Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)
zurückdrehen könnte im Wissen um das, was kommen würde, könnte er etwas ändern? Würden sie auf seine Warnungen hören? Kaum.
Das Wild schmeckte hervorragend. Während er aß, überdachte er seinen Plan. Eine Weile versuchte er das Risiko zu berechnen, aber dann wurde ihm klar, er würde es machen, egal was es ihn kostete. Wenn diese Schwachsinnsrecherche nun doch einen Sinn bekäme, das wäre ihm einiges wert. Es gibt Angenehmeres, als sich selbst zum Idioten zu machen. Sein Hirn beschäftigte sich nun mit der Vorbereitung. Er nahm einen Bierdeckel und schrieb in Stichworten auf, was er tun musste, damit die Sache gelang. Als er einigermaßen zufrieden war und glaubte, alle Möglichkeiten berücksichtigt zu haben, bezahlte er, steckte den Bierdeckel in die Jacketttasche und ging zu seinem Zimmer.
Er legte sich früh ins Bett, aber er schlief nicht ein. Immer wieder fielen ihm Szenen ein, wie sein Plan schief ging und er nichts gewann, aber viel verlor. Auf eine weitere Strafanzeige war er nicht erpicht. Dann biss ihm der Schmerz in die Beine. Er bewegte sich, fand aber keine Lage, in der er schlafen konnte. Stachelmann stand auf und starrte aus dem Fenster in die Nacht. Eine Laterne warf schummriges Licht auf die Straße und die gegenüberliegenden Häuser. In der Ferne röhrte ein Motorrad. Er zog sich an, vielleicht half es, wenn er lief. Draußen war es mild, er ging die Großsachsener Straße hinauf, bald bog ein schmaler Weg rechts ab. Er folgte dem Weg, der führte steil bergauf. Nach einer Weile, er schwitzte schon, sah er schemenhaft einen Wald. Stachelmann lief durch den Wald und genoss den Geruch der Tannen und des Moders. Dann öffnete sich der Wald zu einer Lichtung. In der Lichtung lag ein Sportplatz. Stachelmann lief einmal um den Platz herum, um dann wieder zum Dorf zurückzugehen. In seinem Zimmer duschte er und legte sich wieder ins Bett. Sofort kehrten die Gedanken an seinen Plan zurück. Als er sich gerade damit abfand, wach zu bleiben in dieser Nacht, schlief er ein.
Schon klingelte das Handy, das er als Wecker benutzte. Die Augen brannten, der Kopf war benebelt, als hätte er sich betrunken. Er saß eine Zeit lang auf der Bettkante, dann raffte er sich auf. Es war kurz nach sieben Uhr, als er zum Frühstück in den Gastraum kam. Er war allein, dann erschien die Frau, die ihn gestern begrüßt hatte, und fragte, was er trinken wolle.
Er frühstückte aus Vernunft, nicht weil er hungrig war. Er brauchte keine zwanzig Minuten, da saß er schon in seinem Auto und fuhr die Großsachsener Straße hinunter, bog ein in die Cestarostraße, fuhr vorbei an dem Haus, in dem Angelika Stolpe wohnte, und folgte der kurvigen Straße durch den Odenwald, bis er an die Abzweigung kam, wo er links nach Weinheim abbiegen musste. In Weinheim fragte er sich zu einem Baumarkt durch. Dort kaufte er eine Taschenlampe, eine Zange, einen Schraubendreher, ein Brecheisen, einen Hammer, einen Werkzeugkasten, einen Blaumann und einen weißen Helm. Er packte Schraubendreher, Taschenlampe, Brecheisen, Zange und Hammer in den Werkzeugkasten, zog den Blaumann an und legte den Helm auf den Beifahrersitz. Er war aufgeregt, wehrte den Gedanken ab, dass er den bisherigen Schwachsinnsaktionen eine weitere hinzufügen würde.
Er fuhr den Weg zurück in Richtung Oberflockenbach. Stachelmann stellte den Wagen ein Stück entfernt von dem Haus ab, in dem Angelika wohnte, setzte den Helm auf, griff sich den Werkzeugkasten und lief zu dem Haus. Er öffnete die Haustür. Die Tür zum Keller fand er sofort. Er tastete nach dem Lichtschalter, fand ihn und drehte das Licht an. Dann schloss er die Kellertür und stieg die Treppe hinunter. Unten waren vier Holzverschläge. Er leuchtete mit der Taschenlampe durch die Spalten zwischen den Brettern hinein in jeden Verschlag. Den ersten fand er zu ordentlich für Angelikas Verhältnisse. Im zweiten lagen nur zwei Teppiche, in der Ecke stand ein kleiner Nierentisch. Im dritten standen fünf Kisten übereinander, daneben lehnte ein Kinderfahrrad. Im vierten herrschte ein Durcheinander. Umzugskisten, Flaschen, Töpfe, Möbelteile, Bücher, Zeitschriften lagen herum. Das musste Angelikas Keller sein. An der Tür hing ein Vorhängeschloss an einem Stahlriegel, der mit vier Schrauben im Holz befestigt war. Er beleuchtete die Schrauben, dann nahm er den Schraubendreher, um sie zu öffnen. Es ging schnell, er hatte den Rest des Werkzeugs umsonst gekauft. Binnen weniger Minuten konnte er die Tür
Weitere Kostenlose Bücher