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Schatten Der Versuchung

Titel: Schatten Der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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Einsamkeit, wenn sie zurückkehrte?
    Es ist eine Täuschung, Natalya, ein Versuch, dein Denkvermögen zu trüben. Du gehörst zu mir. Dein Vater würde nicht wollen, dass du hier mit ihm eingesperrt bist. Du kannst ihn nicht retten. Was passiert ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden. Komm mit mir, ainaak enyém, verbinde dich mit mir und werde eins mit mir. Vikirnoff setzte alle Mittel ein, die ihm zur Verfügung standen, Autorität, Verführung, Druck – alles vereinte sich in seinen sanften Worten und zog sie mit der reinen Kraft des Charakters und des Willens, die er im Lauf vieler Jahrhunderte entwickelt hatte, an den Zeitsträngen zu ihm zurück.
    Sie hörte einen Wutschrei, als sie sich von ihrem Vater und seinem Folterer entfernte, sich zurückzog von den gierigen Klauen der kleinen dunklen Schatten und immer höher stieg. Die Schatten folgten ihr, streckten die Hände nach ihr aus, um sie festzuhalten, und als Natalya sich ihrer eigenen Zeit näherte, tanzten grellweiße Gestirne um sie herum und versuchten, sie mit kurzen Einblicken in die Zukunft zu locken.
    Natalya klammerte sich noch fester an Vikirnoff und ließ sich tiefer in sein Bewusstsein gleiten, wo sie in Sicherheit war. Vikir-noff würde sie nie im Stich lassen. Sie verschloss sich innerlich vor den viel zu eindringlichen Erinnerungen an den qualvollen Tod ihres Vaters und öffnete sich ihrem eigenen Leben in ihrer eigenen Zeit, wie auch immer es sein mochte. Natalya brauchte nicht in der Vergangenheit zu bleiben. Sie entschied sich für das Hier und Jetzt.
    Sie fand sich in ihrem eigenen Körper wieder, so entkräftet, dass sie auf den Boden der Eishöhle gesunken wäre, wenn Vikir-noff sie nicht an sich gezogen hätte. Sie hielten einander eng umschlungen. Natalya erschauerte immer wieder, und Vikirnoff zitterte in dem Bewusstsein, dass er sie beinahe verloren hätte.
    Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Mein Vater.« Sie bekam die Worte kaum heraus, so rau war ihre Kehle vor Kummer. »Er wurde gefoltert.«
    »Ich weiß, ainaak enyém.« Zärtlich strich er ihr übers Haar, um sie zu trösten. »Es tut mir so leid.« Sie hatte die Qualen ihres Vaters nicht nur gesehen, sondern am eigenen Leib erlitten. »Ich hätte alles gegeben, um dir diese Erfahrung zu ersparen.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste ihre Tränen weg.
    Natalya hob den Kopf und betrachtete sein Gesicht, das Blut auf seiner Stirn, die Spuren von blutroten Tränen auf seinen Wangen. Er hatte dasselbe mitgemacht wie sie, und er empfand denselben wilden Kummer und Zorn wie sie. Sanft strich sie ihm über die Stirn, berührte die Tränenspuren mit ihren Fingerspitzen und lehnte sich an ihn. »Danke, dass du bei mir bist.«
    »Ich werde immer bei dir sein, Natalya.« Noch während er sie beruhigte, fiel ihm auf, dass das Rauschen des Wassers so ohrenbetäubend laut geworden war, dass die Eiskammer bebte. Er warf einen Blick auf die rostrote Pfütze, die sich mit jedem Tropfen vergrößerte, aber nicht tiefer wurde, sondern sich wie ein riesiger Fleck ausbreitete. »Wir müssen gehen, Natalya.« Die Wasserlache anzugreifen, ohne zu wissen, worauf er sich einließ, könnte in dieser Höhle voller magischer Fallen Selbstmord sein.
    Sie holte tief Luft und hielt sich mit beiden Händen an seinen Armen fest. »Ich muss das Messer finden. Du hast es gesehen. Du warst in meinem Bewusstsein. Ich muss das Messer bekommen.« Sie schaute sich in der Eishöhle um. »In der Nische befindet sich ein gewaltiges Waffenlager. Das dürfte der wahrscheinlichste Platz sein.«
    »Du musst dich beeilen. Die Vampire sind fast schon hier. Wir werden uns den Weg nach draußen freikämpfen müssen«, ermahnte er sie.
    Vikirnoff unterdrückte seinen angeborenen Instinkt, Natalya einfach zu packen und aus der Gefahrenzone zu bringen. Ihm wurde allmählich klar, dass es problematisch war, eine Gefährtin zu haben. Sich mit Natalya in dieser Höhle aufzuhalten, war ganz und gar nicht das, was er wollte oder brauchte, aber er musste sie in jeder Beziehung unterstützen, auch wenn es ihm gewaltig gegen den Strich ging. Ihre Persönlichkeit erforderte einen gewissen Grad an Freiheit, und es kam nicht immer darauf an, was ihm am besten erschien.
    Er wusste, dass sie ihre Mission vollenden musste. Und nun, da sie erfahren hatte, dass ihr Vater gefoltert und ermordet worden war, war es wichtiger denn je. Er gab ihr Rückendeckung, indem er sich mit ihr über den Eisboden bewegte und dabei mit den

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