Schatten Des Dschungels
Spanisch. Eine von ihnen, die Schwarzhaarige mit dem roten Käppi, lacht laut auf, das goldene Kreuz um ihren Hals blitzt in der Sonne. Ich weiß über sie nur, dass sie Lindy heißt und Kolumbianerin ist. Die andere, Michelle, ist eine dunkelhäutige amerikanische Biologin. Ihr Körper ist klein, zäh und kompakt, wahrscheinlich könnte sie durchs Gebüsch pflügen wie ein Panzer. Ihre raue, tiefe Stimme passt nicht recht zu ihr. Irgendetwas an ihr irritiert mich, aber ich weiß nicht genau, was.
Als das Gepäck verladen ist, geht es endlich los. Falk lässt mich am Fenster sitzen, und ich beobachte, wie Georgetown unter uns vorbeizieht, ein grünes Schachbrett aus Straßen und Häusern. Minutenlang fliegen wir über Reis- und Zuckerrohrplantagen. Dann endlich beginnt der Wald, noch hier und da verletzt und vernarbt durch Rodungen. Aber je länger wir fliegen, desto dichter wird er, zwischen den Baumkronen ist keine einzige Lücke mehr, der Wald sieht aus wie ein endloses Brokkolifeld. Flüsse schneiden dunkle Bänder in das Grün, es wirkt, als würden sie fremdartige Buchstaben in die Landschaft malen. In der Ferne erheben sich einzelne Tafelberge.
»Das da unten ist der Mazaruni River«, sagt Falk schließlich. Er lehnt sich über mich, um ebenfalls einen Blick nach draußen zu werfen. Sein Körper ist ganz nah. »Wusstest du, dass hier Entdecker jahrhundertelang nach El Dorado, der Goldstadt, gesucht haben?«
»Wahrscheinlich ohne viel Erfolg, oder?«, vermute ich.
»Genau. Es gibt zwar Gold hier. Aber es aus dem Dschungel zu holen ist ziemlich mühsam.«
Wir landen auf einer Dschungelpiste bei dem indianischen Ort Kamarang, der aus ein paar Dutzend einfachen Holzhäusern, zwei Kneipen und einer Polizeistation besteht. Immerhin tragen ein paar der Dächer Satellitenschüsseln, was mich auf die Idee bringt, mein Handy zu checken. Unglaublich, es hat Empfang, ich könnte von hier aus meine Eltern anrufen; und das tue ich auch gleich mal, denn Michelle, unsere Teamleiterin, steckt gerade in einer langatmigen Diskussion mit dem Polizeichef über unsere Genehmigungen, die sie gestern in Georgetown beschafft hat.
»Cat!«, ruft Juliet durchs Telefon. »Wo bist du gerade?«
»Im Nordwesten von Guyana«, erkläre ich. »Und du?«
»Eigentlich unter der Dusche – ich tropfe gerade das ganze Bad voll«, erklärt Ju und ich muss lachen. Nachdem wir geklärt haben, dass hier alles cool ist und ich noch keine Schlange gesehen habe, lege ich lieber auf, sonst wird meine Telefonrechnung ungefähr so angenehm wie ein Schlag in den Magen.
Nachdem das mit den Genehmigungen geklärt ist, organisieren wir im Dorf frischen Proviant, darunter Ananas, Mangos und ein riesiges Büschel grüner Bananen. »Plantains, Kochbananen«, erklärt mir Lindy, die neben mir steht. »Die machen gut satt.« Wir sprechen jetzt Englisch, das können alle Mitglieder des Teams.
Die Einheimischen haben kupferbraune Haut und tiefschwarzes Haar, die meisten tragen bunte T-Shirts und Shorts. Eine der Frauen streckt mir etwas entgegen, das in ein Bananenblatt gewickelt ist, und sagt freundlich: »You can eat – good eating that!«
Ich bedanke mich lächelnd, und Falk wirft einen Blick auf das, was ich auswickele. »Sieht nach gegrillter Anakonda aus«, sagt er. »Hab ich bei der letzten Reise mal probiert, weil unser Guide am Straßenrand eine angefahrene entdeckt und gleich fürs Abendessen mitgenommen hat. Schmeckt wie Fahrradreifen.«
Ich mag keinen Fahrradreifen essen und reiche das Stück an Pancake weiter, der es ohne weitere Umstände wegputzt und in seinem englisch-deutschen Mischmasch etwas darüber murmelt, dass es die Kaumuskeln fit halte. Auch Jonas bekommt von der Frau ein Stück und beißt neugierig hinein. Staunend schaue ich zu. Moment mal, das sind doch alles Umweltschützer, haben die vor, sich in den nächsten Wochen quer durch die Rote Liste der bedrohten Tierarten zu essen? Und Falk, ist der nicht Vegetarier? Falk scheint meine Gedanken lesen zu können, denn er grinst und sagt: »Tot ist tot. Dann kann man es auch essen.« Und Lindy empfiehlt mir geräucherten Piranha, der sei echt lecker.
Wir probieren auch noch Maniokbier. »Gar nicht übel«, sagt Jonas, er hat den Becher schon halb geleert. »Sehr süffig.«
»Um es herzustellen, spucken die Frauen in den Sud, das löst die Fermentierung aus«, erzählt Lindy, woraufhin Jonas den Rest seines Biers auf die Erde prustet.
Am Ufer des Flusses sind ein Dutzend schmale
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