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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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ich.«
    Er warf seinen Mantel über die Lehne, nahm seinen Hut ab, den eine Pfauenfeder schmückte, und legte ihn neben sich auf die Bank.
    »Wie hast du mich eigentlich gefunden? Ich habe doch extra die Torwachen bestochen.«
    »Aber ich habe ihnen mehr gegeben.«
    Rodnik lachte. »Nein, wir haben an allen bedeutenden Stadttoren unsere Leute. Sie wissen, ob du eine Stadt betreten oder wieder verlassen hast.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde glitt ein zorniger Schatten über Sinans Gesicht, doch gleich darauf hatte er sich aufgelöst wie flüchtiger Nebel. »Man lässt mich beobachten?«
    »Der Meister weiß immer gern, wo du dich ungefähr aufhältst. Das ist doch verständlich. Du bist ihm sehr wichtig.«
    Sinan nickte kurz. »Bist du zufällig hier, oder hast du mich gesucht?«
    »Es ist kein Zufall. Der Meister schickt mich. Er meinte, dein nächster Auftrag führe dich nach Trier. Dich hier zu finden, war einfach. Deine Stimme hört man bis zum Marstor.«
    Sinan nahm seine Laute zur Hand und zupfte nervös an den Saiten. »Ich habe die Sache noch nicht erledigt.«
    »Lass dir Zeit. Der Meister ist nach Rom abgereist. Er wünscht, dass du nach St. Marien zurückkehrst und dort auf seine Rückkehr wartest.«
    Freudig überrascht schlug Sinan einen raschen Akkord. »Das ist eine gute Nachricht, Rodnik. Ich sehne mich nach der reinen Luft Neubabylons. Darf ich erfahren, weshalb der Meister nach Rom geht?«
    »Ein großer Plan strebt der Verwirklichung entgegen. Er wird dort die Edelsten unserer Bruderschaft treffen.«
    »Der Kopf der Schlange, wird er endlich zertreten?«, zischte Sinan.
    Rodnik neigte das Haupt. »Mit den vereinten Kräften der Vernunft und mit Gottes Hilfe.«
    Als Sinan sich verabschiedete, warf er noch einmal einen Blick in den sechsten Umschlag. Er enthielt nur einen Namen: Raimund von Schuchten, bischöflicher Kanzler in Trier.
    ***
    Alardus, dem Sekretär des bischöflichen Kanzlers von Trier, wurde ein Besucher gemeldet. Einer, der seinen Namen nicht nennen wollte. Alardus beugte sich ungerührt weiterhin über das Schriftstück, das er gerade bearbeitete. Leute ohne Namen mochte der Teufel holen. Und sie mochten warten. Alardus hatte viel zu tun. Er hörte, wie sich die Tür öffnete, Schritte näherten sich. Der Besucher besaß die Unverschämtheit, einfach auf ihn zuzugehen, statt an der Tür zu warten, bis er die Erlaubnis erhielt, näher zu treten. Alardus’ Feder kratzte unbeirrt über das Pergament.
    Eine flache Hand fiel wie ein Ziegel auf seinen Schreibtisch nieder, es gab einen dumpfen Laut, das Tintenhorn wackelte, die Unterlagen bebten, und Alardus entglitt die Schreibfeder. Jetzt richtete sich sein krummer Rücken auf, sein Mund war geöffnet, bereit, eine Schimpftirade loszulassen, doch er klappte ihn wieder zu, sein Kreuz wurde plötzlich gerade wie ein Pfahl. Da stand ein junger Mann vor ihm, gekleidet wie ein Fürst, mit flammendem Blick und umwölkter Stirn, die Unheil kündete. Über einem blaugrünen Rock aus Scharlachgewebe, golden und rot gesäumt, trug der Besucher einen Tasselmantel aus dunkelgrünem Samt, am Hals von einer Spange aus zwei kleinen goldenen Sonnen gehalten, dazu hohe, geschnürte Stiefel aus weichem Ziegenleder. Sein Haar, zu einem Zopf im Nacken gebunden, zierte eine grüne Filzkappe mit einer Schwanenfeder. Herausfordernd stemmte er die rechte Hand in die Hüfte. Unter dem offenen Mantel wurde ein langes Schwert sichtbar.
    »Ihr wünscht?«, krächzte Alardus undeutlich. Er räusperte sich kurz und lautstark. »Ihr wünscht?«, wiederholte er in normaler Tonlage und angelte nach seiner Schreibfeder, als müsse er sich an ihr festhalten.
    Der Mann beugte sich bedrohlich weit über den Schreibtisch. »Ich wünsche Eure Aufmerksamkeit, Meister Alardus. Ich bin Graf Eberhard von Eulenburg und benötige von Euch einige Unterlagen.«
    Dabei nestelte er an seiner Tassel und öffnete den Mantel, sodass die goldene Kette mit dem Wappen derer von Eulenburg sichtbar wurde.
    »Herr von Eulenburg«, murmelte Alardus, »natürlich, sofort. Wenn der Herr Graf die Güte hätten, mir zu sagen, um welche Unterlagen es sich handelt?«
    Sinan richtete sich auf, aber sein finsterer Blick hielt den Schreiber weiterhin im Schraubstock. »Es handelt sich um den Ehevertrag meines Vaters Rudolf von Eulenburg mit der Gräfin Elisabeth von Immenthal. Ich muss ihn einsehen und benötige beglaubigte Kopien davon.«
    Alardus sprang auf. »Jawohl. Ich werde nachsehen. Ich werde

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