Schatten Des Dschungels
Frech grinst er mich dabei an, aber ich nehme es nicht persönlich, mein Hellblond ist sowieso nicht echt, von Natur aus sind meine Haare braun.
Ich lehne mich gegen Falks Schulter, sein Arm liegt um meine Hüfte, und am liebsten würde ich diesen Moment festhalten, ihn so abspeichern, dass ich ihn noch tausendmal aufrufen kann. Wie kann es sein, dass ich mich heute so wohlfühle mit diesen Menschen, die mir gestern fast schon unheimlich waren?
Schließlich gehen Falk und ich allein zurück, die anderen bleiben noch. Als wir im Camp sind, schaltet Falk einfach die Taschenlampe aus. »He! Was wird das, wenn es fertig ist?«, beschwere ich mich und bleibe völlig orientierungslos stehen.
»Weißt du eigentlich, was mir am Dschungel immer gefallen hat?«, höre ich Falks Stimme aus der Finsternis. »Es ist so unglaublich dunkel hier, so etwas kennen die meisten Leute gar nicht.«
Langsam entspanne ich mich, öffne mich für das, was um mich herum geschieht. Falk hat recht. Die Schwärze hier ist absolut. Wahrscheinlich ist der Regenwald der dunkelste Ort der Welt – die nächste Straßenlaterne ist weit entfernt, die Sterne sieht man vom Boden aus nicht und anderes Licht erkenne ich gerade keins. Ich hebe die Hand, halte sie vor mein Gesicht und stelle fest, dass ich sie nicht erkennen kann. Das ist unheimlich, aber auch faszinierend.
Fingerspitzen fahren über meinen Arm, weiche Lippen tasten über meinen Hals und ein Schauer durchläuft mich. Falk steht genau hinter mir, seine andere Hand hat mein T-Shirt hochgeschoben und liegt auf der bloßen Haut meiner Taille, schwer und warm. Gleitet höher, ohne jede Eile. Mein ganzer Körper beginnt zu glühen, und ich lasse den Kopf zurücksinken gegen Falks Schulter, liefere mich seinen Berührungen aus in dieser vollkommenen Dunkelheit.
Bis mich tanzende Lichter aufschrecken. »Mist, da kommen die anderen, ich sehe ihre Lampen.«
»Schau mal genau hin – das sind Glühwürmchen, du Blindschleiche«, neckt Falk mich leise und schaltet seine Taschenlampe ein. Nun weiß ich wieder, wo ich bin … und ziehe Falk zu meiner Hängematte, jetzt gleich will ich ihn spüren, jetzt sofort. Wer weiß, wie viel Zeit wir haben, bis Pancake hier wieder am Lagerfeuer sitzt und schlechte Witze reißt.
Als ich am nächsten Morgen aufwache, bin ich allein in der Hängematte, das Surren des Quadrocopters hat mich geweckt. Falk hockt am Ausrüstungszelt, einen schwarzen Kaffee und den gähnenden Pancake neben sich. Konzentriert steuert er unser fliegendes Auge zu den Holzfällern – sie sind schon wieder bei der Arbeit, als sei nichts geschehen. Falks Knöchel werden weiß, so heftig umklammert er die Fernbedienung, ich rechne jeden Moment damit, dass er sie beiseiteschleudert. Aber er tut es nicht, sondern legt den Quadrocopter einfach in die Kurve und bringt ihn heim.
»Keine Panik«, sagt Pancake und gähnt schon wieder, seine Augen sind gerötet von zu wenig Schlaf und dem Rauch des Lagerfeuers. Sein dünnes orangefarbenes T-Shirt spannt über seinem Bauch. »So schnell geht das doch eh nicht. Ich wette auf übermorgen.«
Er behält recht. Am übernächsten Morgen – Jonas ist schon losgeklettert in seine Baumwipfel – hat sich im Holzfällerlager etwas verändert. Ich sehe eine Motorsäge herumliegen, wo ist ihr Besitzer? Auf den ersten Blick sieht das Lager verlassen aus, nichts bewegt sich, kein Rauch steigt mehr auf. Doch auf den zweiten Blick sehe ich zwei Männer, der eine schnürt hastig irgendetwas zusammen – eine Decke? Seine Hängematte? –, der andere taumelt auf den Wald zu, er scheint es eilig zu haben.
»Wo will der denn hin?«, murmele ich verblüfft.
»Wahrscheinlich einfach weg«, sagt Falk. »Raus aus der grünen Hölle.«
Als er sich zu uns umdreht, sehe ich unter der Datenbrille das breite Grinsen auf seinem Gesicht. Falk stellt auf automatische Steuerung um, dann umarmen er und Pancake sich und klopfen sich auf den Rücken. Jetzt kommen auch Lindy und Michelle hinzu, es gibt wieder High-Fives. Ich freue mich, dass die restlichen Bäume in dieser Gegend vielleicht verschont bleiben, aber die Begeisterung der anderen zu teilen schaffe ich nicht, dazu finde ich das alles zu rätselhaft.
Ich wende mich an Falk. »So. Jetzt reicht’s mir. Ich will endlich wissen, was hier los ist und was ihr gemacht habt!«
Die anderen sehen sich an, nicken.
»Okay«, sagt Falk, übergibt Datenbrille und Fernsteuerung an Michelle und richtet sich auf. »Reden wir
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