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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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würde es wohl noch dauern,
bis ich mich gar nicht mehr bewegen konnte? Und würde das dann das Ende
bedeuten? Würde es die Erlösung sein? Schließlich starb man doch, wenn man
nichts mehr aß, oder etwa nicht?
    »Ich frage dich nur eins. Was würde
sie wohl denken, wenn sie dich so sieht? Wenn sie sieht, wie du in
Selbstmitleid zerfließt?« Jedes seiner Worte schmerzte mehr, als jeder Schlag.
    »Wage es nicht! Wage ja nicht ihren
Namen auch nur zu DENKEN!«
    »Oh doch und noch viel mehr! Wie
willst du sie beschützen, wenn du nicht einmal mehr in der Lage bist, allein
aufzustehen?«
    Er brachte es tatsächlich fertig, sie
als seine Waffe einzusetzen. Und es war eine mächtige Waffe – die Mächtigste.
Sofort blitzte ihr Gesicht vor mir auf. Ihre blauen Augen, ihre weichen Lippen,
ihre blonde Mähne – meine Liebe, mein Leben. Mein altes Leben.
    »Meinst du der Versuch auf dem
Friedhof wird der Einzige bleiben? Sie werden es immer wieder versuchen. Wie
willst du sie davor beschützen?« Er hatte Recht. Warum nur musste ausgerechnet er Recht haben? Sie hatten sie gejagt, ihr Angst gemacht, sie in blinder Hatz auf
eine Straße laufen lassen.
    Richard kniete sich zu mir nieder und
streifte sich einen ledernen Handschuh über. Behutsam griff er in seine
Umhängetasche und angelte eine große Ratte hervor. Das Vieh versuchte sich wild
zappelnd aus seinem Griff zu lösen, während er sie am Schwanz haltend kopfüber
vor meinem Gesicht baumeln ließ. Sie sträubte sich mit allen Kräften und doch kam
sie nicht frei. Immer wieder entfuhr ihr ein klagender Laut, piepsig und
aufgebracht.
    »Du hast die Wahl«, sprach er und
taxierte mich mit seinen Blicken. »Entweder schließt du dich uns an oder du
lässt sie schutzlos zurück.«
    Tiefe Sorgenfalten standen ihm ins
Gesicht geschrieben, als wäre dies die weitaus größere Prüfung für ihn denn für
mich.
    Ich war schwach, sehr schwach sogar,
hatte seit einer Woche nichts mehr zu mir genommen. Was er mir nun anbot war
zwar nur ein kleiner Snack, als würde man eine Hand voll Chips in sich
reinstopfen. Aber es würde ausreichen, um das eigentliche Festmahl überhaupt zu
erreichen.
    Er hatte Recht und dies zugeben zu
müssen, besaß mehr als nur einen faden Beigeschmack. Halbtot konnte ich sie
nicht beschützen und war es nicht das, was ich mir geschworen hatte? Dass ich
auf sie aufpassen würde, auch wenn wir nicht zusammen sein konnten? Dass ich
nicht zulassen würde, dass ihr etwas passiert?
    Meine Hand schloss sich um den
kleinen Körper und eine Sekunde später spürte ich das winzige Leben durch meine
Adern pulsieren, während der Nager schlaff hin und her pendelte.
    * * *
    Wir waren schneller als das Licht,
huschten von Schatten zu Schatten. Für eine ›normale Fortbewegungsart‹ war es
inzwischen zu spät. Wir mussten uns beeilen, sonst würden andere uns zuvor
kommen.
    Noch immer hatte ich mich nicht an
diese Art der Fortbewegung gewöhnt und mein schlechter Allgemeinzustand tat sein
Übriges, so dass die anderen mich bereits nach einigen Kilometern abgehängt
hatten. Ich musste mich stark darauf konzentrieren, dass sich mein Mageninhalt
nicht von einer anderen Seite zeigte.
    Aber ich brauchte sie nicht, um den
Weg zu finden. Die Dunkelheit bot uns Schutz und gleichzeitig die Möglichkeit,
die potentiellen Opfer noch besser aufzuspüren. Der schwache Lichtschein, der
zu Beginn unserer Reise am Horizont aufgeleuchtet hatte, wurde immer mehr zu
einem gleißenden Licht in der Schwärze. Es war nicht zu verfehlen.
    Was würde es wohl diesmal sein? Wer
würde diesmal auf uns warten?
    Eine ganze Reihe von Namen war auf
der Liste erschienen und die Tinte, mit der sie auf dem Pergament verewigt
waren, nahm eine tiefschwarze Farbe an. Das Schicksal war besiegelt – sie
würden sterben – zehn an der Zahl. Aber wer würden sie sein?
    Bei dem Gedanken an die letzte
Namensflut schnürte es mir noch mehr den Magen zu. Auch damals waren wir
gemeinsam aufgebrochen, es gab nichts anderes. War einer unterwegs, waren es
auch die anderen. Es gab keine Alleingänge. Wir waren eine Einheit, auch wenn
das in unserer Welt mehr als selten vorkam.
    Es war eine meiner ersten Touren
gewesen und wie ein Kleinkind war ich darauf angewiesen, dass man mir zeigte,
was ich zu tun hatte. Ich hatte das Vorgehen der anderen beobachtet, studiert
und nachgeahmt. Noch immer war es für mich unvorstellbar, was aus mir geworden
wäre, wenn ich sie nicht an meiner Seite gehabt hätte.
    Wie musste es

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