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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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sofort nachsehen. Wenn Ihr solange Platz nehmen wollt?« Er wies auf eine einfache Holzbank neben der Tür.
    Sinan warf einen müden Blick auf sie. »Danke, ich stehe lieber. Und beeilt Euch, ich mag es nicht, wenn man mir die Zeit stiehlt.«
    Der Schreiber kam schneller zurück, als er erwartet hatte. Er kam mit leeren Händen, bleichen Lippen und nervösem Blinzeln. »Herr – äh – von Eulenburg? Ich muss Euch leider sagen, dass die von Euch erwähnten Unterlagen hier nicht existieren.«
    Sinan tat einen Satz auf den Schreibtisch zu und legte seine Hände wie Wolfspranken darauf. »Was sagt Ihr? Das ist völlig unmöglich. Ihr habt nicht genau nachgesehen.«
    »Doch, gewiss!« Alardus ließ sich wie erschöpft auf seinen Stuhl sinken, den Schreibtisch zwischen sich und diesem hohen Herrn, mit dem offensichtlich nicht zu spaßen war. »Es existiert eine Akte von Uhlenburg, vielleicht …«
    »Uhlenburg? Da hat sich doch nur ein Schreiber vertan. Also gebt mir die Akte Uhlenburg heraus!«
    »Mit Verlaub, Herr Graf, ich glaube nicht, dass ich das so ohne Weiteres darf. Immerhin ist es möglich, dass …«
    »Wenn Ihr keine Befugnis habt, will ich den Kanzler sprechen!«, schnitt ihm Sinan das Wort ab. »Ich habe wenig Lust, mich mit seinen Untergebenen herumzustreiten.«
    »Er ist nicht im Hause«, hauchte Alardus, seine Augenlider flatterten.
    Sinan merkte, dass er log. »Ich warte hier auf ihn.«
    Alardus seufzte. »Er kann Euch auch nicht mehr sagen als ich.«
    »Das werden wir sehen. Holt ihn her! Sofort! Ich bin den weiten Weg aus dem heiligen Land hierher gekommen und erwarte Respekt.«
    Eine Tür hinter dem Schreiber tat sich auf, ein beleibter, schon etwas kahler Mann trat ein, das fleischige Gesicht ärgerlich in Falten gelegt. Offensichtlich hatte er an der Tür gelauscht, und offensichtlich war er der Kanzler. Mit seinem bis zu den Füßen reichenden Ornat wallte er um den Schreibtisch herum. »Respekt? Vor wem sollen wir Respekt haben, mein Freund? Ihr nennt Euch Eberhard von Eulenburg, aber das kann jeder behaupten.«
    »Habe ich die Ehre mit Herrn Raimund von Schuchten?«
    »Der bin ich.«
    Sinan nahm die Kette ab und zeigte sie ihm. »Das ist unser Wappen. Mein Vater und Euer Vater haben gemeinsam unter Guido von Lusignan vor Akkon gekämpft.«
    Der Kanzler warf einen flüchtigen Blick darauf und nickte besänftigt, wenn auch noch nicht überzeugt, aber es war immer geboten, bei hohen Herren Vorsicht walten zu lassen, und dieser Besucher war ein Graf vom Scheitel bis zu den Fußspitzen.
    Sinan hängte sich die Kette wieder um den Hals und schloss die goldene Tassel an seinem Mantel. Dann folgte er dem Kanzler in seine Arbeitsräume.
    Als der Schreiber des Kanzlers am späten Abend seine Bücher schloss, fiel ihm auf, dass der gräfliche Besucher immer noch nicht zurückgekehrt war. Der Kanzler hatte den Gast ganz offensichtlich durch die private Hintertür hinausgelassen. Da ihn diese Angelegenheit nichts mehr anging, nahm er eine Mappe mit Unterlagen, die er zu Hause durchsehen wollte, schloss sorgfältig die Tür und machte sich auf den Heimweg.
    Erst am nächsten Morgen entdeckte er seinen Vorgesetzten. Er war mit einem Kreuz rücklings auf die Tischplatte aufgespießt worden. Statt der Hände hatte er nurmehr blutig verkrustete Armstümpfe. Der arme Schreiber bekam einen Schreikrampf. Die Schrift auf dem Kreuz hatte er natürlich nicht gelesen. Sie lautete: Gallu, der den Menschen an der Hand befällt.

Rom – Die Versammlung
    In zwei Kutschen und mit einer bewaffneten Eskorte von zwanzig Mönchen, die in Wahrheit ausgebildete Kämpfer waren, hatten Emanuel, Octavien und der Abt vor etlichen Wochen St. Marien verlassen. Nach Überquerung der Alpen hatte feuchtkalter Regen sie begleitet, der aus tief hängenden Wolken rieselte und alles in graue Schleier hüllte. So hatte sich Emanuel Italien nicht vorgestellt. Doch nachdem sie die Po-Ebene hinter sich gelassen hatten, wölbte sich der Frühlingshimmel über ihnen in einem klaren Blau. Seit Stunden schon fuhren sie durch eine wilde, hügelige Landschaft. Auf den Bergrücken krallten sich ummauerte Dörfer wie Adlerhorste in das Felsgestein, hier und da ragte ein Bergfried empor oder die Zinnen einer Trutzburg. Sie durchquerten altes Etruskerland.
    Seit das Wetter sich wieder von seiner besten Seite zeigte, hatte Octavien es vorgezogen zu reiten, während Emanuel, der kein geübter Reiter war, die Fahrt in der Kutsche vorzog. Er schaute

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