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Schatten Des Dschungels

Schatten Des Dschungels

Titel: Schatten Des Dschungels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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jede einzelne Rippe. Es wird immer schwerer, voranzukommen, weil mir die Kraft fehlt, die Machete länger als eine halbe Stunde zu schwingen. Ich muss mehr Nahrung finden, und zwar bald.
    Während ich immer verzweifelter mit Sams Hilfe Pflanzen teste, sehe ich einen Baum, der von einer Kletterpflanze förmlich erobert worden ist. Grünbraune Fangarme haben sich um ihn geschlungen, umschließen ihn und sind dabei, ihn langsam zu erwürgen. Es ist ein tödlicher Kampf in Zeitlupe. » Strangler fig , in Deutsch Würgefeige, Gattung Ficus«, gibt Sam zur Auskunft und ich nicke stumm. So langsam wird mir klar, dass es hier im Regenwald nicht nur für mich ums Überleben geht. Sondern für alle.
    Gleich nebenan endlich ein Treffer, Sam identifiziert zum ersten Mal einen Baum, der in dieser Jahreszeit essbare Früchte tragen müsste. Leider hängen sie oben im Kronendach. Das ist so, als würde man einem Obdachlosen mitteilen, dass auf dem Dach eines streng bewachten Hochhauses ein Fünf-Gänge-Menü auf ihn wartet. Wenn er es haben will, muss er leider an der Fassade hoch.
    Sam hat kein Mitleid mit mir. »Wenn du es jetzt nicht machst, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit 87 Prozent, dass du demnächst verhungerst«, teilt er mir freundlich mit.
    »Dir ist es wahrscheinlich egal, ob deine Besitzerin lebt oder stirbt, was?«, werfe ich ihm vor. »Aber wenn ich abkratze, ist niemand mehr da, der dich auflädt.«
    »Ab und zu wird schon ein Sonnenstrahl auf mich fallen«, erklärt der Troll ungerührt, und ich bin nahe davor, den blauen Kristall gegen einen Stamm zu schleudern. Im letzten Moment beherrsche ich mich. Stopp, ganz ruhig, Cat. Du brauchst dieses Ding noch . Vielleicht sollte ich einfach einen anderen Avatar einstellen. Das blonde Mädchen ist vermutlich sehr viel netter. Aber wer weiß, ob es nicht eine andere Art von dummem Gesülze von sich gibt.
    Natürlich hat Sam recht, so wie immer. Ich knüpfe mir einen neuen, besseren Rucksack für meine Ernte, dann mache ich meine Seilschlingen bereit. Eigentlich wollte ich sie ja nie wieder benutzen, aber ich habe mich schon fast daran gewöhnt, dass meine Schwüre in letzter Zeit nicht lange halten. Der Baum mit den Früchten ist zu dick, um ihn zu erklettern, also nehme ich seinen dünneren Nachbarn und hoffe, dass ich trotzdem an das Essen herankomme.
    »Viel Glück«, schickt Sam mir hinterher, er klingt ein wenig besorgt. Vielleicht ist es ihm doch nicht egal, was mit mir passiert … Du vermenschlichst ihn, werfe ich mir ärgerlich vor und konzentriere mich auf meine Aufgabe. Das Klettern ist eine Qual und kostet mich Stunden, aber ich schaffe es nach oben und fülle meinen Beutel mit mehreren Kilo saftigen, roten Früchten, die ich noch nie zuvor gesehen habe.
    Als ich zurück bin auf dem Boden, zwinge ich mich, die Früchte auf Essbarkeit zu testen, indem ich erst vorsichtig ein Stück abbeiße und im Mund behalte, ohne es herunterzuschlucken. Nicht bitter, nicht ätzend, das ist schon mal gut. Besonders toll schmecken die Dinger zwar auch nicht, aber immerhin leicht süß. Ich wage es, das Stück zu schlucken. Mein Magen rebelliert nicht. »Anscheinend essbar.«
    »Hab ich doch gesagt«, meldet sich Sam beleidigt zu Wort.
    »Sicher ist sicher«, sage ich und dann falle ich über meine Ernte her. Eine Weile bin ich so glücklich, wie man nur sein kann, wenn ein voller Magen nicht unerwünschte Kilos mehr auf der Waage, sondern den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeutet.
    Leider vergesse ich über diesem Glück, dass ich nicht allein im Regenwald bin.

Beute
    In der Dämmerung beginnt sich der Wald zu regen. Ich freue mich nicht gerade auf die tiefe Dunkelheit, die bald beginnt. Ohne Taschenlampe ist die nicht mehr so faszinierend und die letzten Nächte waren alles andere als angenehm. »Sam, hast du irgendwas in deiner Datenbank darüber, wie man hier Licht machen kann?«
    »Kein Treffer«, muss der Troll zugeben und lässt die Ohren hängen. Sein Kristall verströmt zwar etwas Licht, aber nicht sonderlich viel.
    Doch dann habe ich selbst eine Idee und mache mich daran, aus meinem Marmeladenglas eine Lampe zu improvisieren. Nachdem ich ungefähr zwanzig Leuchtkäfer gefangen und hineingesperrt habe, habe ich endlich wieder Licht und bin sehr stolz auf mich. »Kannst du in die Datenbank aufnehmen«, sage ich großmütig und der Troll-Avatar streckt mir die Zunge heraus.
    Noch ist die Sonne nicht untergegangen, und plötzlich bemerke ich, dass ich Besuch

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