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Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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Pässe übers Gebirge mit seinen Truppen sperrte.
    Und schließlich: Wo war die Hilfe des Griechenkaisers geblieben, dem zuliebe der Papst ja überhaupt die Christen zu diesem »Kreuzzug«, zu diesem Friedensbruch hatte aufstacheln lassen?
    Auch seine Angst vor den Türken war wohl zu groß, als dass er den Mut aufgebracht hätte, offen gegen sie aufzutreten.
    Summa summarum: Verrat und Treuebruch, Meineid, Hinterlist und Eigensucht. Waren das Christen? Und wie war meine eigene Stellung unter ihnen?
    Hunyadi, mein Protektor und Lehnsherr, war mit dem Leben davongekommen, die Nachricht darüber war nicht zu bezweifeln. Eine andere aber ebenfalls nicht: Auf seinem Ritt durch die Walachei war der Held von seinem eigenen Bundesgenossen Vlad Dracul festgenommen und nach Curtea de Arghesch in die Gefangenschaft abgeführt worden. Wollte sich der schlaue Walache vielleicht beim Sultan damit lieb Kind machen, dass er ihm dessen gefährlichsten und gefürchtetsten Feind auslieferte? Zuzutrauen war ihm das.
    Und Cesarini war tot. Ich erfuhr das auf seltsame Weise.
    Noch ehe die Schlacht zu Ende war, schleppte sich ein Mann in die Wagenburg, der eine schwere Verletzung davongetragen hatte. Ich sah ihm ins Gesicht und erkannte ihn.
    »Mario«, entfuhr es mir, »wie kommst du hierher?«
    Da blitzte auch in seinen Augen das Erkennen auf. »Ach, Giorgio, du? Nun, man nahm's nicht so genau bei der Aufnahme in das Kreuzfahrerheer, ich konnte mich unter falschem Namen einschmuggeln.«
    »So hast du unter Cesarini gekämpft? Wo steht er?«
    »Er steht nicht mehr. Er wurde vom Weg abgetrieben, ist in einen Sumpf geraten und darin versunken. Er rief um Hilfe, doch keiner von uns konnte ihn retten.«
    »Und wie bist du entkommen?«
    »Ich habe mich durchgehauen. Bis man mir das Schwert aus der Hand schlug. Da habe ich Fersengeld gegeben.«
    Er versuchte, sein schmerzverzerrtes Gesicht zu einem Lächeln zu zwingen. Es schnitt mir ins Herz. Was für eine Willenskraft sondergleichen hatte diesen Todwunden im Sattel gehalten, bis ihn sein Pferd aus dem Kampfgewühl hinausgetragen hatte?
    Ich sah es ihm an, dass er gezeichnet war. Und er wusste es auch.
    »Ich habe ein schlechtes Leben geführt, Bruder«, sagte er leise, »aber ich werde einen ehrlichen Tod haben. Ablass für alle meine Sünden! Das Paradies … wer hätte das gedacht, dass Mario Petruzzi … der Kardinal hat es uns versprochen.«
    »Ich, Mario – ich habe das schon immer gedacht.« Doch diese Worte hörte er nicht mehr.
    Cesarini also war tot. Und das Versprechen, das er mir gegeben hatte, lag mit ihm begraben in den Sümpfen des Sewna-Sees. Was also trieb mich zurück in eine Heimat, die für mich keine hatte werden können?

Dritter Teil
    Nach der mörderischen Schlacht kam ich drei Tage lang nicht aus den Kleidern. Immer neue Verwundete und Sterbende schleppte man heran, den wenigsten konnte ich helfen. Wenn ich vor Müdigkeit zusammensank, hatte ich wüste Träume, und wenn mich ein Schrei aus dem Schlaf schreckte, wusste ich nicht, ob es Wahn war oder Wirklichkeit. Schließlich wurde meine Erschöpfung so groß, dass ich die Erinnerung an die darauffolgenden Tage fast verloren habe. Ich weiß nicht mehr, ob ich den Weg mit den abziehenden Truppen zu Fuß oder auf Pferderücken zurückgelegt habe, weiß nicht, in welchem Hafen man mich einschiffte, weiß nur noch, dass ich mich in der Heeresmasse des Beglerbegs von Anatolien befand und eines Tages Schiffsplanken unter den Füßen hatte, als seine Mannschaft nach Kleinasien übergesetzt wurde.
    Die Seereise war fürchterlich. Der Segler überfüllt, das Meer in Aufruhr, als stürzten sich die Stürme von allen Enden der Welt auf uns, um uns zu verderben. So manches Schiff ging dabei zugrunde. Einige der Schiffbrüchigen konnten wir retten, und ich hatte vollauf zu tun, dass mir die zu Tode Erschöpften nicht unter den Händen starben, sodass ich gar nicht dazu kam, mir der Gefahr bewusst zu werden, in der ich selber schwebte. Dann endlich hatten wir wieder festen Boden unter den Füßen, und die Männer warfen sich rechts und links neben mir auf die Knie, berührten mit der Stirn die Erde, und ihr Ruf »Allah akbar!« pflanzte sich fort von Mund zu Mund, bis er zu einem Brausen anschwoll, das das des Windes übertönte. Da erst fühlte ich, dass mein Herz noch schlug und meine Seele noch einer eigenen Regung fähig war.
    Nicht, dass nicht auch ich gleich all den andern in jener Demutshaltung dagelegen hätte, die der

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