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Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Schatten der Vergangenheit (German Edition)

Titel: Schatten der Vergangenheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fromwald
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Kante der Tasche ein Auge ausgestochen hätte. Das nannte man wohl Selbstverteidigung mit Einkaufstüten, dachte er amüsiert und grinste breit.
     
    Sie sah ihn noch immer schweigend an.
    „Ich werde bestohlen?“ fragte sie verwirrt und sehr langsam. Er machte sehr oft diesen Eindruck auf Frauen. Weibliche Wesen waren verwirrt, fielen ihm um den Hals, schenkten ihm ihre Dessous, frisch oder getragen und machten ihm amouröse Angebote, zu denen er, falls die Frau schön war, nie nein sagte... Irgendwann mit zwanzig hatte er aufgehört, zu zählen, mit wie vielen Frauen er Sex hatte.
     
    „Jetzt wohl nicht mehr“, meinte er und zeigte auf den Jungen, der um die nächste Ecke lief, wo er in einer Gruppe von Touristen, die eben einen Bus verließen, verschwand. Wahrscheinlich war er schon auf der Suche nach einem neuen Opfer und vielleicht hatte er bei den Touristen mehr Glück.
     
    Sie schüttelte den Kopf und sah wieder in das Schaufenster. Mademoiselle dachte wohl, er sei verrückt. Vielleicht war er das, denn seit wann starrte er Frauen auf der Straße an? War er nun so weit gesunken? Sein Vater würde so etwas erwarten, aber... Das Gesicht des Mädchens  kam ihm so bekannt vor. Sie war ihm vertraut, ihre Bewegungen. Aber woher? Sie tat so, als würde sie ihn das erste Mal im Leben sehen. Las sie keine Zeitungen? Keine Zeitschriften? Überall war ein Bild von ihm.
     
    „Haben Sie nicht schon genug eingekauft?“ fragte er. Sie sah ihn wieder an, musterte ihn von oben nach unten, sofern die Bewegung ihres Kopfes so zu deuten war. Die Sonnenbrille und die verrückte Hutkreation waren immer auf seiner Augenhöhe und machten Augenkontakt unmöglich. Konnte sie damit überhaupt sehen? Er sah genauer hin.
    Hing Stroh auf dem Hut? War das mit Absicht oder hatte sie in einer Scheune gelegen – und das mitten in Paris? Eher unwahrscheinlich. Manchmal nahm die Mode selbst für ihn, der so ziemlich jeden Modewahn mitmachte, unglaubliche Ausmaße an. Nur wann waren diese Hüte wieder in Mode gekommen? Er, der Modefreak, konnte sich daran nicht erinnern.
     
    „Ich denke nicht, dass Sie meine Einkäufe zu interessieren haben“, sagte sie. Aha, er hatte doch richtig gehört. Sie hatte einen Akzent, einen reizenden Akzent. Verdammt, warum nahm sie nur die Brille nicht ab? Diese riesengroße Brille, die aussah als wäre sie von Puck, der Stubenfliege.
     
    „Nein, Sie haben natürlich Recht“, gab er zu und sah nun, dass sie beide vor Cartier standen, einem der berühmtesten Juweliere von Paris. Sie musste schon die gesamte Saint Honoré abgelaufen sein. Ihren Einkaufstaschen nach zu schließen, hatte sie jedes Geschäft dort besucht und in jedem eingekauft. Für zuletzt hatte sie sich wohl die netten, teuren Steine aufgehoben.
     
    Warum liefen ihm immer solche Frauen über den Weg? Ach ja, jetzt fiel es ihm wieder ein, wie hatte er vergessen können, dass auch sein Kleiderschrank – falsch Schränke – zum Bersten voll waren. Er seufzte leise. Er war ein männlicher Shoppingfreak. Er war süchtig nach dem Einkaufserlebnis. Er verstand Frauen nur allzu gut. Und leider war das nicht seine einzige Sucht. In seinem Leben reihte sich eine Sucht an die andere.
     
    „Kein Geld mehr für diesen Einkauf?“ fragte er. Auch dieses Problem war ihm nicht fremd. Sie hatte ihn nicht weiter beachtet, sondern wieder in das Schaufenster gestarrt – genau genommen auf die Auslage mit den sehr provokanten Diamantkreationen, die seiner Meinung nach eher aussahen, als wären sie aus Swarowski Kristallen. Er war immer der Meinung gewesen, dass die meisten Menschen den Unterschied ohnehin nicht erkannten. Aber so eine Meinung auch nur seiner Mutter gegenüber zu äußern, war undenkbar. Die würde ihn zu einem Psychiater schicken und von denen hatte er in den letzten Jahren viel zu viele gesehen.
     
    Sah sie überhaupt etwas mit der dunklen Sonnenbrille? Sie sollte sie abnehmen, dann sah sie den Schmuck besser und musste nicht so starren. Brauchte sie eine richtige Brille? Er konnte den Preis noch von seiner Entfernung, einen Schritt hinter ihr, lesen.
     
    Sie zog die Schultern hoch und seufzte. Es tat ihm beinahe körperlich weh, wie sie litt, dass sie nicht den Schmuck kaufen konnte. Hätte er das Geld gehabt, hätte er ihr etwas geschenkt.
     
    Ehe er allerdings noch eine Bemerkung fallen lassen konnte, drehte sie sich um, voll bepackt wie sie war und winkte ein Taxi heran, das einige Meter entfernt eben einen Fahrgast

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