Schatten der Lust
geliebt.«
»Daran erinnere ich mich nicht.« Immerhin klang er nun etwas weniger überzeugt.
»Und du hast Brüder. Vier. Du liebst sie, auch wenn du so tust, als würdest du es nicht.«
»Die anderen Unsterblichen? Die liebe ich? Nein, das ist unwahrscheinlich.«
»Und dennoch wahr. Ich sehe es dir an, wenn du von ihnen sprichst. Du machst dir Sorgen um Tain.«
»Tain.« Das weiße Licht wurde schwächer, und dahinter fühlte Leda die Qualen, die von Hunters Magie verdrängt wurden. »Tain ist verloren.«
»Er wurde von einem Dämon gefangen und gefoltert, bis er den Verstand verlor. Du und deine Brüder, ihr versucht, ihn zu finden.«
»Das … weiß ich gar nicht.«
»Deshalb brauchen wir die Vampire im Club. Sie helfen uns, Tain zu retten und bis dahin die Todesmagie unter Kontrolle zu halten. Dein Bruder Adrian braucht dich. Bitte, erinnere dich!«
Das Licht wurde noch gedämpfter, und erst jetzt bemerkte Leda, dass Hunters Arm voller Blut war.
Entsetzt wich sie zurück. »Göttin! Was hat er mit dir gemacht?«
»Lass den Schmerz nicht zurückkommen!«, flüsterte er. »Er ist zu groß. Er wird mich brechen.«
»Ignoriere ihn.« Leda trat noch einen Schritt zurück und sah ihn mit großen Augen an. »Mach alles, was du kannst, um ihn zu verdrängen, aber lass die anderen leben!«
»Ich will dich nicht vergessen, Leda.«
»Das ist egal. Sei ein Krieger! Sperr den Schmerz aus! Mach schon!«
Er schenkte ihr ein mattes Lächeln. »Wenn ich dich vergesse, lerne ich dich vielleicht noch einmal von neuem kennen.«
Sie zwang sich zu lächeln, obwohl ihr Tränen über die Wangen liefen. »Ich freue mich schon darauf.«
Für einen kurzen Moment schloss Hunter die Augen. Als er sie wieder öffnete, war das grüne Leuchten so stark wie zuvor. Wie einen Umhang sammelte er die weiße Magie um sich, und sogleich schien seine Haut wieder unversehrt und stark.
»Wenn sie morgen noch hier sind, werden sie sterben«, sagte er.
Mit diesen Worten wandte er sich ab und schwebte auf einer Magiewolke die Straße hinunter, bis er im hellen Nachmittagslicht verschwunden war. Die Überreste seines Zaubers sprühten Funken hinter ihm, bevor sie schließlich ganz erloschen. Mukasa hockte sich auf die Hinterbeine und blickte zu der Ecke, an der Hunter verschwunden war. Dann brüllte er verloren.
[home]
Kapitel 16
Z wei Tage wartete Leda noch in Adrians Haus, doch Hunter kehrte nicht mehr zurück. Mukasa wanderte wieder und wieder ums Haus, fraß wenig, schlief kaum und wirkte schrecklich traurig.
Am Abend des zweiten Tages kam Septimus zu Besuch. Mit seinem Armani-Anzug und der teuren Sonnenbrille sah er ganz wie ein moderner Vampir und erfolgreicher Geschäftsmann aus.
»Ich habe von Adrian gehört«, berichtete er, nachdem Leda die Schutzzauber hinreichend gedämmt hatte, um ihn hereinzulassen. »Genau genommen habe ich ihn angerufen und ihm mein Versagen gestanden, Hunter aufzuspüren. Würde ich behaupten, dass Adrian enttäuscht von mir war, wäre das eine groteske Beschönigung.«
»Es war nicht deine Schuld«, sagte Leda mit einem Anflug von Empörung.
Sie hatte sich an Hunters lockere Art gewöhnt, das Leben zu betrachten: becherweise Kaffee schlürfen, die Bösen abmurksen, Liebe machen. Und sie fragte sich, ob die anderen Unsterblichen womöglich weniger durchschaubar und mithin furchteinflößender waren. Wenn Adrian jedenfalls schon wütend auf Septimus war, wie viel zorniger wäre er dann erst, weil Leda seinen Bruder dazu brachte, ihr nach Los Angeles zu folgen, wo ihn der Dämon fangen konnte? Dass weder Amber Silverthorne noch Adrian den direkten Kontakt zu ihr aufgenommen hatten, sondern stattdessen nur mit Septimus sprachen, war gewiss kein gutes Zeichen.
»Mach dir keine Sorgen um mich«, beschwor Septimus sie, während er seine Handschuhe glatt zupfte. »Mein Pilot fliegt dich nach Seattle. Ich suche weiter nach Hunter, obwohl ich mir keine großen Chancen ausrechne. Ein Unsterblicher, der nicht gefunden werden will, stellt eine echte Herausforderung dar.«
»Ich kann hier nicht weg«, widersprach Leda. »Was ist, wenn Hunter zurückkommt? Die Magie um das Haus und die Energielinien könnten ihn anlocken.«
»Ich behalte das Haus im Auge, und Kelly passt ebenfalls auf. Ich werde meine Männer und Vampire draußen postieren. Sie geben mir Bescheid, sowie sich etwas tut.«
»Warum will Adrian mich überhaupt bei sich haben? Sie brauchen Hunter.«
»Du bist eine mächtige Hexe, also wirst du
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