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Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition)

Titel: Schatten des Wahns: Stachelmanns dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian V Ditfurth
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bedeckt durch einen kurzen schwarzen Rock, saß eine junge Frau mit einer Frisur, die herzustellen einige Stunden gedauert haben dürfte. Sie telefonierte, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen handelte es sich um ein Privatgespräch. Bestimmt der Freund, dachte Stachelmann. Einen Ehemann konnte so ein Wesen nicht haben.
    »Warte einen Augenblick«, flötete sie ins Telefon, und Stachelmann überlegte, ob am anderen Ende der Leitung nicht auch die beste Freundin sein mochte.
    »Ich suche Herrn Kipper«, sagte Stachelmann.
    Das Wesen schaute ihn aus großen Augen an, die Wimpern schwarz, die Augenlider rosa, dann sagte sie: »Der Herr Rechtsanwalt ist bei Gericht.« Wahrscheinlich sollte es vornehm klingen.
    Stachelmann ärgerte sich, er hätte anrufen sollen. »Welches Verfahren?«
    »Der Herr Rechtsanwalt möchte nicht gestört werden, während er prozessiert.«
    »Welches Verfahren?«
    »Gegen Ruppert. Landgericht.« Sie legte den Hörer wieder ans Ohr und schaute auf den Orangenbaum, als wäre Stachelmann soeben verschwunden.
    Draußen auf der Straße schnaufte er erst einmal. Den Weg zum Landgericht kannte er von den Strafprozessen gegen Germanistikstudenten, denen er Ende der Siebzigerjahre zugesehen hatte. Damals war das Justizgebäude in der Kurfürstenanlage fast wie bei einem Terroristenprozess gesichert gewesen. Es sprach sich herum, Anwälte, die von außerhalb gekommen seien, hätten Magengrimmen und weiche Knie bekommen, schon als sie die Pforte betreten hätten. Davon war nichts mehr zu sehen, offenbar hielt selbst die Heidelberger Justiz einen Bürgerkrieg zurzeit für unwahrscheinlich. Er fragte den Pförtner nach dem Gerichtssaal und folgte der Wegbeschreibung, die ihn in den zweiten Stock führte. Es war ein kleiner Saal, vorne ein Richter und zwei Schöffen, an den Seiten Staatsanwalt und Verteidiger, neben diesem saß der Angeklagte. Es wurde gerade ein Zeuge vernommen. Stachelmann setzte sich auf einen Stuhl, vor ihm ein Pärchen, offenbar Rentner, die Gerichtsverfahren unterhaltsam fanden.
    Stachelmann folgte dem Verhör und merkte gleich, es ging um Betrug. Die Ruppert GmbH war ein Bauunternehmen, das nach Ansicht des Staatsanwalts Geld von seinen Kunden gefordert und bekommen hatte, um dann einen Bankrott hinzulegen, ohne nur ein Fundament gelegt zu haben. Das Geld war verschwunden.
    Stachelmann beobachtete den Verteidiger. Er war ein schmächtiges Kerlchen mit langen Koteletten an einem hageren Kopf und mit einem hervorstechenden Kinn, ab und zu tuschelte er mit dem Angeklagten, dieser im dunklen Dreiteiler mit grauem Schlips und Gel in den Haaren, in der Mitte nach oben frisiert. Auf der erstaunlich geraden Nase eine leicht getönte Brille mit einer silbrig glänzenden Fassung.
    Während der Zeuge den Angeklagten belastete, spielte der mit einer Uhrenkette, deren eines Ende in der Westentasche verschwand. Dann tuschelte er wieder mit Kipper.
    Der Zeuge schilderte nun, wie der Angeklagte ihn bearbeitet habe, damit er den Bauvertrag unterschrieb. Seine Frau habe ihm abgeraten, aber als Herr Ruppert eine Art Skonto in Aussicht gestellt habe, wenn er bald unterschreibe und eine erste Rate überweise, da habe er zugestimmt, sei doch die Finanzierung eng genug gewesen, sodass jeder Nachlass ein Segen gewesen sei.
    Der Staatsanwalt hatte keine Fragen, die Sache schien offenkundig, aber Kipper wollte den Zeugen noch nicht entlassen.
    »Finden Sie nicht, dass Sie leichtfertig gehandelt haben, als Sie mit einem Ihnen gänzlich unbekannten Geschäftsführer einer Ihnen gänzlich unbekannten Firma einen Vertrag über eine Summe von zweihundertundvierzigtausend Euro abgeschlossen haben? Und meinen Sie nicht, dass Sie meinen Mandanten geradezu in eine Falle gelockt haben, als Sie ihm vorgeschlagen haben, einen nicht unbeträchtlichen Teil der Summe gleich zu bezahlen? Und dass mein Mandant, der dann ohne eigene Schuld in eine finanzielle Schieflage geraten ist, gar keine Wahl hatte, als erst einmal auf dieses Geld zurückzugreifen, um seine Firma zu retten, damit er seine Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden erfüllen konnte?« Er schleuderte es mit einem giftigen Unterton in den Gerichtssaal.
    Der Vorsitzende Richter warf milde ein: »Wenn Sie eine Frage nach der anderen stellen, haben Sie eine Chance, dass der Zeuge Ihnen hilfreiche Antworten gibt.«
    Aber darauf legte Kipper keinen Wert. Er winkte ab und erklärte, der Zeuge sei, aus welchem Grund auch immer, ohnehin nicht in der Lage, zur

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