Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schatten der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fromwald
Vom Netzwerk:
nicht schaden würde.
     
    Sie machten sich auf den Weg zu dem eleganten, aber kleineren Speisezimmer, das ebenfalls in üppiger Pracht dekoriert war, wie der Rest des Hauses. An der Wand hing ein Cezanne, den Ana nicht kannte. Woher hatte Vater den und seit wann? Philippe hätte das Bild sicher gerne gesehen. Ach, Philippe... Sie hätte beinahe laut geseufzt. Sie sollte nicht mehr an ihn denken.
     
    „Ist das neu?“ fragte sie ihren Vater, der bereits am Tisch saß.  „Ja, ich habe dieses Jahr gekauft.“
     
    Und wo hatte es vorher gehangen, fragte sich Ana. So ein Bild tauchte doch nicht plötzlich auf.
    „Viele Landsleute hatten andere Probleme in diesem Jahr, als Kunst zu kaufen“, sagte sie.
     
    Sie konnte nicht anders. Wie konnte sich ihr Vater nur in einem Jahr, in dem Argentinien vor einem Bürgerkrieg stand, die Arbeitslosigkeit über 20 Prozent stieg und die Armutsrate über 50 Prozent, und das in einem Land, das früher zu einem der reichsten Länder der Welt gehört hatte, ruhig einen Cezanne an die Wand hängen und dann in die Kirche laufen?!
     
    Don Geraldo lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch. Es war ihr erster Tag zu Hause und sowohl er und auch seine Frau wollten, dass Ana blieb, aber sie machte es ihm nicht leicht. Sie musste immer rebellisch sein, wie ihre Großmutter. Sie wurde ihr von Jahr zu Jahr immer ähnlicher, dachte er mit Schrecken.
     
    Ihre Augen glänzten kampflustig, so als wollte sie mit ihm streiten. Diesen Gefallen würde er ihr aber nicht tun.
     
    „Ana, ich weiß sehr wohl, dass es vielen Argentinos nicht gut geht. Ich beschäftigte genügend Menschen und ich bin nicht blind, aber dieses Bild habe ich von einem Freund gekauft, der das Geld brauchte und ich kaufte es zum Marktwert.“ 
     
    Das war natürlich gelogen und Ana durchschaute ihn sofort. Sie lachte spöttisch auf. „Papa, du kaufst keinen Cezanne zum Marktwert. Du bist ein zu guter Geschäftsmann.“
     
    Er musste auf diesen Kommentar hin auch lachen. Ein Salat wurde als Vorspeise serviert und ein Kellner schenkte allen ein Glas Rotwein ein. Ana sah kurz auf das Etikett.
     
    „Hast du eigentlich die Felder bei Mendoza gekauft, die neben denen von Großvater di Solis lagen? Der Boden dort ist nicht gut.“ Sie wusste es, weil sie es selbst gesehen hatte. Die Felder waren viel zu trocken und ausgelaugt.
     
    „Nein.“ Geraldo schüttelte den Kopf. „Dein Großvater meinte, du hättest ihm auch abgeraten. Wusste gar nicht, dass du an Weinanbau interessiert bist.“  „Ich bin oft über das Feld geritten...“ „Geritten, ach ja.“
     
    Sofern es möglich war, ging Ana nicht, sondern ritt. Geraldo scherzte früher immer, dass sie statt Füßen, Hufe hätte.
     
    Der zweite Gang, das Hauptgericht, ein gegrillter Fisch, wurde aufgetragen. Ana stocherte mit der Gabel im Essen. Sie hatte überhaupt keinen Hunger und wäre ohnehin am liebsten durch die Eingangstüre gleich wieder verschwunden – zudem hatte sie viel zu wenig geschlafen, durch die Zeitverschiebung, die Nacht mit Philippe...
     
    „Schmeckt es dir nicht?“ fragte Elena. „Ich habe keinen großen Hunger“, gestand Ana.
     
    „Du bist doch nicht krank?“
     
    Als Ana jung war, hatte sie wie eine Verrückte gegessen. Sie hatte alles in sich hineingestopft, so dass Elena schon Angst bekam, dass Ana, wenn sie mal aufhörte zu wachsen, dick werden würde. Ana wurde nicht dick und sie stopfte auch nichts mehr in sich hinein, weil sie auch nicht mehr wuchs. Sie war ohnehin für eine Argentinierin sehr groß. Viele Männer waren mit ihr auf Augenhöhe und es gab auch mehr als genügend Männer, die kleiner waren als sie.
     
    „Nein, Mama, ich bin nicht krank!“ rief Ana verzweifelt aus. „Der Fisch ist aber gut. Koste ihn wenigstens.“
     
    Elena konnte nicht anders. Sie war wie viele Mütter, die immer das Beste für ihr Kind wollten. Allerdings war Ana, wie auch viele andere Kinder, anderer Meinung.
     
    „Ich habe ihn gekostet und ich bin kein kleines Kind mehr“, erwiderte Ana. „Das wissen wir alle.“
     
    Es folgten einige Minuten eisigen Schweigens und am liebsten wäre Ana aufgestanden und aus dem Speisezimmer gegangen.
     
    „Großvater hat doch seit einigen Jahren einen neuen Nachbarn“, sagte plötzlich Elena.
     
    „Einen neuen?“ fragte Ana, so als wüsste sie nicht, wen ihre Mutter meinte. „Du weißt schon. Der alte Solanas hat doch einen Enkel.“
     
    „Der hat drei

Weitere Kostenlose Bücher