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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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dabei.«
    »Der alte Kilian? Der ist doch längst tot. Und diese Vanisha ist damals bei Nacht und Nebel geflohen. Wir haben nie wieder etwas von ihr oder den Kindern gehört.«
    Sinan setzte sich neben den Pater und legte ihm den Arm um die bebenden Schultern. »Nun, um das zu ändern, bin ich ja zurückgekehrt. Die sarazenische Teufelsbrut, sie ist wieder da. Und mit ihr kam Etimmu. Kennt Ihr ihn? Nein? Er ist der Dämon, der die Leibesmitte befällt.«
    ***
    Die Stundenkerze in Graf Rüdigers Schlafgemach zeigte zwei Stunden nach Mitternacht, als er berauscht in sein Bett fiel und auf der Stelle einschlief. Auf Mathilde brauchte er keine Rücksicht zu nehmen, sie schlief nebenan. Doch sein Schnarchen drang durch die dünnen Wände, die ihre Kammern voneinander trennten. Lange wälzte Mathilde sich schlaflos in ihren Laken, bis sie entschlossen aus dem Bett stieg, sich in einen warmen Umhang hüllte und in die Burgkapelle eilte, um bei der Jungfrau Maria Trost zu suchen.
    Vor der Statue der Jungfrau kniete sie nieder und betätigte ein Glöckchen am Gürtel ihres Gewandes. Als sich auch nach eifrigem Gebet nichts rührte, blickte sie sich unruhig um. Pater Anselm schlief gewöhnlich in der kleinen Kammer neben der Kapelle. Wenn er das Klingeln hörte, pflegte er herauszukommen, um gemeinsam mit ihr zu beten. Dann zündeten sie die beiden großen Kerzen an und dankten Gott, dass er sie nicht zu Ungläubigen, Spöttern oder Ketzern gemacht, sondern auserwählt hatte, dereinst im Paradies an seiner Tafel zu speisen.
    Doch heute ließ Pater Anselm sich nicht blicken, obwohl die Kerzen brannten. Mathilde wurde unruhig und schließlich ärgerlich, denn sie konnte es nicht ausstehen, wenn etwas nicht so lief, wie sie sich das wünschte. Nachdem sie eine halbe Stunde auf den Stufen des Altars zugebracht hatte, dabei immer seine Kammertür im Auge, beschloss sie, sie habe das Recht nachzuschauen, ob er sich dort befand. Recht energisch klopfte sie an seine Tür. Pater hin oder her, sie war schließlich die Burgherrin, und wenn sie seelischen Trost benötigte, hatte er für sie da zu sein. Niemand öffnete. Wo war der Mann um diese Zeit? Mathilde klopfte heftiger, da ging die Tür einen Spalt auf, sie war nur angelehnt gewesen.
    »Pater Anselm?«, flüsterte sie.
    Zuerst blieb alles still, sie schob die Tür weiter auf. Dann sah sie den Pater. Er saß leichenblass auf seinem Bett und starrte sie an. Aus seinem greisen Mund hing ein Speichelfaden, und aus seinem Kehlkopf ragte ein hölzernes Kreuz, mit dem er an die Wand genagelt worden war. Der Pater war tot.
    »Pater Anselm!«, schrie sie und stürzte auf ihn zu. Dann sah sie das Blut. Die Decke, die seinen Unterleib bedeckte, hatte sich damit vollgesogen. Mathilde holte keuchend Luft und kämpfte gegen eine Ohnmacht an. Schließlich fasste sie sich und zog vorsichtig die Decke fort. Mit einem gellenden Schrei ließ sie sie wieder fallen. Zwischen den Schenkeln des Paters befand sich nurmehr ein blutiges Loch, nichts weiter.
    Mathildes Herz begann wie verrückt zu rasen. Wer tat so etwas Abscheuliches? Sie wollte fliehen von diesem grauenvollen Ort, aber sie konnte keinen Fuß rühren, sie fühlte sich wie gelähmt. Kreideweiß und schweißgebadet bekreuzigte sie sich. »Heilige Muttergottes«, stammelte sie, »beschütze uns vor dem Übel, vor Dämonen und den Pforten der Hölle. Heilige Jungfrau …«
    Ein furchtbarer Schlag auf den Hinterkopf beendete ihr Gebet. Mathilde brach zusammen, blutüberströmt, die Hände noch zum Himmel erhoben, als der zweite Schlag herunterfuhr und ihr die Schädeldecke zertrümmerte. Ein schwerer Gegenstand fiel polternd zu Boden, es war die blutbefleckte Statue der Jungfrau Maria.
    ***
    Obwohl ihn seine Trunkenheit in einen tiefen Schlaf versetzt hatte, erwachte der Graf mitten in der Nacht aus einem wirren Albtraum. Ihm hatte geträumt, er wäre in der Hölle, und die Teufel schürten das Feuer unter ihm. Die Hitze nahm ihm den Atem, er wollte sich von seinen Kleidern befreien und riss und zerrte an ihnen, bis er keuchend im Bett hochfuhr und feststellen musste, dass es kein Traum war. Feuer! Es brannte! Der Schweiß lief ihm über das Gesicht, über den Hals, den Rücken herunter, und er zerrte an seinen Beinkleidern, denn betrunken, wie er war, hatte er sich nicht die Zeit genommen, sich zu entkleiden.
    Noch halb betäubt, sprang er aus dem Bett, wollte irgendetwas packen, womit er das Feuer löschen konnte, da merkte er, dass es nur

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