Schatten der Vergangenheit (German Edition)
fünf Jahre für ihren Lebensunterhalt gearbeitet.
Philippe verstand das nicht und hatte ihr gleich mitgeteilt, dass sie den Job aufgeben sollte. Sie hatte es getan. So sehr hatte sie den Job auch nicht geliebt. Eine d´Arthois konnte keine Schaufenster dekorieren oder für andere Leute einkaufen gehen, so Philippe. Sie könne ja für sich selber etwas einkaufen. Ihre Garderobe sei seiner Frau nicht würdig. Sie hatte auch hier nicht widersprochen. Es war nicht so, dass sie ihre selbstgemachten Kleider, die Einzelstücke von Flohmärkten so sehr liebte.
Sie hatte immer ihre Kundinnen beneidet, die Designerkleider trugen, die nach Geld rochen. Ihre Kleider taten es nie. Es hatte ihr lange Zeit nichts ausgemacht, bis Philippe sie kritisch betrachtete und jedes einzelne Stück, einschließlich ihres Slips als lächerlich und billig bezeichnete. Sie würde allerdings ihre Hüte und die damit verbundene Kreativität vermissen, dachte Lily mit Bedauern.
Das Schloss war nun komplett sichtbar. Ja, er konnte alles als lächerlich und billig bezeichnen, denn sein Vater wohnt in einem gottverdammten Schloss! Lily riss die Augen auf, als sie das Anwesen sah.
Hatte sie irgendeine Zeitreise unternommen und war im siebzehnten Jahrhundert gelandet? Nicht, dass sie eine Ahnung hatte, aus welchen Jahrhundert das Schloss mit den vielen Türmchen war. Es sah nur so überhaupt nicht englisch aus. Es sah aus, als hätte ein verrückter Franzose das Schloss hierher transportiert. Nun stand es mitten auf einer leichten Anhöhe, umgeben von grünen Wiesen, kleinen englischen Landhäusern und einer Menge Pferde.
„Gehört das alles deinem Vater?“ fragte Lily.
„Ein großer Teil.“ Philippe hielt das Auto einige Meter vor dem großen Eingang des Schlosses an. Dort standen bereits Lieferautos, zwei Luxuslimousinen, ein großer BMW, ein Bentley und diverse andere Autos, die den Angestellten und den Stallburschen gehörten.
Lily stieg aus und sah sich um. Die Aussicht war großartig, es roch allerdings nach Pferdemist. Sie rümpfte die Nase.
„Hier stinkt es“, sagte sie laut.
„Daran wirst du dich gewöhnen. Das sind die Pferde“, sagte Philippe trocken. Ana hätte sicher nicht gesagt, dass Pferde stinken, dachte er mit Bedauern.
Die Pferde, ach ja. Sie sah sich um. Seitlich des großen Platzes gab es Stallungen, die schöner waren als manche Wohnung in London. Für Philippes Polopferde standen dort auch zwei große Pferdetransporter, die beide mit dem Wappen der Arthois, das zahlreiche kleine Lilien auf königsblauen Grund zeigt, dekoriert waren. Die langen LKWs waren ansonsten cremeweiß lackiert und passten farblich zu den weiß getünchten Mauern der Stallungen, die sich an einem Seitenweg entlang zogen. Ein Teil der Stallmauern war mit roten Heckenrosen überwachsen und gab allem ein märchenhaftes Aussehen.
Wo war die Prinzessin zu diesem Schloss? Lily fühlte sich wirklich nicht so. Jeder Schritt war schmerzhaft. Es gab kaum ein Körperteil, das nicht schmerzte und sie war tot müde.
Philippe hatte sie kaum schlafen lassen, da er von ihr akrobatische Sexkünste erwartete, mit denen sie nicht dienen konnte, weil sie keine Ahnung hatte, was sie machen sollte. Er hatte ihr daraufhin die Arme und Beine so zurechtgezogen, wie er es gerne hätte, mit der Folge, dass sie heute wehtaten. Spaß hatte der Sex auch nicht gemacht, eher das Gegenteil. Sie hatte jedes Mal, als er sein Glied in sie steckte, gehofft, es wäre das letzte Mal. Aber das war es nicht. Ihr Ehemann hatte einen sexuellen Appetit, so dass sie jetzt verstand, warum er jede Nacht eine andere Frau – oder mehrere – hatte.
Was sollte sie nur tun? Der Kloß im Hals war wieder da, sie schluckte und kämpfte mit den Tränen. Sie konnte nicht schon wieder heulen, nicht, wenn sie wollte, dass er bei ihr blieb. So fragte sie, obwohl sie die Antwort kannte, nur um die Stille zwischen ihnen zu beenden: „Sind das deine Polopferde?“ Ein Transporter war durch eine Verzögerung bei der Einreise erst heute angekommen und diese Ponys wurden eben entladen. Sie wirkten etwas unsicher, als sie unter ihren Hufen endlich wieder festen Boden hatten, aber sonst schienen sie in Ordnung zu sein. Sie waren es gewöhnt, dass Philippe mit ihnen quer durch Europa und auch über Kontinente reiste.
Ein älterer Mann mit einem vernarbten Gesicht kommandierte die anderen Stallburschen herum. Als wären die Aknenarben nicht schon
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