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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Klartext, Cat. Ich denke, das sind wir dir schuldig.«

Last Hope
    Lindy, Pancake, Falk und ich gehen zum Lagerfeuer, setzen uns im Kreis um die Glut. Falk ist neben mir, und sein Gesicht ist in diesem Moment alles, was ich sehe. Leise beginnt er zu sprechen. »Früher riskierte man sein Leben, wenn man in den Dschungel reiste – es gab hier feindliche Indianer, Krankheiten, wilde Tiere«, sagt er. »Die meisten Entdecker sind innerhalb von ein paar Wochen an Gelbfieber oder Malaria verreckt, wenn sie nicht vorher schon einen Speer abgekriegt haben. Durch all diese Gefahren gab es ein starkes Tabu, das den Regenwald schützte. Und jetzt?«
    »Die Indianer haben Dieselgeneratoren und gucken in ihren Versammlungshütten Star Trek «, sagt Lindy und seufzt.
    »Gegen Gelbfieber gibt’s ’ne Impfung und gegen Malaria auch«, fügt Pancake düster hinzu. »Klar, es gibt noch Parasiten und Insekten und Piranhas, but who cares.«
    »Erinnerst du dich an diesen Artikel im Spiegel ?«, fragt mich Falk. »Den über die Tsetsefliege?«
    Ich nicke. Ja, an den kann ich mich erinnern. Wegen der Tsetsefliege, die die für Rinder und Menschen gefährliche Schlafkrankheit überträgt, können Teile Afrikas nicht besiedelt werden.
    »Dieser Artikel brachte uns auf eine Idee – es müsste dieses alte Tabu wieder geben«, sagt Falk, keinen Moment lang lässt er mich aus den Augen. »Nur das kann verhindern, dass immer mehr Siedler, Holzfäller, Goldgräber und Biopiraten in den Wald eindringen und ihn zerstören. Ich bin immer noch sicher, dass das der einzige Weg ist, den übrigen Regenwald zu bewahren. Wenn es funktioniert, könnten wir mit dieser Methode auch andere Wildnisgebiete schützen. Wir probieren es hier zum ersten Mal aus.«
    »Aber … woraus besteht dieses Tabu?«, frage ich und fürchte mich vor der Antwort, die ich schon ahne. Die weitaus schlimmer ist als alles, was ich bisher vermutet habe.
    »Well, das war mein Part bei der ganzen Sache«, erklärt Pancake mit einem Anflug von Stolz. »Ich habe diesen Hautpilz, den es bei Amphibien gibt, so verändert, dass sich Menschen damit anstecken können.«
    Einen Moment lang bin ich sprachlos. Darauf bin ich nicht gekommen – weil es so vollkommen wahnsinnig ist. Auf meinen Armen bildet sich eine Gänsehaut. »Ihr habt die Holzfäller mit … irgendetwas … angesteckt?«
    »Die kommen garantiert nicht zurück – und sie werden die anderen warnen«, sagt Lindy zufrieden, und gerade diese Zufriedenheit ist es, die mich endgültig in die Luft gehen lässt. »Ihr spinnt doch! Das ist der totale Wahnsinn! Wieso habt ihr nicht einfach die Behörden benachrichtigt, damit sie diese illegalen Holzfäller einkassieren? Oder Greenpeace, die Presse, was weiß ich!«
    Falk schüttelt den Kopf, seine Lippen sind ganz schmal. »Die können nicht viel tun. Gesetze gibt es in den meisten Ländern gegen die Ausbeutung der Natur. Nur leider schert sich keiner darum, sie werden auch kaum durchgesetzt.«
    »Beispiel Thailand«, hakt Lindy ein, ihre schwarzen Augen blitzen. »Dort hat ein Unternehmer kürzlich ein Korallenriff gesprengt, weil es seinem Bauprojekt im Weg war. Natürlich hat er eine Strafe bekommen. Genau hundert Dollar.«
    Hundert Dollar! Oh Mann. Ja, so läuft es tatsächlich immer und immer wieder, ich fühle mich jedes Mal hilflos und wütend, wenn ich davon höre. Genau das war es, was mich zu Living Earth geführt hat, wenigstens hilflos wollte ich mich nicht mehr fühlen, es ging mir darum, etwas zu tun, etwas zu bewegen. Tja, und jetzt bin ich mittendrin, jetzt habe ich mit dieser Aktion gegen die Holzfäller schon mehr getan, als ich jemals vorhatte. Okay, es hat gewirkt, aber …
    »Die Weltpresse bringt ab und zu einen Artikel über Rodungen im Regenwald«, schiebt Pancake noch hinterher. »Resonanz: meist null.«
    Michelles Stimme klingt nüchtern. »Im Laufe der Erdgeschichte gab es fünfmal ein massenhaftes Artensterben. Drei Viertel aller Pflanzen- und Tierarten oder noch mehr, für immer weg. Meist lag’s an einer schnellen Klimaveränderung. Zurzeit sterben zum sechsten Mal sehr viel mehr Arten als sonst, und du darfst mal raten, wer schuld ist.«
    Ich muss nicht raten – ich weiß es. Der Mensch.
    Falk achtet nicht auf die anderen, nur mich blickt er an. »Wir haben lange darüber diskutiert, ob wir diesen Hautpilz tatsächlich auswildern sollen«, sagt er. »Cat, ich hätte es nicht getan, wenn ich noch irgendeine andere Chance gesehen hätte. Wir Menschen

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