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Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger)

Titel: Schatten der Gegenwart (Für Immer & Länger) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Norda
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reichte mir seine Hand. Sie war eiskalt und sein Händedruck
weichlich.
    Er trug eine riesige Brille auf der
Nase, die den Großteil seines Gesichtes und damit auch einen Teil seiner Akne
verdeckte. Seine Haut war aschfahl, als hätte er seit Monaten seinen Keller
nicht mehr verlassen. Er quetschte sich zwischen Tresen und dem Fettwanst
hindurch und ließ die Finger rasant über die Tastatur hämmern.
    »Da brat mir doch einer ‘nen Storch.
Was ist das denn?« Auch er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    »Sie können mir also nicht
weiterhelfen?«, wand ich resigniert ein.
    »Moment Lady. Das haben wir noch
nicht gesagt«, erhob der Dicke seine Hand. »Aber zugegeben. Das war echt
saubere Arbeit. Da war einer sehr geschickt darin, alle Spuren zu beseitigen.«
    Er hatte mir also auch das genommen.
Warum nur hatte ich mir Hoffnungen gemacht?
    Es vergingen einige Minuten, in denen
beide sich abwechselnd irgendwelche Fachbegriffe um die Ohren warfen. Ich
verstand nicht einmal die Hälfte.
    »Das ist wirklich ‘ne schwere Nuss«, sah
mich der Dürre etwas betreten durch seine Brille an. Der Fette schien das
Hadern seines Kompagnons zu spüren und wand sich nun voll an mich.
    »Lady, wir werden alles in unserer
Macht stehende tun, um Ihnen die Daten wiederherzustellen. Das kann allerdings
ein Weilchen dauern, das gebe ich gerne zu. Aber wir wären nicht Harry und
Larry, wenn wir eine so hübsche Frau in Nöten allein lassen würden.«
    Harry und Larry – Dick und Doof hätte
genauso gut gepasst. Aber ich durfte so etwas nicht denken. Mich beschlich das
Gefühl, dass einzig diese zwei Nerds in der Lage waren, mir zu helfen.
    Harry, ich nahm nun zumindest stark
an, dass er so hieß, reichte mir Stift und Papier. »Lassen Sie uns einfach das
gute Stück und Ihre Nummer da. Wir melden uns dann, wenn es etwas Neues gibt«,
und er schenkte mir dabei ein breites Grinsen.
    Ich hatte zwar kein gutes Gefühl bei
der Sache, ausgerechnet ihm meine Telefonnummer zu geben, aber was hatte
ich schon für eine Wahl? Und wenn er zu aufdringlich werden würde, könnte ich
immer noch einen neuen Vertrag abschließen.
    Ich schrieb ihm meine Nummer auf und verließ
den Laden. Das Klingen der Türglocke verfolgte mich noch eine ganze Weile den
Heimweg entlang.
    * * *
    Vorsichtig steckte ich einen Zeh in
das Wasser. Es war kochend heiß. Noch ein Gefühl, das meinen Körper durchdrang
– Hitze.
    Sanft ließ ich mich in die Badewanne
gleiten und ein brennendes Prickeln breitete sich auf meiner Haut aus. Es tat
nicht weh, das war kein Schmerz, kein Schmerz den ich zu fühlen im Stande war.
    Das Wasser war so heiß, dass große
Dampfschwaden sich von seiner Oberfläche erhoben und die Luft sättigten.
Schlagartig hatte sich ein nassschimmernder Film über alles gelegt.
    Ich spürte, wie mein Herz schneller
schlug, wie mein Blut wild zirkulierend durch meine Adern gepumpt wurde, wie
mir der Kopf schwirrte, wie meine Sinne sich weiteten. Es war, als wär mit der
Hitze auch wieder Leben – oder zumindest eine Spur davon – in meinen Körper
zurückgekehrt.
    Ich ließ mich unter das Wasser
gleiten. Nur noch meine Augen und die Nasenspitze durchbrachen die
Wasseroberfläche. Beinahe schwerelos schwammen meine Haare im Wasser und folgten
einer unbekannten Choreografie. Sie waren wieder länger geworden, schneller als
ich erwartet hatte. Als schienen auch sie mit aller Kraft zu versuchen, die
Veränderung, die ihnen widerfahren war, so schnell wie möglich rückgängig zu
machen. Ich wünschte, es würde ihnen gelingen. Vielleicht würde dann auch ein
anderer Teil von mir ihrem Beispiel folgen können.
    Hart und fest schruppte ich meinen
Körper ab und der Schwamm hinterließ rote Spuren und Striemen auf meiner Haut.
Dieser körperliche Schmerz, der meine Nervenenden malträtierte und unbarmherzig
seine Signale in meinen Kopf sendete, hatte etwas Reinigendes. Es gab noch mehr
als die Leere, es gab noch mehr als den inneren Schmerz. Und ich schruppte
weiter.
    Die blauen Flecken und offenen Wunden
an meinen Knien waren verheilt. Auch sie schienen sich nicht mehr an den Tag
vor drei Wochen zu erinnern. Sie alle vergaßen, langsam, aber stetig. Doch ich
würde nie vergessen.
    Als ich die behütende Hitze der
Badewanne verließ, empfing mich die Luft mit erdrückender Schwüle. Alles war
beschlagen. Mit meiner Hand strich ich über den Spiegel und erbarmungslos
starrten mich meine eigenen Augen an. Ich war allein, diesmal stand er nicht
hinter mir und

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