Schatten der Wahrheit
Schlachtfelder sehen, um auch den größten Tatendrang zu befriedigen.
»Zuerst müssen wir eines klarstellen«, bemerkte Tara Campbell. »Wenn Sie mir als Adjutantin eine Hilfe sein wollen, müssen Sie offen reden, so wie auf Addicks. Nichts von diesem >Ja, Ma'am<-, >Nein,
Ma'am<-Zeugs. Sag's, wie's ist und lass den Teufel sich schämen, wie mein Vater es ausdrückte.«
»Ja, Ma'...« Kapitänin Bishop unterbrach sich. »Ich werde mein Bestes tun. Aber draußen im Feld ist das erheblich leichter.«
Die Countess of Northwind lachte. »Glauben Sie mir, Kapitänin Bishop, Sie sind nicht die Erste, der das auffällt.«
November 3133, Trockenzeit
Der letzte Ort, an dem Anastasia Kerensky bei ihrer Rückkehr nach Northwind erwartet hatte, einen Abend zu verbringen - mehr als einen Abend, um genau zu sein -, war inkognito bei einem Bier in einer Kneipe in Fort Barrett, nicht einmal mit ihr em Offiziersvertrauten und gelegentlichen Liebhaber Nicholas Darwin als Begleitung. Täuschungsmanöver und Verkleidungen entsprachen nicht ihrem Naturell. Während sie auf Dieron und Achernar als Tassa Kay für die Republik gekämpft hatte, hatte sie die unübersehbaren Leistungen ihres anderen Ichs genossen und nicht einmal versucht, ihr Aussehen oder ihr Auftreten zu verändern. Tassa Kay war einfach eine von den Zwängen durch Clan und Blutname befreite Version Anastasia Kerenskys gewesen, frei, sich in jeder Hinsicht so zu benehmen, wie es ihr gefiel. Sie hatte es genossen, Tassa Kay zu sein.
Aber diesmal war sie gezwungen gewesen, eine Identität anzunehmen, die ihr so fremd war, dass sie sich an ihr scheuerte wie an einem schlecht sitzenden Schuh. Sie hatte das für sie typische, glänzend schwarze Haar mit rötlichen Glanzlichtern zu einem matten Braun aufgehellt. Es war für diese Rolle notwendig, um nicht aufzufallen, doch sie würde froh sein, wenn es damit vorbei war. Ihre anliegende Lederjacke und die enge Hose hatte sie gegen eine praktische Reisekleidung getauscht: robuste Stiefel mit dicken Sohlen und VVollsocken; eine kurze Wanderhose, ein weites Oberhemd und einen weichen Hut mit breiter Krempe; Rucksack und Wanderstock.
Die gesamte Ausstattung stammte aus den Spinden der besetzten Bohrplattform. Der MedTech, Ian Murchison, hatte ihr die Sachen auf ihren Befehl hin zusammengesucht, ebenso wie die Haartönung, wenn auch mit einer Miene, die ausdrückte, dass ihm diese Arbeit nicht behagte. Alles in allem jedoch akzeptierte der einzige Überlebende der Bohrturmbesatzung seinen Status als Leibeigener so, wie man es von einem Nicht-Clanner erwarten konnte.
Nicholas Darwin war ähnlich ausstaffiert, und aus derselben Quelle. Allerdings fand Anastasia, dass ihm der Wandervogel-Look weit besser stand als ihr. Er war von kompaktem Körperbau, nicht zu groß, aber ziemlich stark, wie es sich für einen Krieger gehörte, der seine Kämpfe in der engen Kabine eines Panzers focht. Die kurze Hose brachte seine dunkle Haut und die muskulösen Beine ausgezeichnet zur Geltung.
Anastasia und Nicholas warteten jetzt seit über einer Woche im >Riggers' Rest<, getarnt als Touristen auf einer Wandertour die Oilfieldsküste entlang. Sie hatten sich auch eine Erklärung für ihren fremdartigen Akzent zurechtgelegt, aber Fort Barretts boomende Ölindustrie hatte in den letzten Jahrzehnten so viele Fremdwelter angelockt, dass niemand sie darauf angesprochen hatte.
Sie waren wegen einer mysteriösen kodierten Botschaft hier, die über die Hauptkommanlage auf Bal-four-Douglas 47 eingetroffen war. Eine derartige Nachricht hätte Anastasia Kerensky eigentlich nie erreichen dürfen. Kommunikations- und Geheimdienstspezialisten der Stahlwölfe arbeiteten angestrengt daran, jede Unterbrechung im üblichen Strom der Nachrichten und Berichte aus der Station zu verhindern. Soweit es die Außenwelt betraf, ging auf Balfour-Douglas 47 alles seinen gewohnten Gang.
Trotzdem war eine Nachricht eingetroffen, und aus einer Quelle, die niemals hätte wissen dürfen, wo sie war, geschweige denn, wie man sie erreichen konnte: Fort Barrett. Ein Ort Ihrer Wahl. Ich finde Sie. Reden wir über ein Geschäft.
Diese Nachricht hatte sie veranlasst, seit zwölf Tagen einheimisches Bier aus schweren Glaskrügen zu trinken und getrocknete und gesalzene Quallenhaut zu essen. Die Quallenhaut war eine populäre lokale Kneipenknabberei, von der Sorte, die Touristen einmal und nie wieder probierten. Inzwischen machte sich Anastasia langsam Sorgen, sie könnte auf
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