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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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endlich auf, um einen Himmel freizugeben, der blauer nicht sein konnte.
    »Warum weinst du?«, fragte sie erschrocken. »Anne?«
    »Ist gut«, sagte er. »Ich bin tatsächlich glücklich, ich hatte vergessen, wie das ist.«
    Sie schaute ihn neugierig an und setzte sich auf die Bettkante. Dann grinste sie. »Du bist mir ja ein Trauerkloß.« Sie lachte. »Ossi hat gesagt, du seiest einer, der sich von seinen Zweifeln fressen lässt. Da hat er wohl Recht gehabt.«
    Stachelmann winkte ab. Dann fiel ihm ein, er hatte Wolf anrufen wollen, schon gestern Abend. Er fuhr hoch, dann schüttelte er den Kopf und ließ sich wieder ins Bett fallen. Das war ihm jetzt nicht wichtig. Sie schaute zu und lachte. »So sieht also dein Frühsport aus. Ist das typisch für Historiker oder nur für dich?«
    »Normalerweise stemmen wir morgens Akten, fünfzigmal links, fünfzigmal rechts. Bis es staubt. Ich bin immer gern bereit, alle deine Vorurteile zu bedienen.«
    »Das erleichtert das Zusammensein ungemein«, sagte sie. »Was hältst du davon, du würdest duschen, und wir fahren irgendwohin?«
    »Aye, aye, Sir!« Stachelmann stand auf, grüßte militärisch und ging ins Bad.
    »Und bitte gründlich!«, rief sie ihm hinterher.
    Nein, Ossi hatte sich nicht selbst umgebracht.
    Als er aus der Dusche kam, stand sie vor der Tür. »Ob das überhaupt geht, eine von der Mordkommission und ein Historiker?«
    »Ob das überhaupt geht?«, fragte er zurück.
    Sie antwortete nicht, aber er sah Traurigkeit in ihren Augen. Er nahm sie in den Arm. »Es ist nicht leicht«, sagte er endlich.
    »Wegen Anne.«
    »Auch wegen Anne. Aber ich finde, es ist zu früh, solche Dinge zu besprechen. Viel zu früh.«
    »Tut mir Leid, ich will dich nicht bedrängen.« Sie löste sich aus seinen Armen und ging in die Küche. Er blieb stehen und hörte es klappern. Ihre Offenheit berührte ihn. Sie gab ihre Gefühle preis und riskierte, zurückgewiesen zu werden.
    »Nicht dass du denkst, ich bin hier die Küchenfee«, rief sie.
    Er ging in die Küche und spürte gleich, sie war wieder die Alte. Jedenfalls tat sie so. Aber ihre Fröhlichkeit wirkte nicht aufgesetzt. Er half mehr schlecht als recht, dann setzte er sich auf einen Stuhl und verfolgte, als stünde er neben sich, wie die Schmerzen vom Rücken aus in Arme und Beine krochen. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er stand auf und ging in den Flur, wo sein Jackett hing. In einer Tasche fand er den Tablettenblister, er drückte eine Pille durch das Aluminiumpapier, sie fiel auf den Boden. Er fluchte leise, dann bückte er sich unter Schmerzen, hob die Tablette auf und steckte sie in den Mund. In der Küche hielt er den Mund unter den Wasserhahn und drehte auf.
    Sie verfolgte es, dann sagte sie: »So ist das also.« Er hörte kein Mitleid in der Stimme, es tat ihm gut.
    »Ich lege mich einen Augenblick hin.« Er krächzte, die Stimme trat weg. Stachelmann legte sich aufs Bett und schloss die Augen. Sie legte sich neben ihn, ohne ihn zu bedrängen. Vorsichtig nahm sie seine Hand und streichelte sie sanft. »Wenn es dir besser geht, fahren wir an die Elbe«, sagte sie.
    »Ja«, sagte er. Dann fiel ihm wieder Wolf ein. An diesem Abend musste er ihn anrufen, sonst dachte der noch, Stachelmann sei ausgestiegen aus der Sache. »Ich kriege euch«, murmelte er.
    »Wen kriegst du?«
    »Diese Thingstättenmörder und den, der Ossi umgebracht hat.«
    »Wenn es den gibt.«
    »Den gibt es.« Er erzählte ihr nun doch von seiner Anzeige.
    Sie sagte nichts dazu.
    Er lag noch eine halbe Stunde, auch sie döste vor sich hin. Ihre Nähe tat ihm gut. Wegen ihr brauchte er keine Angst zu haben vor dem Schmerzüberfall, der ihn beherrschte und alles änderte.
    »Wie ist das, immer Schmerzen zu haben?«, flüsterte sie.
    »Warum flüsterst du?«, flüsterte er und lachte leise. »Das mit dem Schmerz ist Gewöhnung. Und nachts hilft die Chemie.«
    »Aber es beeinträchtigt dich doch.«
    »Jein, den Hundert-Meter-Weltrekord werde ich wahrscheinlich nicht mehr brechen. Aber es ist auch eine Bereicherung. Manchmal glaube ich, es fördert die Konzentration auf Dinge, die einem wichtig sind.«
    »Du bist sicher, dass Detmold und Kipper die Thingstättenmörder sind?«
    »Gäbe es den Zusammenhang mit Ossi nicht, dann wäre ich mir nicht sicher. Aber wenn sie Ossi umgebracht haben, dann haben sie auch den anderen Mord begangen. Einen anderen Sinn kann ich in dieser Sache nicht entdecken. Wenn sie nicht früher gemordet haben, dann hätten sie

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