Schatten Des Dschungels
Menschen! Als Erstes sehe ich einen Mann, der mit einer Art Feuerwehrspritze den Boden wegspült, durch armdicke Plastikrohre wird der Schlamm über eine Rutsche geleitet. Ein anderer Kerl überwacht das, er kniet mitten im Schlamm. Ein dritter Mann bedient die Motorpumpe, deren Knattern ich schon von Weitem gehört habe.
Erst ist mir nicht klar, was die Typen hier machen, doch dann fällt mir Falks Bemerkung über Gold in Guyana ein. Wahrscheinlich sind das hier Goldgräber. Drei junge Kerle in schmuddeligen T-Shirts. Und ich bin allein. Auf einmal zögere ich, werde unsicher. Doch es ist zu spät, einer von ihnen hat mich gesehen und stößt einen Ruf aus. Jetzt heben auch die anderen ihre Köpfe und halten in ihrer Arbeit inne. Die Motorpumpe kommt zum Stillstand, der Wasserschwall aus dem Plastikrohr versiegt.
»Hi«, sage ich, hebe die Hand und versuche zu lächeln. Um zu zeigen, dass ich friedliche Absichten habe, lege ich meine Machete ganz langsam auf den Boden. »My name is Katharina.« Zur Sicherheit füge ich es noch in Spanisch hinzu: »Me llamo Katharina.«
Zwei der Männer stapfen neugierig näher, der dritte bleibt stehen und stützt sich mit misstrauischem Blick auf eine Schaufel, ohne mich aus den Augen zu lassen.
Jetzt steht einer der Männer direkt vor mir, sein Geruch nach Schweiß und Lehm weht zu mir herüber. Er trägt schlammige, über dem Knie abgeschnittene Jeans, ein patschnasses ärmelloses T-Shirt und einen Lederhut. Seine dunklen Augen mustern mich abschätzend, dann grinst er. »Passieren ja doch noch Wunder«, sagt er in Spanisch und spuckt aus. »’ne Gringa! Was machst du hier, Mädchen?«
»Ich brauche Hilfe«, sprudele ich hervor. »Ich …«
»Sind noch andere Leute hier?«, fragt der zweite Mann, der schräg neben mir steht. Er ist nicht groß, aber sehr muskulös, ein Kerl wie ein Ochse. Etwas alarmiert sieht er sich um, und mir wird klar, dass die Goldsucher unerlaubt hier im Dschungel schürfen, sie haben Angst aufzufliegen.
»Niemand, nur ich«, versichere ich ihnen schnell und frage mich Sekunden später, ob es ein Fehler war, das zuzugeben. Angst steigt in mir hoch.
»Bist du mit ’nem Boot da?«, fragt der erste Mann, der mit dem Lederhut. Doch obwohl ich den Kopf schüttele, ruft er dem dritten zu: »Edo, schau mal am Fluss nach.« Der dritte Typ, der bisher noch nichts gesagt hat, legt seine Schaufel beiseite und stapft los.
Ich versuche es noch einmal mit einem Lächeln, aber niemand reagiert. »Seit fast zwei Wochen laufe ich schon durch den Dschungel, ich bin so froh, dass ich jemanden gefunden habe«, plappere ich nervös daher und bin dankbar für die vielen Spanischlektionen in der International Academy. Hoffentlich breche ich nicht einfach zusammen – meine Beine fühlen sich wackelig an, mir ist schon wieder schwindelig, und in meinem Bauch rumort das Pekari-Fleisch …
Der dritte Mann kommt zurück. »Kein Boot«, sagt er knapp und die beiden anderen Typen entspannen sich wieder etwas.
»Fast zwei Wochen lang durch den Dschungel? Stimmt das?« Jetzt schauen die Männer interessiert drein. »Bist du mit ’nem Flugzeug abgestürzt oder so?«
Diese Männer sind nicht gerade die Richtigen, um sich ihnen anzuvertrauen. Kein Wort werden sie von mir über Last Hope erfahren. Genau solche Typen wie sie wollten wir aus dem Regenwald vertreiben. »Nein, ich habe mich verlaufen«, sage ich müde und will eigentlich nur eins, mich hinsetzen, bevor ich lang hinschlage. »Touristin. Ich bin eine Touristin, versteht ihr?«
Und endlich scheinen die Kerle zu kapieren, was los ist, denn der eine spuckt noch einmal aus und sagt: »Komm mit.«
Sie führen mich weg von ihrer Schürfstelle zu einem Lagerfeuer. Einer der Männer wirft ein paar Äste darauf, ein anderer rührt mir eine Portion Bohnen mit Tomatensoße zusammen. Alles frisch aus der Dose. Dankbar schaufele ich das Ganze in mich hinein und hoffe, dass ich es vertrage. Fasziniert sehen mir die Typen zu und ganz wohl ist mir dabei nicht. Der mit den Muskeln, der wie eine Kreuzung aus Bauarbeiter und erfolglosem Schauspieler aussieht, zieht mich mit Blicken aus und der andere mit dem Lederhut sitzt ein wenig zu dicht neben mir. Ich rücke unauffällig ein Stück weg.
»Ich bin Antonio, der da ist X-Man und das ist Edo«, sagt der Typ mit dem Lederhut und deutet erst auf den Muskelmann und dann auf den großen Schweiger, der ein eckiges Gesicht, buschige Augenbrauen und schlechte Zähne hat. Auch er ist mir
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