Schatten der Vergangenheit (German Edition)
gezupft. Sie hatte Augenbrauen wie einst Brooke Shields, nur damals in den 80ern war es modern und ein Markenzeichen von Brooke Shields. Heute trug man keinen Wildwuchs im Gesicht.
Sie trug keinen Hauch von Make-up, die Haare waren wahrscheinlich vor Urzeiten mal geschnitten worden, so lang wie sie waren und die Jeans – sein Blick ging auf das Knie mit dem Riss – die war eigentlich nur noch für die Müllhalde gut. Vielleicht konnte ihr Papa Carolines alte Jeans geben.
„Miss di Solis, Sie bleiben doch zum Abendessen?“ fragte Henry. Ah, gut, dass Papa sie füttern wollte. Sie konnte einige Proteine brauchen. Was fand das Mädchen nur an Harting, sie sah schon wieder zu ihm.
„Sir, ich weiß nicht...“ Sie konnte unmöglich in dieser verschmutzten und zerrissenen Jeans an einem Tisch sitzen, wo alle anderen Kleider trugen, die sauber waren. Auch wenn ihr Magen laut knurrte und sie hoffte, dass niemand das Geräusch gehört hatte. Philippe lachte auf. Er hatte es gehört und er verstand Anas Sorgen.
„Papa, ich denke, Mama findet in Caros Sachen eine saubere Jeans und ein T-Shirt.“ schlug Philippe vor. Lily war vielleicht so dünn wie Ana, aber um fünf Zentimeter kleiner und hatte rundere Hüften. Aber Caro war früher so schlank wie Ana gewesen, ehe sie ständig in der Küche bei dem neuen französischen Koch herumhing. Seither hatte sie sicher zehn Kilogramm zugenommen.
„Natürlich.“ Henry nickte und sah sich um. War der amerikanische Nachbar endlich nach Hause gefahren? Nein, der stand noch immer da und unterhielt sich jetzt mit Pit. Der machte ein Gesicht, wie sieben Tage Regen. Kein Wunder, wo er doch der Stallbursche von St. Gabriel seit Jugendtagen gewesen war.
„Was macht der noch immer hier?“ fragte Philippe seinen Vater mit einer Kopfbewegung zu Harting. „Er kam auf einen Kaffee vorbei...“
„Kaffee? Jetzt ist es sechs Uhr abends“, meinte Philippe trocken. Wahrscheinlich hatte er auf eine Abendeinladung gehofft. „Ich weiß.“ Henry zuckte mit den Schultern.
„Er hat von heute auf morgen Alessandro hinausgeworfen“, sagte Philippe. Seinem Sohn konnte man viele negative Eigenschaften nachsagen, aber sicher nicht fehlende Loyalität. Seinen Cousin verteidigte er immer, gleich was jemand über ihn erzählte. Alessandro war für ihn ein halber Heiliger.
Es änderte nichts an der Tatsache, dass Harting vielleicht rechtlich alles richtig getan hatte und die Öffentlichkeit hinter sich hatte, als er es tat.
„Das wissen wir alle, aber Peter Harting hat Macht, Ansehen und Geld.“ Philippe schnaubte.
„Fuck, der Alte bumst Mädchen, die seine Töchter sein können und wundert sich dann, wenn jemand wie Alessandro kommt und sich in eine dieser jungen Dinger verliebt!“
Mal abgesehen, dass Heather eine Hure war, aber das tat nichts zur Sache, dachte Philippe. Aber schon damals wollte niemand auf ihn hören. Alle dachten, er sei eifersüchtig, dabei war Heather ihm auch nachgelaufen und hatte versucht, ihn zu verführen. Wäre nicht sein Halbbruder eifersüchtig dazwischen gegangen und Alessandro so offensichtlich in seine Stiefmutter verliebt gewesen, dann hätte er vielleicht auch mit Heather geschlafen. Heather hatte das gewisse Etwas gehabt, ohne Zweifel.
Henry atmete tief durch. „Philippe, lass es gut sein. Es ist vorbei. Zudem war es seine Stiefmutter, mit der er schlief.“
Peter Harting sah zu den beiden hin. Er ahnte, dass sie über ihn sprachen. Philippe hatte Alessandro wie einen großen Bruder vergöttert und der Alte war ein versnobter Möchtegern-Geschäftsmann, der dachte, er verdiene mit seinen kleinen Investments genug Geld, um seine gesamte unfähige Familie durchzufüttern.
Catarina war eine andere Sache. Sie war zwar über vierzig, aber sah umwerfend aus, so dass er auf dumme Gedanken kam, wenn sie ihn mit ihren großen grünblauen Augen ansah. Es lag wohl auch daran, dass sie ihrer Schwester, seiner ersten Frau, so ähnlich sah. Nur schade, dass sie auch Alessandros Tante war und dieses Kapitel für ihn beendet war.
Der Alte legte sie wahrscheinlich auch nicht mehr flach. Wie auch? Mit dem Bierbauch! Peter gluckste leise über seine eigenen Gedanken und sah zu dem Mädchen hin, das aus dem Nichts aufgetaucht war. Praktikantin? Ha, ha. Vielleicht sollte er sich so eine nehmen? Die würde ihn wenigstens nicht mit einem Idioten betrügen, weil sie noch nicht weiß, was es alles auf
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