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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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schätzen gelernt, aber es war ein Fehler gewesen, auf seine Freundschaft zu setzen. Er war kaltherzig und machthungrig, und auf diesem Dünger wuchsen keine Blumen.
    Das heilige Pergament, diktiert vom Herrn, aufgeschrieben von einem seiner Jünger, die wertvollste, die gefährlichste Hinterlassenschaft aus der Zeit, als der Herr noch auf Erden wandelte, ruhte nun am Busen eines ehrgeizigen Zisterziensers, und Octavien war nicht davon überzeugt, dass dort der richtige Platz für das Objekt war. Was hatte Emanuel damit vor? Wollte er es tatsächlich dem Kölner Erzbischof aushändigen? Oder musste es dem Großmeister des Tempelordens übergeben werden? Hatte er übereilt gehandelt, als er Emanuel das Palimpsest überlassen hatte? Übereilt, weil er zu stolz gewesen war, darum zu streiten? Gehörte so ein Dokument dem, der es fand? Oder gehörte es der gesamten Christenheit? Zweifellos. Aber wie die Dinge lagen, würde diese wohl nie in den Genuss der Lektüre kommen.
    ***
    Emanuel stürmte in den Schankraum, erblickte Octavien, und sein Herz wurde ihm leichter. Er eilte auf ihn zu. Atemlos ließ er sich ihm gegenüber auf einen Stuhl fallen. »Da seid Ihr ja. Dem Himmel sei Dank. Ich war ein Narr, Octavien. Dieses Per – ich meine, dieses Ding, es gehört tatsächlich Euch. Händigt es Eurem Großmeister aus, ich will es nicht.«
    Schon langte seine Hand in die Brusttasche, doch Octavien, der Emanuels Absichten durchschaute, machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, nein, ich habe es mir überlegt, Ihr seid sein Wächter. Ihr solltet es auf dem schnellsten Wege Eurem Bischof übergeben, so lautete doch sein Befehl?«
    Von Emanuels Stirn perlten einige Schweißtropfen. »Aber es wäre nicht gut, wenn er es in die Hände bekäme. Ich konnte schließlich nicht ahnen …«
    »Was?«, unterbrach ihn Octavien kalt. »Dass das Ding, wie Ihr Euch ausdrückt, Euch keinen höheren Posten verschaffen, sondern eher Euren Untergang befördern wird? Ist Euch das plötzlich klar geworden? Und jetzt wollt Ihr es mir zuschieben, damit man mich statt Euch aus dem Wege räumt?«
    Emanuel zuckte zurück. »Dann seid also auch Ihr davon überzeugt, dass dieser Fund das Verderben in sich trägt«, flüsterte er, während seine olivfarbene Haut sich grau verfärbte.
    »Er ist tödlich wie eine Giftnatter.«
    Bösartig lächelnd fügte Octavien hinzu: »Vor allem für den, der sie am Busen trägt.«
    Ruckartig nahm Emanuel seine Hand von der Brust und faltete die Hände nervös auf dem Tisch. »Was sollen wir also tun? Das Ding wieder vergraben oder es verbrennen?«
    Octavien warf Emanuel einen gleichgültigen Blick zu. »Was fragt Ihr? Wollt Ihr etwa einen Rat von mir? Von einem, dessen Anblick nur die Elstern anlockt? Wir waren doch nur zwei Männer, die nach einer Sache suchten. Wir haben sie gefunden, damit ist unsere Gemeinsamkeit erschöpft. Macht mit dem Ding, was Ihr wollt, es geht mich nichts mehr an.«
    »Templer! Ihr seid ein Ritter. Ihr dürft Euch nicht einfach aus der Verantwortung stehlen. Gut, ich habe Euch gekränkt. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es tut mir sehr leid. Ihr wart mir ein guter Freund, der beste, den ich je hatte. Vergebt mir!«
    »Ihr sitzt hier nicht im Beichtstuhl, Mönch«, brummte Octavien. »Solche Sachen sind nicht mit ein paar Ave-Marias aus der Welt geschafft.«
    »Dann legt mir eine andere Buße auf!«
    Octavien verschränkte die Arme. Beinahe musste er schon wieder grinsen. »Ich werde über eine geeignete Buße nachdenken.«
    »Heißt das, Ihr bleibt mein Freund?«
    »Wir wollen sehen«, grummelte Octavien. Er vernahm Emanuels erleichtertes Aufatmen. »Damit ist die leidige Sache aber nicht aus der Welt, nicht wahr? Es gibt Personen, die wissen, dass wir es wissen.«
    »Ja, der Jude!«, platzte Emanuel heraus.
    »Nein, ich meine nicht den Juden. Ich denke an den Burgwächter und seine Auftraggeber, die ihn dorthin geschickt haben, denn wie wir wissen, hat er uns belogen. Er war weder ein Wächter noch wohnte er im Bergfried. Er hat auf uns gewartet, Emanuel.«
    Emanuel nickte und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Glaubt Ihr, er kennt auch den Inhalt des – ähm …«
    »Das weiß ich nicht. Je länger ich darüber nachdenke, desto verwickelter erscheint mir die Sache. Womöglich geht es lediglich um die apokalyptische Botschaft an Innozenz. Vielleicht wollte de Monthelon, dass wir sie finden und sie dem Papst aushändigen.«
    »Nein, er konnte nicht

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