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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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würde, daß Philip versehentlich einen unechten Anwalt mit der Scheidung beauftragt hatte, fügte sie hinzu: »Er kann jeden Moment sterben.«
    »Wenn das geschieht«, konterte Matt sarkastisch, »dann hoffe ich bei Gott wirklich, daß jemand genügend Geistesgegenwart besitzt, ihm einen Holzpfahl durch das Herz zu stoßen.«
    Meredith verschluckte ein entsetztes Kichern und verabschiedete sich höflich. Als sie aufgelegt hatte, verschwand das Lachen aus ihrem Gesicht, und sie lehnte sich zurück. Matt hatte impliziert, daß ihr Vater ein Vampir war, und es hatte Zeiten gegeben, in denen er tatsächlich versucht hatte, ihr das Leben auszusaugen. Zumindest hatte er ihr jegliche Freuden der Jugend gestohlen.

21
    Bis Dienstag hatte Meredith sich soweit im Griff, daß sie überzeugt war, Matt bei einem höflichen, leidenschaftslosen Treffen dazu bringen zu können, daß er in eine rasche Scheidung einwilligte. Wenigstens hoffte sie das, als sie im sechzigsten Stock des Geschäftsgebäudes aus dem Lift trat. Sie fand sich in einem weitläufigen, mit silbergrauem Teppichboden ausgelegten privaten Empfangsbereich und ging zu der Empfangsdame, einer schicken Brünetten, die hinter einem halbrunden Tisch saß und Meredith mit unverhohlener Faszination ansah. »Mr. Farrell erwartet Sie, Miss Bancroft«, sagte sie. Offenbar kannte sie Meredith von Pressephotos. »Er ist im Augenblick noch in einer Besprechung, aber er wird in wenigen Minuten da sein. Bitte nehmen Sie doch Platz.«
    Verärgert darüber, daß Matt sie warten ließ wie ein König irgendeinen gewöhnlichen Bittsteller, blickte Meredith ostentativ auf die Uhr. Sie war zehn Minuten zu früh dran.
    Ihr Ärger verschwand ebenso rasch, wie er gekommen war, und sie setzte sich auf einen der Leder-und-Chrom Stühle. Gerade hatte sie eine Zeitschrift zur Hand genommen und aufgeschlagen, als ein Mann aus einem Eckzimmer eilte und die Tür hinter sich offen ließ. Über den Rand des Heftes blickend, entdeckte Meredith, daß sie einen ausgezeichneten Blick in den Raum - und auf ihren Ehemann hatte. Sie studierte ihn mit zögernder Faszination.
    Matt saß hinter seinem Schreibtisch, die dunklen Brauen gedankenschwer zusammengezogen, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und den Männern zuhörte, die mit ihm sprachen. Trotz der entspannten Haltung wirkte er energisch und entschlossen, und selbst in Hemdsärmeln strahlte er eine Aura von Autorität und Dynamik aus, die Meredith überraschte und irgendwie verunsicherte.
    Mit wachsendem beruflichen Interesse bemerkte Meredith, daß Matts Art, eine Besprechung mit seinen Geschäftsführern zu leiten, völlig von der ihres Vaters abwich. Ihr Vater berief eine Sitzung ein, um Anordnungen zu erteilen, und er reagierte überaus unwirsch, wenn irgend jemand es wagte, einen Einwand dagegen vorzubringen. Matt dagegen schien ein lebhaftes Hin und Her, einen Austausch unterschiedlicher Meinungen und differierender Vorschläge vorzuziehen. Er hörte aufmerksam zu und wog schweigend den Wert jedes Einwands, jedes weiterführenden Gedankens ab. Anstatt von seinen Mitarbeitern Gehorsam zu verlangen, wie ihr Vater es tat, zog Matt Profit aus den Talenten und Begabungen jedes einzelnen und würdigte ihre Beiträge. Meredith erschien Matts Art ungleich einfühlsamer und auch wesentlich produktiver.
    Sie saß da, ganz offen beobachtend, und ein winziges Korn der Bewunderung schlug in ihrem Inneren Wurzeln und wuchs zusehends. Sie hob den Arm, um die Zeitschrift beiseite zu legen, als Matt plötzlich aufblickte, den Kopf wandte und sie direkt ansah.
    Meredith erstarrte, das Heft noch in der Hand, als diese durchdringenden grauen Augen die ihren suchten und fanden. Abrupt riß er den Blick wieder von ihr los und richtete sich an die Männer, die vor seinem Schreibtisch saßen. »Es ist später, als ich dachte«, sagte er. »Wir werden das Gespräch nachmittags fortsetzen.«
    Daraufhin verließen die Männer den Raum, und Meredith schluckte, um den Kloß zu vertreiben, der in ihrem Hals zu stecken schien. Ruhig, taktvoll, geschäftsmäßig, sagte sie sich immer wieder. Keine anklagenden Worte ... langsam das Problem angehen, nichts überstürzen.
    Matt sah zu, wie sie zögernd aufstand und auf ihn zukam. Als er sprach, spiegelte seine Stimme die Unpersönlichkeit der Gefühle wider, die er ihr gegenüber empfand. »Es ist lange her«, sagte er, das unerfreuliche kurze Treffen auf dem Opernbenefiz absichtlich unter den Tisch fallen lassend.

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