Schatten des Schicksals
ringsum zu übersehen. Tränen rannen über ihr Gesicht.
Zehn Schritte hinter ihm blieb sie stehen.
»Sloan?«
Als er sich nicht umdrehte, ging sie zögernd auf ihn zu. Weil sie nicht wagte, ihn zu berühren, trat sie vor ihn. Er schien sie noch immer nicht zu sehen. In seinem Lendenschurz, von Wunden übersät glich er einem Sioux Krieger. Kohlschwarz hoben sich seine Augen von wächserner Blässe ab, seine Lippen waren grau.
»Sloan?«
Sie schwankte und fürchtete, auf eine Leiche zu stürzen.
Endlich um fass te er ihre Schultern und zog sie an sich. Er führte sie an den Rand des blutigen Schlachtfelds, und sie setzten sich auf einen Felsen. Behutsam versuchte er, Sabrinas Tränen zu trocknen. Aber sie sah, dass auch er um seine Freunde geweint hatte. Bedrückt folgte sie seinem Blick und sah einen Mann quer auf seinem Pferd hegen.
Custer. Ringsum waren alle Toten verstümmelt worden - der Colonel nicht. Nur an seinen Ohren klebte Blut.
»Die Cheyenne ... « Sloans Stimme brach, und er schluckte. Dann fing er noch einmal von vom an. »Die Cheyenne betrachteten ihn als ihren Verwandten. Deshalb schnitten sie seine Anne nicht ab, damit er im nächsten Leben kämpfen kann. Und sie bohrten Löcher in seine Ohren, so dass er im nächsten Leben besser hören und sich an sein Versprechen erinnern wird, nie wieder gegen die Cheyenne Krieg zu führen.« In der Ferne erklang gedämpftes Gewehrfeuer. Schwankend stand Sloan auf und zog Sabrina mit sich empor. Um sie gegen Tod und Blutvergießen und Entsetzen abzuschirmen, drückte er sie an sich.
»Wie gottlos das alles ist ... « , flüsterte er. »Aber ich wünschte, du würdest erkennen, was den Sioux widerfuhr, den Kindern ... «
»Ja, ich sah Frauen und Kinder sterben.«
»Also sind die Weißen Mörder, die Sioux sind Mörder, und ich gehöre beiden Welten an«, entgegnete er bitter. »Wie soll ich jemals Frieden finden?«
»Aber du hast so vielen Weißen und Sioux das Leben gerettet.«
»Während ich sie fallen sah, versuchte ich mir vorzustellen, was sie im letzten Augenblick ihres Lebens empfanden. Sie hatten gewuss t sie würden bis zum Tod kämpfen ... « Verzweifelt starrte er in Sabrinas Augen. »Was hier geschah, ertrage ich nicht. Ich trauere um diese Männer, meine Freunde, mit denen ich lebte und lachte und Baseball spielte ... Aber ich glaube, die Sioux haben ihren letzten Sieg gefeiert. Und sich die letzten Sympathien verscherzt die sie bei den Weißen noch genossen haben. Nach diesem Gemetzel wird die Bevölkerung der ganzen Union die Army drängen, die Heiden zu vernichten. Was um Gottes willen sollen wir tun?«
Sabrina spürte seine Qual, seinen Schmerz, aber auch seine Kraft. Selbst wenn er verletzt war, er würde sie immer schützen - sogar wenn sein Herz brach. Zärtlich nahm sie sein Gesicht in beide Hände und wünschte inständig, sie würden nur noch einander sehen - und nichts von der Hölle, die vor ihnen lag. »Wir überleben. Earth Woman hat mir erklärt das Überleben sei der härteste Kampf. Aber es wird uns gelingen, und wir werden uns eine neue Zukunft aufbauen.«
Mit ausdruckslosen dunklen Augen erwiderte er ihren Blick.
Und plötzlich fürchtete sie, es wäre ihm gleichgültig, ob. er am Leben bleiben würde oder nicht. »O Sloan, ich liebe dich!« wisperte sie. »Wenn du schon Krieg führen muss t - dann bitte nicht gegen mich oder unser Kind. Das Baby wird ein Weißer sein - und ein Sioux. Und es wird überleben. Was hier geschah, werden wir nicht vergessen, unsere Lehre daraus ziehen und auf Frieden hoffen ... «
»Was hast du gesagt?« fragte er fast unhörbar.
Doch sie muss te ihre Worte nicht wiederholen. Er press te sie noch fester an seine Brust dann hob er den Kopf und berührte ihre Wangen. »Ich liebe dich. Und ich werde weiterleben. Schau nicht auf die Leichen. Inzwischen hast du genug Erinnerungen gesammelt.« Er führte sie zum Fuß eines Hügels, wo ein hochgewachsener Mann stoisch auf einem bemalten Pferd saß, setzte sie auf ein zweites Pony und stieg hinter ihr auf.
An diesem Tag fand zwischen den Indianern und den restlichen Truppen unter Benteens und Renos Kommando nur ein kurzer Kampf statt. Im Kriegsrat hatten die Indianer beschlossen, weiterzuziehen. Die Überlebenden in Renos Kompanie jubelten, immer noch im Glauben, Custer hätte sie im Stich gelassen. Während sie am Ufer des Flusses saßen, Kaffee tranken und endlich ihren Hunger stillten, beobachteten sie den Rückzug der Indianer.
Am
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