine Abwechslung, kein Fernsehen, nicht einmal MP3-Player, weil all das als westliches Teufelswerk galt. Die einzige erlaubte moderne Technik war das Handy, das sie aber nur zu besonderen Gelegenheiten benutzen durften, denn der Feind konnte womöglich mithören.
    Sie waren insgesamt zu sechst und hatten nichts. Domino am Abend, Nomadenbrot in der Früh. Keine Frau, keine Freuden, kein Wettschießen, denn kein Wildtier kam je vorbei. Nicht einmal heimliches Saufen oder ein Fressgelage, keine Shisha und keine Männergespräche, kannten sie die Geheimnisse eines jeden doch längst auswendig. Da musste man ja verrückt werden.
    Warum diese Männer überhaupt Wache schoben, war David nicht klar. Sie waren viel zu weit von der Grenze entfernt, um irgendwelche Bewegungen dort mitzubekommen, und dass sie am einzigen Brunnen im Umkreis von dreißig Kilometern lagerten, war sicherlich nicht jedem Illegalen bekannt. Wer wäre schon so verrückt, auf dem Weg nach Kairo die Wüste zu durchqueren? Und wohin sollte man sonst wollen? Der einzige relativ nah gelegene Ort war die Oase Siwa, aber die dortige kleine Gesellschaft aus etwa dreißigtausend Menschen – Berbern, Nachkommen sudanesischer Sklaven und Beduinen – blieb unter sich und duldete nur Touristen, die Devisen brachten. Jeder Fremde, der kein Tourist war, wäre sofort aufgefallen. Die Scheichs hatten alles fest im Griff; nichts lief ohne ihr Wissen.
    Wer auch immer diese Soldaten in diese Einöde verbannt hatte, sollte anstelle von David auf dem Stuhl sitzen und all das erdulden, was sie mit ihm anstellten. Wobei sie sich bislang noch zurückhielten und ihn nicht verstümmelten, nur ein wenig hier und da anritzten oder Zigaretten auf ihm ausdrückten. Das konnte ein Elf wie David aushalten; nicht einmal Narben würden zurückbleiben. Trotzdem verspürte er den Schmerz kaum weniger als ein

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