Schatten Der Versuchung
wollte das Geräusch den Klang seiner Stimme übertönen, wenn er aussprach, was er nicht preisgeben wollte. Was er nicht einmal sich selbst eingestand. Er rieb sein Gesicht an ihrem und vergrub seine Hände in ihrem feuchten Haar.
Natalya hielt unwillkürlich den Atem an. Sie spürte den Konflikt in Vikirnoff und wie verletzlich er in diesem Moment war. »Was willst du mir sagen?«
»Es war, bevor ich dich traf. Lange, bevor ich dich traf, jagte ich den Vampir überall dort, wo ich ihn entdecken konnte. Ich war ein sehr guter Jäger, Natalya, weil mir mein Leben nichts mehr bedeutete. Als mir bewusst wurde, dass ich im Begriff war, zu ebendem Wesen zu werden, das ich jagte, ging ich zu meinem Bruder, in der Hoffnung, seine Nähe würde die stärker werdende Dunkelheit fernhalten.«
Natalya schmiegte sich an ihn und legte ihre Arme um seinen Hals, um ihm genauso Halt zu geben, wie er es bei ihr gemacht hatte. »Sprich weiter, Vikirnoff.« Sie spürte seinen inneren Widerstand und wusste, dass er ihr etwas von sich selbst preisgab, etwas, das ihn sehr viel Überwindung kostete.
Vikirnoff atmete mühsam ein. »Ein paar Jahre half es, aber dann war die Leere in meinem Inneren wie ein Gewicht, das immer schwerer auf mir lastete. Ich hörte auf, die Vampire zu töten, und überließ es Nicolae, sie zu zerstören, nachdem wir sie gefunden hatten. Ich verbrachte einen Großteil der Zeit sogar in einer anderen Gestalt.«
»Alles gute Durchhaltestrategien.« Sie erhaschte in seinem Bewusstsein einen flüchtigen Einblick auf eine trostlose, düstere Existenz, aber es war fast unmöglich, es völlig zu erfassen, ohne mit ihm verschmolzen zu sein, und er hielt sie bewusst auf Distanz.
Vikirnoff schloss die Augen. »Du verstehst nicht, was ich dir sagen will, Natalya. Ich bin einer der alten Karpatianer. Mir ist bekannt, was aus unseren Männern wird, wenn sie weiterleben und jagen und töten. Es gibt einen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Einen Ort in unserem Bewusstsein, wo eine Wahl getroffen wird.«
Natalya runzelte die Stirn und lehnte sich zurück, um die Linien zu betrachten, die sich in sein Gesicht eingegraben hatten. »Was für eine Wahl?«
»In jedem Augenblick unseres Daseins ist uns die drohende Dunkelheit eindringlich bewusst. Wir wissen, dass wir irgendwann eine Entscheidung treffen müssen, um unser Volk und andere Völker der Erde zu schützen, wenn wir unsere Gefährtin nicht finden. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, dürfen wir ihn nicht verstreichen lassen. Wenn wir uns nicht dazu entschließen, den ehrenvollen Weg zu gehen und das Morgengrauen zu suchen, bringen wir unsere Seelen in Gefahr, dass wir irgendwann zu Vampiren werden.«
Natalya legte ihre Hände an sein Gesicht. »Aber wer kann eine solche Wahl treffen?«
»Das ist unser Erbe, Natalya. Wir empfangen die rituellen bindenden Worte, um unsere Spezies und unser Leben zu erhalten. Das ist unser einziger wahrer Schutz. Ohne Licht für unsere Dunkelheit erliegen wir unweigerlich dem Bösen, wenn wir nicht das Morgengrauen suchen.« Sein Blick schweifte ab und kehrte wieder zu ihren grünen Augen zurück. »Ich war weit, sehr weit über diesen Punkt ohne Wiederkehr hinaus. Ich erkannte den Tag meiner Wahl. Ich erinnere mich genau daran, aber ich tat nicht, was erforderlich war, um das Überleben meiner Art zu sichern. Ich wählte das Leben. Ich klammerte mich an das Leben, als ich das Morgengrauen hätte wählen sollen.«
Sie schüttelte den Kopf und strich mit ihren Fingern über die markanten Züge seines Gesichts. »Das ist nicht wahr. Du hast gesagt, dass wir Gefährten des Lebens sind. Bedeutet das nicht, dass du überleben solltest?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich war zu nahe am Abgrund. Du hast es in jener Nacht im Wald gespürt, lange, bevor du mich auch nur gesehen hast. Du wusstest nicht, ob ich Jäger oder Vampir war. Ich wusste es selbst nicht.« Er scheute nicht vor der unerbittlichen Wahrheit zurück. »Ich weiß nicht, ob nach diesem ersten Mal jemals ein zweiter Moment der Entscheidung kommt. Ich kann dir nicht sagen, ob Razvan überhaupt wusste, dass es einen solchen Zeitpunkt gibt. Es war so lange her, seit ich Empfindungen gehabt hatte, dass mein Geist anfing, Orte aufzusuchen, an die er nie hätte gehen dürfen, aber ich war nicht in der Lage, es zu verhindern.«
Natalya holte tief Luft und vergrub ihre Finger in seinem Haar. In ihm waren so viele Emotionen. Sie reichten tief und rissen tiefe Wunden der
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