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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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hölzerne Boote mit Außenbordmotor vertäut, aber wir bekommen ein anderes Transportmittel – ein doppelt so breites, floßartiges Etwas. »Luftkissenboot«, sagt Pancake, schöpft seine Basecap voll mit Flusswasser und setzt sich das Ganze auf die rotbraunen Rastalocken. »Aaah. Schön kühl.« Gute Idee, ich mache es gleich nach. Schon nach einer Viertelstunde hat die Sonne meine Kappe wieder getrocknet.
    Fast lautlos gleitet das Luftkissenboot über den Fluss; lässig hockt einer unserer beiden indianischen Guides auf dem Bug und lässt die Beine herabbaumeln, während sein Kollege steuert und uns in der Mitte des Flusses hält. Die Luft ist warm und feucht, und ich genieße den Fahrtwind, der durch meine Haare fächelt. Wir sitzen in unseren T-Shirts und kurzen Hosen hinten, werden in der tropischen Sonne langsam geröstet und fotografieren alles, was uns vor die Linse kommt. Das Ufer ist üppig bewachsen, ein dichtes grünes Gewirr von Bäumen, Lianen und Büschen, hin und wieder ragt ein abgestorbener Stamm ins Wasser hinein. Buntes Gefieder blitzt auf, als ein Tukan durchs Ufergebüsch flattert; sein Schnabel ist so riesig, dass er fast schon unecht wirkt. Mein Herz führt einen Freudentanz in meiner Brust auf, am liebsten würde ich aussteigen und zu Fuß weitergehen. Wie lange es wohl dauern wird, bis ich mich mit diesem Wald angefreundet habe? Wird er mir fremd erscheinen oder irgendwie vertraut?
    Das Wasser ist erstaunlich kühl, als ich die Hand hineinhalte. Aber es sieht ganz anders aus als jeder Fluss, den ich kenne: Das Wasser hat die Farbe von Cola oder Tee. »Der Mazaruni River ist ein Schwarzwasserfluss«, erklärt Falk, als er meinen Blick bemerkt. »Hat etwas mit dem Boden zu tun.«
    »Kann man das Wasser trinken?« Einen kurzen Moment lang stelle ich mir vor, dass ich im Schlaraffenland gelandet bin und das Wasser wirklich nach Cola schmeckt.
    »Ja, kann man. Aber an deiner Stelle würde ich die Finger aus dem Fluss nehmen.«
    Schnell ziehe ich die Hand zurück. »Kaimane?«
    »Piranhas«, sagt er gleichmütig. »Normalerweise greifen sie nur an, wenn man blutet, aber Fingerspitzen, die durchs Wasser gezogen werden, können sie schon in Versuchung führen.«
    Uäh. Mag ich mir gar nicht vorstellen.
    »Falk?«, frage ich.
    »Ja?«
    »Ganz ehrlich – hast du eigentlich manchmal Angst?«
    »Klar. Aber nicht vor Piranhas. Menschen sind viel gefährlicher.«
    Kurz darauf kommen wir zu den ersten Stromschnellen, wir werden durchgeschüttelt und mein T-Shirt ist inzwischen tropfnass. Erstaunt bekomme ich mit, dass unser Steuermann mehrere Wasserfälle ankündigt. »Wie genau kommen wir da drüber?«, frage ich misstrauisch, doch der Mann ist schon dabei, zwei Tragflächen aus den Seiten des Bootsrumpfs auszuklappen. Dann dreht er den Motor richtig auf und grinst uns an. Falk und Pancake grinsen zurück wie zwei Jungs auf dem Jahrmarkt.
    »Festhalten!«, ruft Michelle und ich kralle beide Hände in die Haltegriffe an der Bordwand.
    Das Boot schießt voran, und als der Fluss unter uns ganz plötzlich nach unten verschwindet, gleiten wir einfach weiter, über die Kante hinweg … bis wir mit einem Fump wieder auf dem Wasser aufsetzen. Nur jetzt eben ein paar Meter tiefer. Wir johlen begeistert.
    Ein paar Stunden später legen wir am Ufer an und gehen zu Fuß weiter. Ich bin froh, dass unsere beiden Guides beim Tragen der Ausrüstung helfen, wir haben so viel Zeug. Mein T-Shirt ist zwischendurch getrocknet, dafür aber jetzt schweißdurchtränkt, weil die Luft so warm und feucht ist. In den letzten Stunden habe ich drei Flaschen Wasser heruntergegluckert, die sind anscheinend einfach so verdunstet, aufs Klo muss ich jedenfalls nicht.
    Wir tauchen ein in den Regenwald. Ich bin sofort fasziniert davon, weil er so anders ist, als ich erwartet habe. Viel lichter, offener. Es gibt kaum Unterholz, deshalb müssen wir uns keinen Pfad freihacken. Einer der jungen Guyaner geht in seinen bunten Shorts und Badelatschen voraus und schlägt nur hier und da mit seiner Machete einen in den Pfad hineinragenden Zweig oder eine Liane ab. Ganz locker aus dem Handgelenk.
    Es ist dämmrig und kühl im Inneren des Waldes, nur etwas grünes Licht dringt durch die Kronen zu uns durch und manchmal zeichnen Sonnenstrahlen leuchtende Flecken auf den Boden. Ich fühle mich wie in einer Kathedrale. Nur ist hier alles lebendig, deshalb riecht es auch nicht nach Stein und alten Gebetsbüchern, sondern ein bisschen modrig nach feuchten

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