Schatten Blut
Kopf bei jeder Bewegung extrem protestierte, und sich anfühlte wie das Londoner Rathaus – in jedem Winkel eine Beschwerde – erhob ich mich. Auf Socken schlich ich die Treppe hinunter und in die Küche.
Rechter Küchenschrank, oben neben den Tassen. Genau dort hatte Eileen die Kopfschmerztabletten geparkt. Mir fiel fast die Packung aus der Hand, so sehr zitterte ich inzwischen.
»Brauchst du Hilfe, Kind?« dröhnte es da hinter mir.
Ich schrie erschreckt auf und die Packung flog quer durch die Küche. Doch schnell hatte ich mich wieder unter Kontrolle.
»Gleich nicht mehr!« Erbost fuhr ich herum und spießte den Sprecher mit einem Zeigefinger regelrecht auf, indem ich ihm diesen gegen die Brust stieß. »Du hast mich zu Tode erschreckt, Thalion. Ist dir das klar?«
»Du wirkst mir vom Tod weiter entfernt als je zuvor, Faye. Zumindest das lässt sich aus deiner kleinen Attacke schließen.« Ein amüsiertes Lächeln untermalte seine Worte, während er meine Hand sanft fort schob. Dann betrachte er die aufgefangene Packung und runzelte die Stirn.
Nahezu übereilt entriss ich sie ihm und erntete einen verwunderten Blick.
»Kopfschmerzen!« meinte ich knapp, drehte mich ertappt um und holte ein Glas aus dem Schrank.
»Ich weiß, ich bin des Lesens mächtig.«
»Was machst du hier überhaupt in der Küche?« überbrückte ich die nun eintretende Stille zwischen uns. »Ich meine, du hast dich hier doch sonst nie sehen lassen. Und wo ist Steven? Wie geht es ihm überhaupt?«
»Dahad ist bei Steven, Faye, und es geht ihm inzwischen wieder gut. Und ich bin hier, weil ich für ihn eine dieser Konserven holen wollte. Wärst du so freundlich mir zu zeigen, wo ich sie finden kann?«
Wieso hatte ich das Gefühl, seine Worte entsprachen nicht ganz der Wahrheit? Doch fragte ich nicht weiter nach, sondern wies nur auf den Kühlschrank. »Dort liegen sie drin. Aber achte auf das Datum. Die mit dem älteren müssen zuerst weg. Und dann … Ach warte, ich mach das schon.«
Ich stellte das Glas mit der sich auflösenden Tablette beiseite und entnahm dem Kühlschrank für Thalion eine Blutkonserve. Nachdem sie in ein Glas umgefüllt in der Mikrowelle stand, wandte ich mich meinem Glas wieder zu. Ich trank es in einem Zug leer und betete innerlich darum, dass es nicht gleich wieder den Rückwärtsgang einlegte. Verwundert betrachtete ich das Glas, dann die Packung. Gab es die Dinger auch geschmacksneutral?
Ich warf Thalion einen fragenden Blick zu, doch seine einzige Reaktion bestand in einer Erwiderung meines Blickes. Schließlich schüttelte ich den Kopf. Ich hatte mich sicherlich geirrt. Um mich zu vergewissern, schaute ich im Mülleimer nach und wies den Gedanken an Halluzinationen und Alzheimer ganz weit von mir, als mir die leere Umverpackung der Brausetablette daraus entgegensah.
»Suchst du etwas?« erkundigte Thalion sich freundlich und nahm zeitgleich das Glas aus der Mikrowelle, da es bereits geklingelt hatte.
»Das Männchen mit der Spitzhacke aus meinem Kopf«, brummte ich unwirsch und klappte den Mülleimerdeckel zu.
Da stand Thalion plötzlich hinter mir und ich fühlte die sanfte Berührung seiner Finger mein Rückrad entlang. Er schob sie seitlich davon einmal nach unten bis zum Steiß, dann wieder hinauf, bis er meinen Nackenbereich erreichte. Seine Hände umfassten meinen Kopf, beugten ihn weit nach vorne, anschließend weit nach hinten und vollführten dann eine kreisende Bewegung. Schließlich legte er seine Hände für einen kurzen Moment an meine Schläfen, drückte auf einen Punkt an meiner Stirn und ließ mich dann los.
Verblüfft registrierte ich, dass meine Kopfschmerzen fast vollständig verschwunden waren. Wie ging das denn? Mit offen stehendem Mund drehte ich mich zu ihm um.
Thalion sah mich an. »Besser?«
»Das ist … Ich meine, sie sind weg! … Wie?« stotterte ich recht unbeholfen durch meine Gedankengänge.
»Gern geschehen«, meinte Thalion nur und blickte mich nun strenger an. »Wann gedenkst du es Darian zu sagen?«
Wovon sprach er? Die Kopfschmerzen waren weg und das mit der Magenverstimmung wusste er schon. Hatte er es gestern bereits von Jason erfahren. Und so schnell verging das sicherlich nicht, oder?
»Falls du das mit dem Magen meinst, kannst du vielleicht noch etwas tun?« packte ich die Hoffnung in eine Frage. »Dann brauch ich ihm nichts weiter dazu zu sagen.«
Thalions Brauen ruckten nach oben, dann schüttelte er sanft den Kopf.
Ich hatte es geahnt. Da musste
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