Schatten der Lust
genauso gebraucht. Ich bin sicher, dass Adrian für alles seine Gründe hat.«
»Und du gehorchst Adrian.«
Septimus sah sie gequält an. »Sagen wir lieber, wir haben eine geschäftliche Vereinbarung.«
Samantha, die alles mit angehört hatte, schnaubte verächtlich. »Mit anderen Worten: Du tust, was er sagt, und er lässt dich am Leben.«
»Ungefähr so, ja. Du machst es für alle leichter, wenn du hinfliegst«, erklärte er Leda.
Schließlich stimmte sie einzig deshalb zu, weil sie glaubte, wenn irgendjemand Hunter finden konnte, dann wäre es sein Bruder Adrian. Septimus bestand darauf, dass sie sofort abreiste, und sie sträubte sich nicht.
Ihre Tasche mit allem Zauberzubehör war schnell gepackt. Für eine Weile spielte Leda mit dem Gedanken, Mukasa zur Insel zurückzuschicken, wie Septimus angeregt hatte, aber der Löwe machte unmissverständlich klar, dass er mit Leda reisen würde. Er wich ihr keine Sekunde von der Seite, als sie das Haus verließen, und drängte sich kurzerhand in die wartende Limousine.
Samantha blieb. Obgleich sie ihrem Vater nicht traute, wollten sie beide ihre Mutter finden. Leda hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihnen nicht helfen konnte, aber Samantha behauptete, dass sie schon geholfen hätte, indem sie die Geschichte glaubte und mitfühlte.
»Ich halte dich auf dem Laufenden«, versprach Samantha, bevor sie die Wagentür zuschlug.
Die Reise nach Seattle verlief ereignislos, so dass Leda in Ruhe nachdenken konnte – viel zu viel nachdenken. Doch zunächst amüsierte sie sich still über Septimus’ Vampire, denen sichtlich unwohl wurde, als Mukasa ins Flugzeug stieg und sich in die Kabine legte.
Nach einigen Stunden landete das Flugzeug auf einem kleinen Flughafen in Seattle. Leda ging als Erste die Gangway hinunter und wartete unten auf Mukasa. Währenddessen blickte sie zu den brodelnden Wolken hinauf. Hier lag dieselbe Finsternis in der Luft, die sie schon in Los Angeles gespürt hatte. Die Wolken waren allerdings dichter als in Kalifornien, weil das Klima an der Küste von Washington regnerischer war. Die ölige Textur der Dunkelheit jedoch war dieselbe, und Leda bekam eine Gänsehaut.
Gleich vor dem Terminal wartete eine junge Frau mit einer goldblonden Lockenmähne, die Lebensmagie ausstrahlte, eine recht mächtige sogar. Sie war ein Werwesen, hatte den typischen Blick eines Raubtiers. Und dieser Blick musterte nun erst Leda, dann Mukasa.
»Von einem Löwen sagte niemand etwas.«
»Er wollte unbedingt mitkommen«, erklärte Leda.
Amber hatte eine Nachricht geschickt, dass ihre Werwolffreundin Sabina Leda vom Flughafen abholen würde. Sabina lächelte strahlend – alle Werwölfe zeigten gern ihre Zähne – und ging voraus zum Parkplatz. Ein großer Mann, gutaussehend, blond, mit sehr blauen Augen, lehnte unweit des Ausgangs an einem Mustang-Cabriolet. Auch ihn umgab eine gewaltige Lebensmagie, wenngleich nicht so überwältigend wie die, die Leda bei ihrer ersten Begegnung mit Hunter wahrgenommen hatte. Das war auf keinen Fall Adrian oder ein anderer Unsterblicher.
Er richtete sich auf, als sie näher kamen, und öffnete schwungvoll die Wagentür. »Taxiservice Valerian«, verkündete er in einem knatternden Bariton.
Kein Zauberer
, dachte Leda, als er ihre Tasche nahm und sie in den Kofferraum steckte. Er machte keine Magie, sondern
war
sie. Ein Gestaltwandler vielleicht, aber kein Werwolf.
»Das ist mein Freund«, erläuterte Sabina. »Valerian. Du hast hoffentlich keine Angst vor Echsen.«
»Sehr witzig!« Valerian setzte seine Sonnenbrille auf, obwohl es bewölkt war. »Wie soll ich denn einen Löwen in einem Mustang unterbringen?«
»Indem du das Verdeck öffnest«, schlug Sabina vor.
Mukasa schnupperte an Valerians Beinen, als dieser sich vorbeugte, um die Steuerung für das Klappverdeck zu bedienen. Offenbar befand der Löwe Valerian für ebenso akzeptabel wie Hunter, und Valerian schien es nicht das Geringste auszumachen, von einem Löwen beschnuppert zu werden. Nachdem das Verdeck zusammengefaltet war, klappte Valerian einen Sitz um und sah zu Mukasa. »Na, wie ist das?«
Leda quetschte sich auf den Sitz neben Mukasa und wartete, bis Sabina und Valerian vorn eingestiegen waren.
»Dann wollen wir einmal hoffen, dass es nicht regnet«, murmelte Valerian, der finster gen Himmel blickte, während er den Wagen vom Parkplatz fuhr. Er reiht sich in den Verkehr ein und winkte den anderen Fahrern lässig zu, die wild hupten und ihm
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