Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
abstatte.«
    ***
    Sinan ritt nach Rom zurück. Die Dinge entwickelten sich zur Zufriedenheit. Der Meister hatte den Rückschlag überwunden und dachte bereits an den nächsten Schritt. Sinan kannte ihn nicht anders. Die Bruderschaft marschierte immer noch auf dem richtigen Wege.
    Er gedachte, sich eine kleine, schäbige Unterkunft in Trastevere zu besorgen, dem Arbeiterviertel von Rom, denn von nun an durfte keine Spur mehr von ihm zum Meister führen. Deshalb brachte er sein Pferd in einem Mietstall unter und ging zu Fuß weiter.
    Es dämmerte bereits, als er die Brücke nach Trastevere erreichte. Bei einem Straßenhändler kaufte er eine heiße Wecke, lehnte sich an das steinerne Geländer und beobachtete die Umgebung.
    Ein paar Schritte weiter lümmelten grellgeschminkte Frauen unbestimmten Alters und lockten mit gefärbten Perücken und Brusttüchern in der gelben Farbe der Huren. In Rom gab es Hunderte von ihnen, denn nach beschwerlicher Pilgerfahrt und geistiger Erbauung hielt so mancher Fromme gern auch nach dem Weltlichen Ausschau. Ebenso der höhere und niedere Klerus, der sich in großer Anzahl um den Papst im Lateranpalast scharte, um von der Sonne seiner Gnade beschienen und seinen Pfründen unterhalten zu werden. Nicht zuletzt wegen des strengen Zölibats war der Heilige Vater, sicherlich ohne es zu beabsichtigen, einer der großzügigsten Wohltäter des viel geschmähten, aber gern besuchten weiblichen Geschlechts. So mancher Peterspfennig oder allerletzte Pilgeralmosen floss in die Taschen der Dirnen, weshalb Rom voll von ihnen war.
    Sinan zwinkerte der einen zu. Gleich kam sie herangeschlendert und klimperte ihn mit den Augen an. »Ich gefalle dir wohl? Du gefällst mir auch sehr. Für drei Silberpfennige kannst du mich haben. Ich mache alles.«
    Eine Zweite drängte sich dazwischen und kreischte: »Drei Silberpfennige willst du für deine Hängetitten? Siehst du nicht, dass dieser edle Jüngling was Besseres braucht?« Sie hob ihre Brüste mit beiden Händen an. »Was haltet Ihr davon, junger Herr? Alles noch prall und fest. Und ich nehme nur zwei Pfennige für die ganze Nacht.«
    Sinan tat, als könne er sich nicht entscheiden. »Aufrichtig, ihr Schönen, ich weiß einfach nicht, wem ich den Vorzug geben soll. Ihr seid alle so liebreizende, zuckersüße Täubchen.«
    Sie kicherten tatsächlich.
    »Ich glaube, ich nehme euch beide.«
    Dieser höfliche, blendend und wohlhabend aussehende Freier war auch bei den anderen Huren nicht unbemerkt geblieben, und zwei weitere gesellten sich dazu. »Er ist aber auch ein Genießer, der junge Herr«, flötete eine grazile Rothaarige, deren Haar einmal schwarz gewesen war, »nehmt doch gleich uns alle mit auf die Kammer.«
    »Nein, wahrhaftig? Das würde gehen? Das wäre natürlich fantastisch.«
    Sie zwinkerte. »Wir würden Euch schon recht einheizen, heißer als in der Hölle.«
    Leider entblößte ihr Lächeln einen fehlenden Schneidezahn.
    »Ist das wahr?« Etwas Bösartiges huschte über seine Züge. »Ja, da steige ich doch lieber bei den Teufeln in den Kessel als bei einer von euch ins Bett.«
    Er tippte an die Kappe und verabschiedete sich mit einer spöttischen Verbeugung. Die kreischenden Beschimpfungen, die ihm folgten, wären nicht einmal Luzifer persönlich eingefallen. Sinan drehte sich um und klatschte Beifall. »Ihr amüsiert mich, dafür bin ich euch zu Dank verpflichtet. Nehmt das hier!« Er schüttete einen Beutel mit Silberpfennigen zwischen sie. Sofort entstand ein wildes Durcheinander, Röcke flogen in die Höhe, Fäuste rissen Perücken herunter, zogen an den Haaren. »Sieh an«, murmelte Sinan, »die springen ja umeinander wie tolle Karnickel.«
    Zielstrebig überquerte er jetzt die Brücke und verschwand alsbald in dem Labyrinth der Gassen von Trastevere. Bald würden die neuen Herrscher solchen Unflat aus Rom hinwegfegen und den Staub der Geschichte in Gold verwandeln. Aufmerksam schaute er sich um in dem Viertel mit den dicht gedrängten Häusern, die alle etwas schäbig wirkten, den verwinkelten Gassen und kleinen verschwiegenen Plätzen. Hier schien es sich nicht schlecht zu leben. Das Volk hatte seine Märkte, die Priester ihre Kirchen, Andersgläubige, Ketzer und Geächtete ihre dunklen Winkel. Es schien bestens dazu geeignet, sich für eine Weile unsichtbar zu machen.
    Er würde wieder als Spielmann herumziehen, aber diesmal keine auffälligen Farben wählen und keinen kecken Federhut. Ein abgetragener Rock und ein geflicktes Wams

Weitere Kostenlose Bücher