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Schatten der Liebe

Titel: Schatten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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hatte, riß er seinen Blick von dem Bericht los, und dies auch nur, um seine Sekretärin flüchtig anzublicken. Eleanor Stern arbeitete seit neun Jahren für ihn. Sie grüßten sich nicht, und sie verschwendeten auch keine Zeit mit Höflichkeitsfloskeln oder Smaltalk.
    »Wie läuft alles?«
    »Recht gut«, antwortete sie.
    »Steht die Tagesordnung für die Sitzung schon fest?« fragte er, bereits unterwegs zu der hohen Rosenholz-Doppeltür, die in sein Privatbüro führte.
    »Natürlich«, erwiderte sie in derselben kurzen Art wie er. Seit dem ersten Tag ihrer Zusammenarbeit bildeten sie ein ideales Team. Damals war sie zusammen mit zwanzig anderen Frauen, von denen die meisten jung und attraktiv waren, von einer Agentur zu Matts Büro geschickt worden. Am Morgen eben dieses Tages hatte er in der Zeitschrift Town and Country, die jemand in der Cafétéria liegenlassen hatte, ein Bild von Meredith gesehen. Sie lag neben einem jungen Polospieler am Strand von Jamaica. Der Bildunterschrift zufolge machte sie dort mit Studienfreunden Urlaub. Der Anblick dieser Photographie spornte Matt zusätzlich an; er war mehr denn je entschlossen, Erfolg zu haben. In dieser Stimmung hatte er die Bewerberinnen interviewt. Die meisten waren hübsche Hohlköpfe oder flirteten offen mit ihm, und er war nicht in der Stimmung, Dummheit oder weiblichen Charme auch nur zu tolerieren. Er wollte jemanden, der klug und zuverlässig war, jemanden, der ihn auf seinem raschen Weg an die Spitze begleiten würde. Gerade hatte er den Lebenslauf der letzten Bewerberin in den Papierkorb geworfen, als Eleanor Stern hereinmaschiert kam - in Schuhen mit klobigen Absätzen, einem schlichten schwarzen Kostüm und das graue Haar zu einem schmucklosen Knoten aufgesteckt. Sie drückte ihm ihre Bewerbungsunterlagen in die Hand und wartete schweigend, bis Matt die dort aufgeführten Fakten über sie gelesen hatte. Sie war fünfzig Jahre alt, ledig, konnte 120 Wörter pro Minute tippen und 160 Wörter pro Minute stenographieren. Dann hatte Matt sie angeblickt und wollte gerade einige Fragen stellen, als sie mit eisiger Stimmer verkündete: »Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß ich zwanzig Jahre älter bin als die anderen Bewerberinnen da draußen, und mindestens zwanzigmal unattraktiver. Ich bin niemals schön gewesen, und deshalb habe ich mich auf meine anderen Qualitäten verlassen müssen und diese gefördert.«
    Überrascht hatte Matt gefragt: »Und woraus bestehen diese anderen Qualitäten?«
    »Aus meinem Kopf und meinen Qualifikationen«, hatte sie geantwortet. »Neben meinen Fertigkeiten in Steno und Maschine habe ich juristische Fachkenntnisse und bin staatlich geprüfte Buchhalterin. Außerdem beherrsche ich etwas, das nur noch sehr wenige Zwanzigjährige können ...«
    »Und das wäre?«
    »Rechtschreibung!«
    Diese Bemerkung, die trotz oder wegen ihrer Überheblichkeit Perfektionismus implizierte, gefiel ihm. Eleanor verfügte über einen gewissen unnahbaren Stolz, den Matt bewunderte, und er ahnte, daß sie ihre Arbeit mit derselben wütenden Entschlossenheit bewältigen würde, die ihm zueigen war. Da er plötzlich das Gefühl hatte, daß sie genau die Richtige für die Position sei, sagte er ganz unverblümt: »Die Arbeitszeiten sind lang, und die Bezahlung ist im Moment nicht besonders gut. Ich fange gerade erst an. Wenn ich es nach ganz oben schaffe, dann werde ich Sie mitnehmen. Ihr Gehalt wird entsprechend sein.«
    »Einverstanden.«
    »Wann können Sie anfangen?«
    »Sofort.«
    Er hatte seine Entscheidung nie bereut. Innerhalb einer Woche hatte er feststellen können, daß Eleanor Stern denselben unermüdlichen Arbeitseifer an den Tag legte wie er. Je mehr Verantwortung er ihr übertrug, desto mehr leistete sie.
    Sie war zu einer unentbehrlichen Stütze seines Unternehmens geworden, und er hatte sein Versprechen gehalten und ihre Loyalität und ihren Arbeitseinsatz fürstlich belohnt: Miss Stern verdient 65 000 Dollar im Jahr - mehr, als viele leitende Angestellte von Intercorp erhielten.
    Jetzt folgte sie ihm in sein Büro und wartete, bis er seinen Aktenkoffer auf den erst kürzlich gelieferten neuen Rosenholz-Schreibtisch stellte. Normalerweise händigte er ihr mindestens eine Mikrokasette mit Anweisungen und diktierten Briefen aus. »Ich habe nichts zum Schreiben«, erklärte er, öffnete seinen Koffer und überreichte ihr einen Stapel Akten. »Ich hatte auch keine Zeit, mich im Flugzeug mit dem Simpson-Vertrag zu befassen. Bei dem Lear

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