Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)
witzige
Frau, die tatsächlich den Rest ihres Lebens mit mir verbringen will.«
Ich drehte mich um, direkt in seine
Arme. »Nicht für den Rest unseres Lebens. Für immer und länger!«
»Für immer und länger«, entgegnete er
und besiegelte unsere Worte mit einem Kuss.
Und von mir wich die Angst und wurde
durch pure Entschlossenheit ersetzt. Wir gehörten zusammen, über jedes Ende
erhaben.
* * *
Ich hörte, wie der Standesbeamte
seine einstudierten Worte herunterspulte. Doch ich hörte ihm nicht zu. Und ich
versuchte nicht auf die Musik zu hören, die hinter uns leise spielte. Wir
hatten sie uns selbst ausgesucht, doch dass sie solch eine Wirkung auf mich
haben würde, hatte ich nicht erwartet. Sobald ich der Musik lauschte, füllten
sich meine Augen mit Tränen. Doch ich wollte nicht weinen, ich wollte stark
sein. Also hörte ich weg.
Aber diesem Beamten, dessen Worte
nichts von meinen eigenen Empfindungen widerspiegelten, konnte ich auch nicht
zuhören. Für ihn war das hier sein Job, eine weitere Zeremonie, welcher unzählige
vorangegangen waren und noch Hunderte folgen würden.
Also hörte ich nichts. Ich verweilte
einfach auf meinem Stuhl und wartete darauf, dass die wichtigsten Worte ertönen
würden.
»Mit der Kraft des mir verliehenen
Amtes, erkläre ich Sie hiermit zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt
küssen.«
Und seine warmen Lippen bedeckten die
meinen. Minutenlang war nichts weiter da, als unser Kuss – unzertrennbar, und
ich vergaß alles um uns herum. Nichts war wichtig. Alles stand im Schatten
dieses Augenblicks.
Viel zu schnell wurden wir
voneinander getrennt und von den anderen Anwesenden beglückwünscht. Zwar
mussten sich unsere Lippen voneinander lösen, aber unsere Hände blieben eng
miteinander verschlungen. Nie wieder würde ich diesen Mann loslassen können, dessen
Schicksal nun auch amtlich mit meinem verknüpft war.
* * *
Wir saßen verteilt an runden weißen
Tischen, welche die eine Seite des Raumes komplett ausfüllten. Die andere Seite
war als Tanzfläche angedacht. Aber bis dahin würde es noch eine Weile dauern.
Im Moment waren alle darin vertieft, es sich schmecken zu lassen und nie schien
es jemandem an etwas zu mangeln. Der Koch hatte wirklich ganze Arbeit
geleistet.
Nach der Trauung waren wir in einer
großen Wagenkolonne und unter ohrenbetäubendem Hupen in die Gaststätte
gefahren. Wir hatten die gesamte Lokalität für uns allein und feierten mit der
Familie und Freunden unseren großen Schritt.
Ich war gerade dabei, mir ein
riesiges Stück Schweinemedaillon in den Mund zu schieben, als ein bestimmendes
Klirren das Gewusel unterbrach und zum Schweigen brachte. Ich sah mich um und
entdeckte meinen Vater, der mit der Gabel an sein Glas gestoßen hatte und nun
aufstand.
»Ich habe mir sagen lassen, dass der
Vater der Braut bei einer Hochzeit immer ein paar Worte an die Gesellschaft
richten sollte«, begann er schüchtern.
Ich kannte meinen Vater nur zu gut um
zu wissen, wie viel Überwindung ihn dieser Schritt kosten mochte. Er hasste es,
vor einer versammelten Menschenmenge zu reden. Er war eher der stille
Beobachter, der die Situationen, Menschen und deren Äußerungen genau
analysierte und zu angebrachter Gelegenheit einen intelligenten Kommentar
einwarf. Er war ein Mann, der sich im Hintergrund hielt und auf den nun alle
Blicke gerichtet waren.
»Alles was ich je wollte war, dass
meine Mädchen in Sicherheit sind«, setzte er an. »Für die eine kann ich nichts
mehr tun. Aber die andere, mein kleines Mädchen, hat einen Beschützer an ihrer
Seite erhalten, wie ich kein besserer hätte sein können. Pass gut auf sie auf
Robert, sonst kann ich für nichts garantieren. Ich liebe dich mein Schatz. Danke,
dass du mir solch einen Sohn geschenkt hast.« Er erhob sein Glas und setzte
sich erleichtert, diesen Moment überstanden zu haben, wieder hin.
Eine tiefsitzende Beklemmung breitete
sich in mir aus. Dies war der schönste und wichtigste Moment in meinem Leben,
aber eine fehlte, konnte nicht dabei sein – meine Mutter. Sie konnte nicht mit
ansehen, wie ich ebenso das Glück gefunden hatte, wie sie, als sie damals
meinen Vater kennen gelernt hatte. Sie konnte nicht mit ansehen, wie ich nun
völlig zu einer Frau geworden war, einer verheirateten Frau. Ich versuchte den
Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken.
In diesem Moment sprang Jessica neben
mir auf.
»Tja, wenn jetzt die Zeit des
Redenschwingens gekommen ist, dann habe wohl auch ich als
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