Schatten der Vergangenheit (German Edition)
sahen.
Endlich läutete es und Lily wurde aus ihrer Grübelphase gerissen. Philippe stand vor der Türe und lächelte. All ihre guten Vorsätze schwanden dahin. Sie bekam weiche Knie und vergaß, warum sie vorhin noch wütend gewesen war.
Er gab ihr einen Kuss auf den Mund, ohne seine Zunge zu gebrauchen und Lily war ein klein wenig enttäuscht, dass er sie nicht leidenschaftlich küsste, so wie gestern, sondern wie eine entfernte Bekannte, die man zufällig wieder traf.
Er roch nach einem teuren After Shave, sie die leidenschaftliche Einkäuferin erkannte das sofort, und hatte nasse Haare vom Duschen. Ah, er hatte doch Mühe gehabt, aus dem Bett zu kommen.
„Es tut mir leid. Ich habe verschlafen“, entschuldigte er sich und sah an ihr vorbei in die Wohnung. Möbel, die aussahen, als kämen sie vom Sperrmüll – oder war es Ikea? Bilder an der Wand und getrocknete Blumen hingen mit Nägeln an die Wand geschlagen daneben. Die Wohnung sah aus, als würde hier eine der zahlreichen französischen Studentinnen leben. Er nannte es, Ikea triff die Provence. Nicht sein Ding und er musste Lily wohl erst Stil beibringen oder Geld geben... Stil hatte sie auf ihre Art und Weise, aber wehe, wenn sie in seiner Wohnung getrocknete Blumen aufhing. Diese Dinger waren doch Staubfänger.
„Ehe wir fahren, gehen wir einkaufen.“
„Einkaufen?“ fragte Lily zögernd.
„Du gehst doch gerne einkaufen?!“ Er wollte auch nicht in der Wohnung bleiben. In der kleinen Wohnung mit den billigen Möbeln bekam er Platzangst.
„Ich gehe für andere Leute einkaufen“, erklärte sie und runzelte die Stirn.
„Mach das nicht.“ Er tippte ihr mit einem Zeigefinger auf die Stirn. „Davon bekommst du Falten.“
„Ja, und?“ fragte sie verwirrt.
„Dann bist du hässlich.“ Wollte er damit sagen, er würde sie gegen eine schönere Frau eintauschen? Nein, er meinte es nicht so. Sicher nicht! Oder doch?
„Philippe, ich brauche nichts“, versuchte sie nochmals zu erklären. Hatte ihr Vater nicht erwähnt, dass Philippe ständig pleite war?
„Doch, du brauchst Kleider, Schuhe, Taschen... Los, nimm deinen Mantel.“
„Und wer soll das zahlen?“ fragte sie und nahm widerwillig ihren Mantel. Verdiente Philippe mit seinem Lebensstil auch noch Geld?
„Mein Vater hat reichlich. Los, komm schon, wir haben nicht den ganzen Tag.“ Seine zwölf Ponys standen sicher schon bei Dover und warteten auf die Überfahrt mit der Fähre. Gott sei Dank hatte er Stallburschen, denen er seine Pferde blind anvertrauen konnte. Trotzdem wäre er gerne in der Nähe gewesen, aber da war Lily...
„Die Geschäfte haben doch noch zu“, versuchte sie wieder einen Einwand zu bringen und folgte ihm zu seinem schwarzen Porsche Cayenne, den er in zweiter Spur vor dem Haus abgestellt hatte. Bekam er nie Strafzettel? Oder war es ihm gleichgültig, dass der gesamte Verkehr der schmalen Straße blockiert war?
„Für mich sind die Geschäfte immer offen“, antwortete er lässig und öffnete die Türe – nicht ihr, soviel Gentleman war er auch nicht – nicht morgens vor 9 Uhr. Er hatte eine alte Freundin aus dem Bett geklingelt, die ihre Luxusboutique für ihn früher öffnete, aber das war eine andere Sache und Lily musste nicht wissen, dass er dieser Freundin Sex dafür versprochen hatte.
Er fuhr wie ein Verrückter durch den Pariser Morgenverkehr und Lily hätte einige Rosenkränze gebetet, wenn sie gläubig gewesen wäre. So aber klammerte sie sich nur am Sitz fest und hoffte, dass diese Fahrt bald zu Ende sein würde. Wollte er in dieser Art bis nach England fahren?
Endlich parkte er ein – dort wo ein Parkverbot war, aber das schien Philippe nicht wirklich zu stören - und Lily war nur froh, aus dem Auto auszusteigen. Sie atmete tief durch und sah jetzt erst, dass auf dem Rücksitz Reitstiefel lagen, die aus der Stiefeltasche gerutscht waren. Sie mochte keine Pferde, ob sie ihm das sagen sollte?
Sie standen vor einer Luxusboutique, die einige Designermarken führte. Lily kannte die Boutique, auch wenn sie die einzelnen Markengeschäfte der Designer bevorzugte, weil sie für ihre Kundinnen eine größere Auswahl boten. Hier gab es nur bis Größe 42 und ihre Kundinnen hatten in der Mehrheit Kleidergrößen, die erst bei 40 begannen. Lily fand das in Ordnung, aber Philippe würde so eine Frau nur als fett bezeichnen So gut kannte sie ihren Ehemann
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