Schatten der Zitadelle (German Edition)
gegenübersitzenden Mor'grosh an.
Der Schattenkönig - der, den er eigentlich so unfassbar für das hasste, was er ihm angetan hatte - sein Vater?
Außer sich sprang er vom Stuhl hoch und lief im Raum auf und ab, immer wieder die Hände vors Gesicht schlagend, weil er diese schmerzvolle Tatsache nicht wahrhaben wollte.
Aber es musste stimmen... die Ähnlichkeiten zwischen ihnen waren unverkennbar. Wer sonst sollte die ganze Geschichte über das Verschwinden seines Vaters so glaubwürdig erzählen können?
Nach einigen Minuten, die Broxx wie Jahre der Verdrängung vorkamen, durchbrach der König das Schweigen.
"Broxx… mein geliebter Sohn… wirst du dich mir anschließen, um deine Mutter zu retten?
Damit wir endlich wieder eine Familie werden können?"
Mit der Kraft unbändiger Wut schlug Broxx mit der Faust gegen die Wand. Es knackte kaum hörbar und Blut quoll von den Knöcheln.
"Ich mich dir anschließen?
Du opferst das Leben von zehntausenden, nur um vielleicht das eine deiner Frau wieder zu gewinnen.
Du lässt deinen eigenen Sohn durch die Hölle gehen, all seine Liebsten verlieren!"
"Aber Broxx…"
"Kein aber! Züchtest widerwärtige Kreaturen, deren Existenz das Leben selbst verspottet!
Du bist der grausamste Herrscher und größte Verbrecher, den diese Welt jemals gesehen hat.
Dir werde ich mich niemals anschließen!"
Wenn Garthrak erbost war, so ließ er es sich nicht anmerken.
"Wenn das so ist, dann hast du ja genügend Zeit, dich noch anders zu entscheiden, während du mein Gast bist", bemerkte er kühl und verließ die Zelle.
Broxx blieb mit all seinen negativen Emotionen zurück und setzte sich an den Tisch, sackte zusammen.
Die Ungewissheit hatte sich in Bedauern verwandelt.
Immer hatte er sich einen Vater gewünscht, sich in seinen Träumen einen starken, tapferen Abenteurer vorgestellt. Aber mit diesem Monster wollte er nichts zu tun haben.
Mit der Gewissheit erwachte wieder das Verlangen, den Verbrecher zu töten.
Ich muss hier raus.
***
Broxx hörte hastige, tippelnde Schritte im Gang.
Anhand seines Mahlzeitenrhythmus konnte er mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass es Nacht war. Schlafen konnte er nicht, die Offenbarung des Schattenkönig beschäftigte ihn zu sehr.
Plötzlich klopfte es leise an der Tür.
Auf alles gefasst ging er Abwehrhaltung.
Wer mochte das sein? Etwa sein Vater? Oder einer seiner Häscher? Vielleicht würden sie ihn jetzt in einen Schatten verwandeln…
Das Schloss wurde geöffnet, dann ging die Tür einen Spalt weit auf und eine schmale Gestalt zog sich in das Zimmer.
"Broxx, wo bist du?", fragte eine helle Frauenstimme.
Sie entzündete eine Kerze.
"Elune!?", platzte es ungläubig aus dem Mor'grosh heraus. "Aber wie…?"
"Psst! Nicht so laut! Man darf uns nicht hören."
„Wieso bist du wieder… Du? Und warum zum Teufel bist du hier?"
"Also, die schnelle Version, wir haben keine Zeit…"
Plötzlich ertönten wieder Schritte.
"Verdammt! Hier, nimm!", fluchte die Elfe und drückte ihm Reißer in die Hand. Ehe sie eilends den Raum verließ, fügte sie hinzu: "Mit ihm kannst du dich befreien. Seine Kraft reicht aus, um das Obsidium zu zerstören und die Schutzzauber zu umgehen."
Dabei schloss sie die Zellentür wieder ab. Broxx versteckte Reißer im Schrank und sprang ins Bett, um so zu tun, als schliefe er.
Etwa eine halbe Minute später hörte er einen Mann sagen:
"Kommandantin Elune, alles in Ordnung?"
"Alles bestens, Gilräen. Ich habe nur sichergestellt, dass unser Gefangener keine Dummheiten macht. Pass du weiter auf ihn auf." Dann zog sie mit ihren üblichen, festen Schritten davon.
"Verstanden, Kommandantin!", verabschiedete sich der Soldat.
Allerdings schien er seine Aufgabe kein bisschen ernst zu nehmen, denn nach wenigen Minuten verließ er seinen Posten und marschierte davon, ohne zurückzukehren.
Seit wann können Schatten Befehle verweigern?
, fragte sich Broxx verwundert.
Weitere Zeit verschwendete er jedoch nicht an den Gedanken, denn er begann sofort, die Wände abzuklopfen, um festzustellen, hinter welcher sich ein Hohlraum befand. Er beabsichtigte nicht, in aller Offensichtlichkeit durch die Gänge zu spazieren.
Tatsächlich fand er an der Schrankseite eine Stelle, an der es dumpf hallte, wenn man dagegen schlug.
Er vergewisserte sich, dass wirklich keine Wache in der Nähe war und nahm Reißer fest in beide Hände.
Mit aller Kraft wuchtete er die Breitseite des Krähenschnabels gegen das
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