Schartz, S: Elfenzeit 20: Der Atem der Unsterblichkeit
ist? Er hat mindestens drei Stunden Vorsprung, und seine Spuren, falls überhaupt auffindbar, sind in den Dünen längst verweht! Oder er hat selbst mit einem Zauber dafür gesorgt! Vergiss nicht, er ist ein Elf, genau wie wir,
und
er ist von hoher Abstammung! Er weiß sich zu verbergen und verfügt über mehr Magiekräfte als wir.«
»Aber wir kennen die Wüste …«
»Es ist
Nacht!
«, wiederholte Maged scharf. »Er wird unsere Annäherung auf hundert Schritt Entfernung bemerken!« Dabei riss er sich seinen Helmturban herunter und fuhr sich durch die Haare. »Wir haben unser Gesicht verloren!« Er stöhnte auf. »So können wir Maharun niemals unter die Augen treten. Er würde uns in Schande zu Tode foltern. Am besten entleibe ich mich gleich selbst – aber zuerst seid ihr dran. Ich will euch voller Gram dabei zusehen und dadurch Buße tun!«
Die Krieger blickten sich erschrocken an. »Gibt es keine andere Möglichkeit, unsere Ehre wiederzugewinnen?«, fragte der Mutigste.
Mageds Blick war kalt wie Eis. Keiner von ihnen wollte freiwillig in den Tod gehen. »Was seid ihr nur für Feiglinge!«, zischte er voller Verachtung. »Keinen Funken Ehre mehr im Leib, und ihr bezeichnet den Prinzen als Weichling?«
»Wir glauben, dass er uns noch nicht entkommen ist«, beharrte der Sprecher von vorher. Halim hieß er wohl, ein ehrgeiziger Offiziersanwärter. »Er hat kein Wasser dabei.«
Unerhört. Der Hauptmann ging auf und ab, dachte nach. Schließlich beruhigte er sich. »Also schön«, sagte er. »Halim, du suchst vier Männer aus und nimmst die Verfolgung des Prinzen auf. Wenn ihr ihn eingefangen habt, bringt ihr ihn unverzüglich ohne Rast und unter strengster Bewachung zum Bejhersu! Du persönlich trägst die Verantwortung für die Mission und für seine Unversehrtheit!« Er wandte sich an den Mann neben ihm, der nun Kitos Platz einnehmen würde. »Wir werden sofort aufbrechen und ebenfalls nach Osten reiten, aber mehr südlich. Ich habe vorhin den Ruf eines Verbündeten der Dunklen Königin empfangen, der Unterstützung und Transport anfordert. Ursprünglich wollte ich eine andere Truppe schicken, aber nun übernehmen wir das. Auf diese Weise gewinnen wir unsere Ehre vielleicht wieder.«
»Die Kamele werden nicht begeistert sein«, bemerkte jemand.
»Dann werden wir ihnen Begeisterung einbläuen«, versetzte Maged. »Räumt das Lager, los! Wir brechen umgehend auf!«
David lief flink, mit geschlossenem Mund. Er nutzte die Nachtkühle und das Fehlen der Sonne. Auf seinen Orientierungssinn vertrauend, sah er sich auf direktem Wege nach Siwa. Er musste allerdings schnell sein, um seinen Vorsprung zu halten. Seine Häscher kamen sicher bald darauf, wohin er wollte; es gab nichts anderes in der Nähe. Als Ortskundige konnten sie ihm den Weg abschneiden, deswegen musste er Distanz zwischen sich und die Swartson bringen, damit sie ihn nicht mehr einholten. Obwohl er keine allzu große Hoffnung hegte, dass ihm das gelang.
Immerhin war es nicht ganz dunkel, Lichter flackerten am Himmel. Ab und zu zeigten sich Sterne zwischen den Nebelfetzen, und der Mond ging auf. Davids Sinne tasteten nach dem Elfenkanal. Das war ein großes Risiko, weil er seinen Gegnern dadurch den Weg zu sich wies, doch andererseits musste die Elitegarde irgendwo sein, und er brauchte dringend Unterstützung.
Er sandte nur ein einziges Wort, das nicht gleich darüber Aufschluss geben würde, wer der Absender war:
Paris
. Schwieriger war es, seine Position unverfänglich mitzuteilen, noch dazu, da er ohnehin so gut wie keine Ahnung hatte, wo er sich aufhielt. Er sandte ein Bild von der Mondposition über den Dünen, das musste genügen. Die Garde war sozusagen darauf spezialisiert, einen verloren gegangenen Prinzen zu finden. Sie würde seine Abdrücke sicherlich spüren und erkennen – das Abbild eines Baumes …
Es war sehr still. Das fiel David nun, da er allein unterwegs war, zum ersten Mal richtig auf. So eine Stille hatte er bisher erst einmal erlebt, in Cagliostros Kerker in Venedig. Aber das war ein verschlossener Raum gewesen, und die Wände hatten jedes Geräusch verschluckt. Ab und zu hatten Davids Ketten gerasselt.
Nun aber hatte er nahezu unbegrenzte Weite um sich, und wieder war kein Laut zu hören. Das kannte der Prinz nicht aus der Menschenwelt; selbst an abgelegenen Orten war dort das ferne Geräusch von Flugzeugen zu hören oder Tiere. In seiner Heimat wurde es sowieso nie still; selbst die Steine gaben in Earrach Geräusche
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