Schatten der Vergangenheit (German Edition)
Alessandro war stolz und wollte nur eines, nämlich England verlassen. Übel konnte er es ihm nicht nehmen, wo doch die Öffentlichkeit dem jungen Olympiasieger vieles verzieh, aber keinen Ehebruch mit der eigenen Stiefmutter, gleich wie alt diese war.
Henry seufzte und ging zur Türe, lauschte und hörte noch immer die Stimme von Peter Harting. Der tiefe Bariton war einfach nicht zu überhören. Nicht, dass Harting unattraktiv war, eher das Gegenteil. Peter Harting, nur wenige Jahre jünger als Henry, hatte die athletische Figur seiner jungen Jahre behalten. Den Falten im Gesicht half er wohl nach, das vermutete zumindest Catarina, Henrys Frau, und die angegrauten Schläfen gaben ihm Sexappeal.
Gott sei Dank war Catarina zu alt für Harting, der schon wieder auf der Suche nach einer neuen Ehefrau war, die ihm den heißersehnten Erben schenken konnte. Henry grinste schadenfroh. In all den Jahren und mit so vielen jungen Frauen war es Harting nicht gelungen, eine der vielen zu schwängern. Ob es an Peter Harting lag und er in seiner stolzen Männlichkeit dies nicht erkennen wollte? Wenn er keine Erben bekam, dann gehörte nach seinem Tode ein großer Teil von Hartings Vermögen Alessandro, dem ungeliebten Stiefsohn. Wie sehr musste das Harting ärgern, der diesen Vertrag damals vor der Eheschließung mit Alessandros Mutter abgeschlossen hatte, weil er seinem Stiefsohn die Zukunft absichern wollte.
Nur bis jetzt konnte Alessandro von diesem Vertrag nicht profitieren, da Harting noch lebte. Alessandro hatte das gesamte Anwesen, bis auf einige Wiesen und das alte Tudorhaus verkauft, um einen großen Teil der Schulden seines leiblichen Vaters abzudecken, die der Bastard Harting nie komplett abbezahlt hatte. Alessandro war auch zu stolz, Henry um das Geld zu bitten. Henry hätte es ihm geliehen... Oh Gott, jetzt lachte der vulgäre Amerikaner wieder. Ging der nicht endlich nach Hause, in seinen Palazzo Americano vulgaris...
Philippe hatte das protzige Märchenschloss von Harting so getauft. Humor und Witz konnte niemand seinem Sohn absprechen. Diese Eigenschaften, neben seinem Aussehen, waren sicher Teil seines Charmes. Wo war Philippe eigentlich? Die Ponys waren bereits hier, aber wo war sein Sohn, der nie weit entfernt von seinen Ponys war? Hatte er wieder nicht aus dem Bett einer Frau gefunden? Isabella Longi, diese Hure hatte es tatsächlich geschafft, dass sie den Bastard von Philippe bekam. Und wieder Alimente, dachte Henry und ballte die Hand zur Faust.
Das Traurige war, dass Isabella leider nicht die einzige war, die von Philippe schwanger geworden war. Aber langsam hatte Henry Probleme, die Übersicht über seine unehelichen Enkel zu behalten. Er wollte sie auch nicht kennen lernen, wozu auch? Er war in dieser Hinsicht konservativ. Uneheliche Kinder waren Bastarde. Konnte sein Sohn nicht Kondome benutzen?
Er hatte sich vorgenommen, einen Strich unter die Geldbeziehung zu seinem Sohn zu ziehen. Gleich nach dem Polospiel war ein für alle mal Schluss mit dem Geld. Philippe sollte erwachsen werden. Alt genug war er und seine unnötige Universitätsausbildung hatte er beendet. Er sollte sich einen Job suchen und nicht von den Alimenten seines Vaters leben. Was konnte er, Henry, dafür, wenn sein Sohn zu nichts taugte? Henry, sein Erstgeborener, hätte Geld verdient, wenn ihn Philippe nicht zu den Drogen verleitet hätte. Henry war ein anständiger Junge gewesen. Warum nur hatte es Henry getroffen und nicht… Nein so sollte er nicht denken. Beide waren seine Söhne und er hatte jetzt nur noch einen.
Henry sah auf seine klassische Breguet, die älter als er selbst war und seufzte. Er hatte in seinem Büro angerufen, dass man ihm wichtige Unterlagen zusenden sollte. Seine kleine, aber feine Investmentfirma verwaltete zahlreiche Immobilien, vor allem in London und Paris, aber auch einige Fonds, die sich neuer Energiegewinnung widmeten. Ingesamt war alles sehr erfolgreich und in dieser Hinsicht hatte er keinen Grund zu klagen. Beim Polospiel an diesem Wochenende wollte er die Gelegenheit nutzen, um mit einem der Gäste ein Geschäft abzuschließen.
Sein Assistent meinte, er würde eine neue Praktikantin, so eine Art Wunderkind, mit den Unterlagen schicken. Sie könnte ihm auch helfen, wenn es um Alternative Energien ginge, aber Henry war skeptisch. Er hatte keine Vorurteile, wenn es um Frauen ging, aber sogenannten Genies gegenüber war er skeptisch. Wunderkinder. Das waren doch
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