Schatten Blut
werden«, erwiderte dieser ruhig.
Er schien den Schlag erwartet zu haben und kassierte ihn ohne mit der Wimper zu zucken.
»Seht, wie dieser Verräter selbst im Angesicht des Prinzen nicht bereut!« rief Lagat aus, wies anklagend auf den am Boden Knienden und warf lange Blicke in die Runde der Anwesenden. »Allein dafür hätte er den Tod verdient!«
An einigen Stellen machte sich zustimmendes Gemurmel breit. Doch schienen noch manche der Anwesenden sehr unschlüssig und schwiegen.
Mir kam es vor, als schaute Lagat sich leicht nervös um. Seine List schien nicht zu wirken und die Stimmung drohte zu kippen, und zwar in eine Richtung, die ihm wenig behagte. Doch als er Darian erblickte, trat ein wölfisches Grinsen auf sein Gesicht. Mir schwante nichts Gutes.
»Lieber Freund«, begann er liebenswürdig und ging einen Schritt auf ihn zu. Dabei machte er die Andeutung einer Verbeugung. »Euch als einen der Älteren eilt der Ruf voraus, sehr weise und umsichtig zu handeln. Wäre es daher nicht auch in Eurem Interesse, diesem Verräter einen fairen Prozess zu garantieren, indem Ihr seine Verteidigung übernehmt?«
»Fürwahr eine hervorragende Idee!« meldete Naridatha sich erfreut zu Wort, beugte sich auf seinem Thron ein wenig vor und fixierte Darian mit stechendem Blick. »Zumal Ihr diesen Verräter doch persönlich zu kennen scheint, nicht wahr?«
Wieso kam mir das gerade wie ein abgekartetes Spiel vor?
»Gemeinsame Vergangenheiten, ehrenwerter Prinz Naridatha«, gab Darian nun gelassen zurück und trat einen Schritt vor, »sind niemals ein Garant dafür, dass man die Gepflogenheiten seines Gegenübers bestimmen kann.« Dann breitete er seine Arme aus, drehte sich langsam im Kreis und sah die Anwesenden nacheinander einzeln an, ehe er wieder in Richtung Naridatha blickte. »Doch wenn es der allgemeinen Zustimmung entspricht, werde ich mich natürlich Eurem Wunsch beugen und meinem Ruf gerecht werden, indem ich dafür Sorge, dass dieser Prozess fair vonstatten geht.«
Er verbeugte sich elegant und spontan brandete Applaus auf.
Wieso nur sah Lagat nun so grimmig aus? Und wieso zwinkerte Darian ihm lächelnd zu?
»Hat Darian am falschen Blut genascht?« rutschte es mir schockiert heraus. »Er kann doch jetzt nicht mitten ins Geschehen treten. Das war so nicht geplant! Konnte er nicht ablehnen?«
»Wohl kaum«, gab Dad zurück. »Der eitle Schleimbolzen hat ihm keine andere Wahl gelassen, als genau das zu tun, was er jetzt macht. Hätte Darian abgelehnt, würde er Thalion als schuldig erklären. Hätte er sofort zugestimmt, könnte es ihm als Hochverrat ausgelegt werden. Wenigstens hat Darian den beiden Tremere vor versammelter Mannschaft elegant eine aufs Maul gegeben, ohne dafür selbst den Kopf zu riskieren.«
»Also ging die Finte nach hinten los?« resümierte ich und mein Vater nickte. »In gewissem Sinne könnte man es so sehen, Faye. Mister Kleingeist hat eben nicht Darians Gewichtsklasse.«
Klang brauchbar, brachte mich jedoch kaum weiter, wenn der Plan so war, dass Darian aus dem Hintergrund heraus agieren sollte. Jetzt aber stand er im Mittelpunkt und war handlungsunfähig. Was nun? Ich konnte nur abwarten.
Kennen Sie das, wenn man vor Spannung und Nervosität am liebsten rumlaufen möchte und doch Angst davor hat, etwas zu verpassen? Wenn dann Geduld gefordert ist, wo man dieses Wort am liebsten aus seinem Wortschatz streichen möchte? Ja? Dann wissen Sie, wie es mir gerade ging.
Ich wurde allmählich zappelig und nur der Druck von Vaters Händen auf meinen Schultern hielt mich davon ab, endgültig aufzuspringen und mir diese Scharade nicht länger anzusehen.
»Wohl an«, meinte Lagat in diesem Moment und verbeugte sich knapp vor Darian. »Da Ihr seine Verteidigung übernehmt, wird es mir eine Ehre sein, die Anklage selbst zu formulieren.« Er sah sich Beifall heischend um und einige der Anwesenden kamen seiner stummen Bitte sogar nach. So trat er vor den noch immer knienden Thalion, schaute sich um und rief laut aus: »Wie Ihr alle wisst, ist der Clan der Salubri bekannt für seine Machenschaften mit der schwarzen Magie. Sie beherrschen nicht nur die Beschwörung von Dämonen, sondern auch die Manipulationen von Geist und Materie und sind somit für die beinahe Vernichtung ganzer Clans verantwortlich. Dieser Salubri hier, hat sich außer den erwähnten Punkten auch des Maskeradebruchs schuldig gemacht, indem er sich einem Menschen offenbarte! Das allein würde ausreichen, ihm die Vernichtung
Weitere Kostenlose Bücher