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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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einen gewöhnlichen Menschen gehalten hat«, warf Nathaniel ein. »Er selbst nennt sich doch Statthalter Christi auf Erden, was heißt das anderes, als Gott selbst zu repräsentieren. Wie konnte er so eine Fehlentscheidung treffen?«
    »Ja«, lächelte Yves, »mit Innozenz hat das Gottkönigtum, wie wir es aus dem alten Persien kennen, still und leise in Rom Einzug gehalten.«
    »Was wieder einmal beweist, dass eine noch so gut gemeinte Religion nutzlos ist, wenn sie von ihren Führern pervertiert wird.«
    »Mir ist es eigentlich gleichgültig, welche Religion sich durchsetzt«, meldete sich jetzt Agathos von Soloi zu Wort. »Wenn sie nur die Völker glücklich macht. Und das Christentum tut das entschieden nicht.«
    »Einen Weg, der nichts mit Hunger, Elend und Ausbeutung zu tun hat, ist derjenige, den jeder Mensch guten Willens beschreiten sollte«, nickte Heinrich von Kronberg.
    »Wie recht Ihr habt«, sagte Zakariya. »Eine gute Religion sollte eigentlich sein wie ein Leuchtturm, der sich über das Böse erhebt, Licht spendet und Gutes bewirkt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Auf dem Laterankonzil wurde beschlossen, dass Muslime und Juden sich anders kleiden müssen als die Christen. Die Juden sollen einen gelben Flicken auf der Brust tragen, als seien sie Aussätzige.«
    »Die Juden dürfen auch kein Handwerk und kein Gewerbe mehr ausüben«, fügte de Chartres hinzu.
    »Und allen Ernstes wurde die leibhaftige Existenz des Teufels und der Dämonen verkündet«, spottete Yves.
    »Vielleicht sind wir gescheitert, weil wir ebenso wie der Papst Gewalt angewendet haben«, gab Heinrich zu bedenken.
    »Ach Unsinn«, wehrte Nathaniel ab. »Die geistliche Führung hätte sich niemals durch Gebete und Palmenschwenken beeinflussen lassen.«
    »Aber wie soll es weitergehen?«, wandte er ein.
    »Wir sind zweimal gescheitert. Innozenz lebt, und jenes angebliche Vermächtnis Jesu ist verschollen.«
    »Wir dürfen weder aufgeben noch verzagen«, versetzte Nathaniel. »Andere Wege müssen beschritten werden. Ich werde mich zu diesem Zwecke wieder nach Rom begeben. Unsere Ziele bleiben dieselben.«
    »Sollten wir nicht mit allen Kräften versuchen, das Pergament zu finden?«, fragte de Chartres. »Es würde immer noch eine gute Waffe gegen die Kirche abgeben.«
    Nathaniel nickte.
    »Sagtet Ihr nicht, es sei den Männern gestohlen worden, die es gefunden haben?«
    »Ja.«
    »Und dieser Franziskaner, dieser Bernardo. Wie ist er in den Besitz dieses Pergaments geraten? Sind da niemals Nachforschungen angestellt worden?«
    »Schon, aber sie verliefen im Sande«, erwiderte Nathaniel einsilbig.
    »Soll das heißen, nicht einmal Innozenz vermochte ihm die Wahrheit zu entlocken?«
    Nathaniel hob die Brauen. »Soviel ich weiß, hatte Innozenz vor Bruder Bernardo eine abergläubische Scheu, die ihn von einer Erfolg versprechenden Wahrheitssuche abhielt. Viele hielten den Bruder für den leibhaftigen Messias.«
    Von Kronberg schüttelte den Kopf. »Solche Heilsverkünder hat das Land doch schon viele gesehen. Aber dass Innozenz selbst auf ihn hereinfiel …«
    »Ich glaube eher, er weiß, dass sein Glaubensgebilde auf tönernen Füßen ruht«, bemerkte de Monthelon verächtlich.
    »Und wo befindet sich dieser Mönch jetzt? Es muss doch möglich sein, ihm irgendwie auf den Zahn zu fühlen. Wir halten ihn nicht für den Messias.«
    »Keiner weiß, wo er sich momentan aufhält. Innozenz hat ihn laufen lassen«, erwiderte Nathaniel schulterzuckend. »Hat einfach behauptet, das Pergament sei eine Fälschung und der Mönch ein harmloser Narr. So hat er sich geschickt aus der Schlinge gezogen.«
    »Ist es nun echt oder nicht?«, fragte Agathos, der Baumeister.
    De Monthelon warf ihm einen mitleidigen Blick zu. »Völlig unwichtig. Wichtig ist, woran die Menschen glauben. Und Innozenz kann nichts beweisen, da er das Pergament nicht besitzt.«
    »Dann sollten wir jede Anstrengung unternehmen, es zu finden«, gab Zakariya zu bedenken. Er wandte sich an Nathaniel. »Habt Ihr nicht Euren Schützling Sinan für solche Vorhaben ausgebildet?«
    »Sinan?«, murmelte Nathaniel. »Nein, er kommt nicht infrage, ich habe ihn nach Syrien geschickt.«
    »Dann werde ich einen meiner Fedajin auf ihn ansetzen. Diese Leute haben keinerlei Skrupel, einem wiedergeborenen Messias die Kehle durchzuschneiden.«

Bernardo in Neubabylon
    Bernardo hatte lange über die seltsamen Wendungen nachgedacht, die sein Leben genommen hatte. Er dachte an die Menschenmassen, die ihn

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