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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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rote BMW, der ihm gleich aufgefallen war. Der Wagen war neu. Es war zwar das kleinste Modell, aber das war teuer genug. Zu teuer für eine allein stehende Frau, die zwei Kinder großzuziehen hatte.
    Der Postbote stellte sein Fahrrad am Vorgarten ab. Für Stachelmann war es wie ein Signal, endlich zu gehen. Mit dieser Frau war Ossi verheiratet gewesen, wie hatte ihm das passieren können? Es muss die Hölle gewesen sein, wenn sie damals so war wie heute. Menschen ändern sich nicht, höchstens, dass sie ihre schlechten Eigenschaften ausprägen. Stachelmann versuchte sich vorzustellen, wie es in dieser Ehe zugegangen war. Wenn einen so jemand zu Hause erwartete, dann machte man lieber Überstunden. Vielleicht erklärte sich so auch Ossis Hang zur Flasche.
    Er lief zur Hauptstraße und merkte erst jetzt, er wurde nass im Nieselregen. Er winkte Taxis, aber erst das dritte hielt. Der Fahrer schaute ihn missmutig an, weil er sich nur bis zur U-Bahn-Station Buckhorn fahren ließ. In Buckhorn setzte er sich in die U 1, in der Wandsbecker Chaussee stieg er um in die S n Richtung Altona. Am Dammtor stieg er aus, auf dem Weg zur Uni wurde er noch nasser.
    Auf seinem Schreibtisch im Dienstzimmer lag ein Prospekt, in dem Wasserbetten angeboten wurden. Er nahm ihn, zerknüllte ihn und warf ihn in den Papierkorb. Nur Renate Breuer hatte außer ihm einen Schlüssel für sein Zimmer, also konnte nur sie ihm diesen Unsinn auf den Schreibtisch gelegt haben. Er überlegte kurz, wie er es ihr abgewöhnen könnte, ohne sie zu beleidigen. Aber dann schob er es weg und griff zum Telefonhörer. Carmen war gleich dran.
    »Hast du gewusst, dass Ossi vor ein paar Wochen nach Heidelberg gefahren ist?«
    »Ja.«
    »Hat er was darüber erzählt?«
    »Eigentlich nicht. Es hat mich auch nicht so interessiert. Ich war auf einem Lehrgang, und als ich zurückkam, war er wieder da.«
    Komisch, dass Carmen davon nichts gesagt hatte. Stachelmann überlegte, ob er nachhaken sollte, unterließ es dann aber. Stattdessen berichtete er ihr vom Besuch bei Ossis Exfrau. »Grauenhaftes Weib, aber ich glaube, sie hat das Geld gekriegt. Nur würde sie es nie zugeben.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Da stand ein funkelnagelneues Auto im Carport.«
    »Das muss nichts bedeuten.«
    »Stimmt, aber es kann was bedeuten. Ich glaube nicht an Zufälle.«
    »Ich schon«, sagte Carmen. »Vor Gericht kämst du damit jedenfalls nicht durch.«
    »Warum, bist du das Gericht?«
    Sie lachte. »Ich bin die letzte Instanz.«
    »Bescheidenheit ist eine Zier ...«
    »Doch weiter kommt man ohne ihr«, ergänzte sie.
    »Ich habe selten jemanden getroffen, der mir unsympathischer war als Ossis Exfrau. Ein richtiger Drachen. Kennst du sie?«
    »Nein. Das habe ich mir erspart. Ossi hat genug über sie erzählt.«
    »Warum hat er sie geheiratet?«
    »Das wird mir immer ein Rätsel bleiben«, sagte sie. »Er hat es wohl selbst nicht verstanden.«
    Stachelmann überlegte, was das bedeutete.
    »Am Samstagnachmittag ist die Beerdigung, um zwei Uhr, Hauptfriedhof in Ohlsdorf. Wir treffen uns am Krematorium.«
    Kaum hatte er aufgelegt, klingelte das Telefon wieder.
    »Josef, hast du eine Minute Zeit?«, fragte seine Mutter. Er erschrak, er hatte sie immer noch nicht zurückgerufen.
    »Ja, natürlich. Tut mir Leid.«
    »Was? Ach so, ist schon gut, du hast ja immer so viel zu tun. Ich wollte dir nur etwas sagen. Aber du sollst nicht erschrecken. Es hört sich schlimmer an, als es ist.«
    Während er zuhörte, ahnte er, was sie ihm sagen wollte.
    »Ich war beim Arzt. Eine Geschwulst.« Er begriff, sie wollte das Wort »Krebs« nicht in den Mund nehmen, um ihn zu schonen.
    »Krebs«, sagte er.
    Sie wartete, dann sagte sie: »So ähnlich, im Dickdarm. Es ist klein, aber sie werden es sicherheitshalber herausnehmen. Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen.«
    Allein dass sie anrief, um es ihm zu sagen, widerlegte sie. Er widersprach ihr nicht. »Wann?«
    »Montag, in Eppendorf.«
    »Dann kann ich dich ja besuchen.«
    »Aber erst nach der Operation.«
    »Gut. Kann ich sonst etwas für dich tun?«
    »Nett von dir. Nein, ich muss ja nur ein paar Sachen packen.«
    »Ich könnte dich zum Krankenhaus fahren.«
    »Gut, aber es ist sehr früh.«
    »Reicht es, wenn ich gegen sieben Uhr in Reinbek bin?«
    »Ja, aber sei bitte pünktlich.«
    Er saß noch lange am Schreibtisch. Irgendwann würde sie sterben. Stachelmann wusste nicht, was es ihm bedeutete. Das würde er erfahren, wenn es sie nicht mehr gab. Er

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