Schatten Blut
wirkte modern und sehr teuer und schien mit seiner Hautfarbe fast zu verschmelzen.
»Dürfte einer der Alten aus Darians Clan sein«, erklärte Dad. »Du weißt doch, dass mit zunehmendem Alter die Haut der Assamiten immer dunkler wird, anstatt wie bei denen anderer Clans immer bleicher.«
Gelesen hatte ich es. Doch es machte einen Unterschied, etwas darüber zu lesen oder es zu sehen. Komisch fand ich, dass Darian selbst kein junger Spund mehr war und doch so hellhäutig wie alle anderen aussah. Ob es an dem Seelenanteil lag? Ich machte mir eine geistige Notiz – das wollte ich genauer wissen!
»Blöd ist, dass wir keinen Ton haben«, sprach mein Vater meine Gedanken laut aus und ich nickte. Stummfilm war ja schön und gut, störte aber die Handlung.
Ich überlegte kurz. Es funktionierte doch mit dem Aufsagen von Reimen. Warum nicht mit: »Nur sehen, nicht gehen. Nur hören, nicht stören.«
Die Geräusche kamen derart abrupt in meine Ohren, dass ich glaubte, der Verstärker brenne durch.
»Autsch!« protestierte Dad zugleich. »Geht’s auch leiser?«
»Wollte nur mal testen, ob du etwas mitbekommst«, vertuschte ich meinen Fehler und begann, mich auf einzelne Gespräche zu konzentrieren.
Hier bekam ich wie im Vorbeieilen einige Gesprächsfetzen mit, schnappte da einige Bemerkungen auf, probierte wie beim Lauschangriff die Einstellung der Lautstärke, bis ich schließlich soweit zufrieden war, dass ich meine Konzentration allein auf Darian lenkte. Mir war klar, dass er mich vierteilen würde, bekämen die Anwesenden heraus, was wir da trieben – falls Darian es überleben sollte!
So blieb ich unsichtbar in der Weitwinkeloptik stehen und belauschte Darians Umgebung. Es war fast so klar, als würde ich direkt neben ihm stehen.
»Nein, danke«, lehnte er gerade ein Glas mit rötlichem Inhalt ab, das ihm ein unterwürfig erscheinender Jungvampir auf einem silbernen Tablett anbot. Ich konnte mir denken, was sich in diesem Glas befand und schüttelte mich innerlich. Darians Nebenmann hatte weniger Skrupel und nahm eines der Gläser entgegen.
»Du wirst kleinlich, Dahad«, meinte dieser mit sonorer Stimme. »Ich bin mir sicher, dass dieses Getränk wesentlich frischer ist als das, was du sonst zu dir nimmst.«
»Lass gut sein Rahid«, entgegnete Darian ungerührt. »Du kennst meine Einstellung dazu.«
»Was hätte ich davon, diese ändern zu wollen«, lachte der Angesprochene und prostete ihm zu. Nachdem er das geleerte Glas auf einem freien Tisch abgestellt hatte, nahm er den Faden der Unterhaltung wieder auf: »Ich wüsste doch zu gern, warum der Prinz eine solch große Veranstaltung heraufbeschwört, wenn es ihm ein Leichtes wäre, den Salubri einfach zu diablerieren.«
»Wer weiß, welche Pläne Naridatha zusätzlich verfolgt«, entgegnete Darian ungerührt und starrte mit weiterhin vor der Brust verschränkten Armen, in Richtung des noch freien Throns im hinteren Ende des Raumes.
»Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen?« kam die Gegenfrage.
Darian drehte sich nun ganz zu seinem Gesprächspartner um.
»Wenn du etwas andeuten möchtest, Rahid, dann mach es offen.
Oder nutze in Anwesenheit des Prinzen die Gunst der Stunde, um eine weitere Anklage zu Gehör zu bringen.«
»Alter Freund.« Abwehrend hob der dunkelhäutige Vampir die Hände. »Wer bin ich, dass ich Clansverrat begehen, oder mehr noch, deine Integrität anzweifeln würde.«
Die neue Nummer Eins auf meiner internen Abschussliste, Freundchen! raunte ich ihm im Stillen zu. Darian schien es gehört zu haben, denn er blickte ihn an und lächelte verlogen freundlich: »Ein Todeskandidat, Rahid.«
»Du würdest dich gegen einen Clansbruder stellen?« fragte dieser mit unaufrichtiger Überraschung.
Das Lächeln Darians vertiefte sich. »Ich nicht, Rahid.«
»Dann sind die Gerüchte also wahr?« meine der Dunkle interessiert.
»Gerüchte?« fragte Darian unschuldig. »Welche Gerüchte?«
»Komm schon!« Ein freundschaftlicher Schlag zwischen seine Schulterblätter schob ihn einen Schritt vorwärts. »Du und diese kleine Jägerin. Wann verwandelst du sie ganz?«
»Bitte?« rief ich aus und vernahm ein Echo Sekunden später von meinem Vater: »Bitte? Der spinnt –«
»Pssst!« fuhr ich ihn an und fast wären mir Darians nächste Worte entgangen. Ich musste regelrecht an mich halten, nicht augenblicklich neben ihm zu erscheinen, um ihm eine entsprechende Antwort auf seine Bemerkung zu verpassen, als er sagte: »Solange sie mir die Zeit
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