Schatten der Liebe
hat etwas mit dem Motor nicht gestimmt, und ich mußte mit einer Linienmaschine fliegen. Die ganze Zeit über hat ein Baby schrecklich geschrien.«
Da er die Unterhaltung begonnen hatte, schien Miss Stern sich verpflichtet zu fühlen, sie fortzusetzen. »Jemand hätte sich um den armen Wurm kümmern müssen.«
»Der Mann neben mir hat sich angeboten, ihn zu erwürgen«, sagte Matt, »aber die Mutter des Babys war dafür genausowenig zu gewinnen wie für meinen Vorschlag.«
»Und was war ihr Vorschlag?«
»Ein Glas Wodka und einen Brandy.« Er schloß seinen Aktenkoffer wieder und wies mit dem Kopf in Richtung auf das Konferenzzimmer, das an sein Büro grenzte. »Sind schon alle da?«
»Selbstverständlich.«
»Und alle haben die Tagesordnung vorliegen?«
»Selbstverständlich.«
»Ich erwarte im Laufe der nächsten Stunde einen Anruf aus Brüssel«, sagte Matt, der bereits auf dem Weg in den Konferenzraum war. »Stellen Sie mir den bitte sofort durch, alle anderen können warten.«
Sechs der fähigsten Vizepräsidenten von Intercorp saßen im Konferenzzimmer zu beiden Seiten eines Glas-Marmor-Couchtisches auf zwei roten Ledersofas. Die Männer erhoben sich, als Matt eintrat und jedem von ihnen die Hand schüttelte. »Schön, daß du wieder da bist, Matt«, sagte Tom Anderson, den er als letzten begrüßte. »Spanne uns aber bitte nicht länger auf die Folter«, fügte er hinzu. »Wie war Athen?«
»Ausgesprochen positiv«, antwortete Matt, während sie alle zum Konferenztisch gingen. »Intercorp besitzt jetzt auch eine Tankerflotte.«
Die folgenden zwei Stunden lauschte Matt den Berichten der Männer, und abschließend informierte Matt sie über die Entwicklung anderer Intercorp-Firmen, die direkt oder indirekt mit dem laufenden Projekt in Verbindung standen.
Die ganze Sitzung über hatte ein Mann kein Wort geäußert, sondern nur wie ein lernbegieriger Student gelauscht. Peter Vanderwild war achtundzwanzig, ein ehemaliger Harvardprimus mit dem IQ eines Genies. Er war darauf spezialisiert, Unternehmen daraufhin zu untersuchen, ob sie sich für eine Übernahme durch Intercorp eigneten. Er analysierte ihre Profitstruktur und legte dann Matt seinen Bericht vor.
Die Übernahme von Haskell hatte er empfohlen, und es sah so aus, als würde es sein dritter großer Erfolg werden. Matt hatte ihn mit den anderen nach Chicago geschickt, weil er wollte, daß Peter aus erster Hand erfuhr, was nach einer Firmenübernahme passierte. Er wollte, daß er auch die Fakten kennenlernte, die nicht aus jenen Finanzberichten ersichtlich waren, auf die sich Peter bei seinen Analysen immer verließ - wie zum Beispiel Finanzchefs, die bei der Geldeintreibung zu lasch waren oder Personalchefs, die Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten diskriminierten.
Matt hatte ihn als Beobachter hergebeten, wollte ihn aber gleichzeitig auch selbst beobachten. Trotz seiner bisherigen außergewöhnlichen Erfolge brauchte er, das wußte Matt, noch etwas Hilfestellung. Darüber hinaus war er großspurig und überempfindlich und reagierte je nach Gegebenheit barsch oder auch ängstlich. Er war ein enormes Talent, das aber noch geschliffen und in die richtige Bahn gelenkt werden mußte.
»Peter?« sagte Matt. »Irgendwelche neuen Erkenntnisse auf Ihrem Gebiet, die wir erfahren sollten?«
»Ich habe eine Reihe potentieller Neuerwerbungen im Auge«, verkündete Peter. »Die Unternehmen sind nicht so groß wie Haskell, aber sie versprechen Profit. Eines ist eine hübsche kleine Computer-Software-Firma in Silicon Valley ...«
»Keine Sofware-Firmen, Peter«, sagte Matt mit Nachdruck.
»Aber JLH ist...«
»Keine Sofware-Firmen«, unterbrach Matt. »Das ist augenblicklich zu riskant.« Als er sah, daß Vanderwild aus Verlegenheit rot anlief, zügelte Matt seine Ungeduld. Schließlich wollte er dem jungen Mann nicht seinen Enthusiasmus rauben. Also fügte er milder hinzu: »Das ist kein Vorwurf gegen Sie, Peter. Ich habe Ihnen nie gesagt, was ich von Sofware-Firmen halte. Was empfehlen Sie sonst noch?«
»Sie sprachen davon, daß Sie an gewerblichen Immobilien interessiert sind. Da gibt es drei interessante Gesellschaften: eine in Atlanta, eine hier in Chicago und eine dritte in Houston. Alle drei stehen zum Verkauf. Die ersten beiden haben vor allem Bürohäuser, die in Houston besitzt in erster Linie Bauland. Es ist ein Familienunternehmen, und die beiden Brüder Thorp, die seit dem Tod ihres Vaters die Leitung übernommen haben, können
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