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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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seinen Freunden wandte sie sich einen Augenblick ab. Ihr Vater, der sie in der Nähe von Matt Farrell stehen sah, hielt auf dem Weg zum Speisesaal neben ihr an und packte sie am Ellbogen. »Schau, daß du ihn los wirst!« sagte er laut genug, daß Farrell es hören konnte, und stolzierte davon. In einem Anfall von Wut und Rebellion wartete Meredith, bis er außer Sichtweite war und schaute dann Matt Farrell an, ohne recht zu wissen, was sie nun tun sollte. Er hatte sich umgedreht und betrachtete die Leute auf dem Balkon - mit der unnahbaren Gleichgültigkeit eines Außenseiters, der weiß, daß er unerwünscht ist, und deshalb so tut, als kapsele er sich freiwillig ab.
    Auch wenn er nicht gesagt hätte, daß er ein Stahlarbeiter aus Indiana war, hätte Meredith innerhalb weniger Augenblicke gewußt, daß er nicht hierher gehörte. Zunächst einmal saß sein Smoking nicht besonders gut, was vermutlich bedeutete, daß er nicht maßgeschneidert, sondern vielleicht sogar nur geliehen war. Außerdem sprach er nicht mit jener gelangweilten Selbstsicherheit ihrer Schicht, die automatisch erwartete, überall willkommen und gern gesehen zu sein. Darüber hinaus war da ein undefinierbarer Mangel an feinen Manieren - eine gewisse Härte und Barschheit, die sie gleichzeitig abstieß und fesselte.
    In Anbetracht all dessen war es schwer verständlich, daß er Meredith an ihre eigene Vergangenheit erinnerte. Aber genau das war der Fall. Sie sah ihn da stehen, ganz alleine, so als ob es ihm nichts ausmachen würde, geächtet zu werden - und sie sah sich selbst in St. Stephen's, ein Buch auf den Knien, verzweifelt bemüht, den Anschein zu erwecken, daß es auch ihr nicht ausmachte, übergangen zu werden. »Mr. Farrell«, fragte sie so beiläufig wie möglich, »möchten Sie etwas trinken?«
    Überrascht drehte er sich um, zögerte einen Moment und nickte dann. »Scotch mit Wasser.«
    Meredith winkte einen Ober heran. »Jimmy, Mr. Farrell möchte einen Scotch mit Wasser.«
    Als sie sich wieder umdrehte, ertappte sie ihn dabei, wie er sie mit einem leichten Stirnrunzeln musterte. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, ihre Brüste und Taille und dann wieder hinauf zu ihren Augen, so als ob er aus ihrem Verhalten nicht schlau würde und sich nun bemühte herauszufinden, warum sie sich mit ihm abgab. »Wer war der Mann, der Ihnen geraten hat, mich möglichst schnell loszuwerden?« fragte er abrupt.
    Sie haßte es, ihm die Antwort geben zu müssen. »Mein Vater.«
    »Mein tiefstes und aufrichtigstes Beileid«, entgegnete er ernst, und Meredith mußte laut herauslachen, weil es noch nie jemand gewagt hatte, ihren Vater auch nur indirekt zu kritisieren, und weil sie plötzlich spürte, daß Matt Farrell ein »Rebell« war, wie sie einer werden wollte. Das machte ihn zu einer verwandten Seele, und anstatt ihn zu bemitleiden oder sich von ihm abgestoßen zu fühlen, verglich sie ihn in Gedanken nun mit einer außerordentlich tapferen Promenadenmischung, die unfairerweise mitten in einen Wurf hochnäsiger Stammbaum-Inhaber geworfen worden war. Sie entschloß sich, ihm zu helfen. »Möchten Sie tanzen?« fragte sie und lächelte ihn an, als sei er ein lieber alter Freund.
    Er betrachtete sie amüsiert. »Wie kommen Sie auf die Idee, daß ein Stahlarbeiter aus Edmunton, Indiana, tanzen kann, Prinzessin?«
    »Können Sie?«
    »Ich werde es schon irgendwie managen.«
    Wenige Minuten später, als sie draußen zur langsamen Musik der Band tanzten, kam Meredith nicht umhin festzustellen, daß dies eine gelinde Untertreibung seiner Fähigkeiten gewesen war. Er tanzte nicht schlecht, nur konservativ und nicht sehr entspannt.
    »Wie mache ich mich?«
    »Bisher habe ich nur feststellen können, daß Sie ein gutes Taktgefühl haben«, antwortete sie, ohne die Doppeldeutigkeit ihrer Antwort noch mehr zu unterstreichen. »Und das ist sowieso das einzige, worauf es ankommt.« Um jede Spur von Kritik von vornherein auszuklammern, blickte sie ihm lächelnd in die Augen und fuhr fort: »Sie brauchen lediglich ein bißchen mehr Übung.«
    »Und wieviel Übung empfehlen Sie mir?«
    »Nicht viel. Ein Abend würde reichen, um die wichtigsten neuen Schritte zu lernen.«
    »Ich wußte nicht, daß es >neue Schritte< gibt.«
    »Es gibt sie«, sagte Meredith, »aber vorher müssen Sie lernen, sich zu entspannen.«
    »Vorher?« wiederholte er. »Ich hatte immer geglaubt, daß man sich hinterher entspannen soll.«
    Urplötzlich dämmerte ihr, was er da eigentlich sagte.

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