Schatten der Liebe
zum Wahnsinn geliebt hatte. Qualen zeichneten jede Faser ihres Körpers, Qualen und Ärger und Trauer. Er zögerte, erschüttert von ihrem Anblick, dann zog er seine Schwiegertochter in die Arme. »Vielleicht ist es dumm von mir«, murmelte er und hielt sie fest, »aber ich glaube dir.«
Anstatt bei seiner Berührung zurückzuzucken, wie er es halbwegs erwartet hatte, legte seine Schwiegertochter ihre Arme um seinen Hals und klammerte sich an ihn, während leise, herzerreißende Schluchzer ihren schlanken Leib schüttelten. »Es tut mir leid«, weinte sie schmerzerfüllt, »es tut mir alles so furchtbar leid ...«
»Ist ja gut«, flüsterte er immer wieder, »ist ja gut«. Er hielt sie fest und tätschelte ihr hilflos die Schulter. Auch ihm stiegen Tränen der Rührung in die Augen, und er drücke sie fester. »Weine nur«, flüsterte er ihr zu und versuchte, seine ohnmächtige Wut auf ihren Vater zu unterdrücken, »weine dich nur richtig aus.« Das schluchzende Mädchen im Arm, starrte Patrick ins Leere und versuchte nachzudenken. Als sie sich langsam beruhigt hatte, wußte er, was er wollte. Er war sich nur noch nicht ganz sicher, wie er es erreichen würde. »Fühlst du dich jetzt besser?« fragte er und senkte den Kopf, um ihr ins Gesicht zu sehen. Als sie verlegen nickte und sein Taschentuch akzeptierte, fuhr er fort: »Gut. Wisch dir die Tränen ab, und ich hole dir was zu trinken. Dann können wir darüber reden, was du als nächstes tust.«
»Ich weiß genau, was ich als nächstes tue«, sagte Meredith bitter und putzte sich die Nase. »Ich werde meinen Vater eigenhändig umbringen.«
»Nicht, wenn ich in zuerst in die Finger kriege«, erwiderte Patrick schroff. Er drehte sie sanft um, drückte sie aufs Sofa und verschwand in Richtung Küche, um kurz darauf mit einer dampfenden Tasse heißer Schokolade wiederzukommen.
Meredith fand diese Geste sehr rührend und lächelte, als er ihr die Tasse in die Hand drückte und sich neben sie setzte.
»Also«, fragte er, als sie ausgetrunken hatte, »hast du dir schon überlegt, was du Matt sagen willst?«
»Ich werde ihm die Wahrheit sagen.«
Patrick versuchte vergeblich, seine Freude über diese Antwort zu verbergen und nickte energisch. »Das finde ich auch. Du bist schließlich immer noch seine Frau, und er hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Und weil er dein Mann ist, hat er auch die Pflicht, dir zuzuhören und dir zu glauben. Ihr beide habt auch noch andere Verpflichtungen -zu vergeben und zu vergessen und euch gegenseitig zu trösten. Und euer Ehegelübde einzulösen ...«
Bei diesen Worten merkte sie, worauf er hinauswollte. Patrick Farrell war der Sohn irischer Einwanderer. Offensichtlich war die Ehe in seinen Augen etwas Heiliges, und nachdem er nun die Wahrheit darüber erfahren hatte, was mit seinem Enkelkind passiert war, ging er aufs Ganze. »Mr. Farrell, ich ...«
»Nenn mich Dad.« Als Meredith zögerte, wich die Wärme aus seinem Blick. »Vergiß es. Es ist wahrscheinlich zu viel erwartet, daß jemand wie du jemand wie ich ...«
»Das ist es nicht!« unterbrach Meredith. Sie wurde rot bei dem Gedanken daran, wie sehr sie ihn früher verachtet hatte. »Es ist nur, daß Sie - du - dir keine falschen Hoffnungen machen sollst, was Matt und mich betrifft.« Sie mußte ihm klarmachen, daß es viel zu spät war, um ihre Ehe zu retten, aber nach all dem, was er durchgemacht hatte, brachte sie es nicht übers Herz, ihm schlichtweg zu sagen, daß sie seinen Sohn nicht mehr liebte. Was sie wollte, war eine Chance, Matt von der Fehlgeburt zu erzählen. Sie wollte ihn bitten, zu vergessen und zu verzeihen, und ihm sagen, daß auch sie vergeben und vergessen wollte. »Mr. Farrell - Dad - ich weiß, was du dir wünscht, aber es geht nicht. Es kann nicht funktionieren. Matt und ich haben uns kaum eine Woche gekannt, bevor wir getrennt wurden, und daß ist einfach nicht genug Zeit, um - um ...«
»Um zu wissen, ob man jemanden liebt?« beendete Patrick den Satz, da Meredith hilflos verstummt war. Seine buschigen Brauen hoben sich in gutmütigen Spott. »Ich wußte in dem Moment, wo ich meine Frau das erste Mal sah, daß sie die Richtige für mich ist.«
»Nun ja, so impulsiv bin ich nicht«, sagte Meredith, wäre dann aber am liebsten im Erdboden versunken, weil Patrick Farrell sie wissend und amüsiert betrachtete. »Vor elf Jahren mußt du aber doch recht impulsiv gewesen sein«, erinnerte er sie. »Matt war nur einen einzigen Abend mit dir
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