Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Schatten Gottes auf Erden (German Edition)

Titel: Schatten Gottes auf Erden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
Vom Netzwerk:
ihre Kinder, zu denen sie sich dann in aller Öffentlichkeit bekennen können, mit weltlichen Gütern auszustatten?
    Oh, Georgius, wir arbeiten an der Reinigung und Heiligung des Hauses Gottes – was bedeutet da das Schicksal eines einzelnen und wäre es mein eigenes?
    Denkst du denn, ich wollte Kleriker werden? Du weißt doch, dass ich meine Studien in Padua mit dem Doktor juris abgeschlossen habe. Aber dann, als ich in Mainz meinen ersten Prozess führte – und verlor – und erkannte, wo die Wurzel des Übels sitzt und wo sie ausgestochen werden muss, entschied ich mich … Oh, frage nicht, was mich diese Entscheidung gekostet hat!
    Selbstmord hat dein Freund begangen? Das ist die Sünde, für die es keine Vergebung gibt, weil sie nicht bereut werden kann. Nicht einmal eine Seelenmesse können wir für ihn lesen lassen.«
    »Aber beten können wir, Nicolaus – wenn nicht für ihn, so für andere, die in einer ähnlichen Lage sind. Und auch für alle, die schwere Entscheidungen treffen müssen. Auch sie werden der Barmherzigkeit Gottes bedürftig sein.«
    Da war er der Erste, der die Augen senkte.
    Nein, alles konnte ich auch mit Nicolaus Cusanus nicht besprechen.
    Eines Tages kam er zu mir mit strahlendem Gesicht.
    »Der Papst hat eingelenkt!« sagte er fröhlich. »Er anerkennt das Konzil von Anfang an, alle Beschlüsse, die schon gefasst sind und noch gefasst werden! Und das ist nicht alles. Der Kaiser von Konstantinopel wird Botschafter nach Basel schicken, die über die Union der griechischen Kirche mit der römischen verhandeln sollen. Das hat er zugesagt.
    Oh, manchmal sehe ich das Heil der Welt so nahe vor Augen, dass ich meine, es mit Händen greifen zu können! Was tut es, dass Eugenius nicht selbst nach Basel kommt, weil er sich seiner angegriffenen Gesundheit wegen diese Anstrengung nicht zumuten will, hat er doch seine Gesandten geschickt, und die haben beschworen, dass jedes allgemeine Konzil seine Gewalt unmittelbar von Christus habe und jedermann, auch der Papst, ihm gehorchen müsse. Ach, mein Georgius, nun erst kann das große Werk wirklich gedeihen!
    Freilich«, (und hier wurde seine Stimme gedämpft, und er sah mich mitleidig an) »eines der wichtigsten Dekrete wird lauten: Alle Kleriker, die im Konkubinat leben, haben ihre Konkubinen sofort zu entlassen. Auch die Kinder dürfen nicht bei ihrem Vater bleiben. Notfalls wird die weltliche Gerichtsbarkeit aufgefordert, einzuschreiten.«
    »Ihr wollt also das Heil der Welt mit Händen greifen, Nicolaus«, erwiderte ich. »Befürchtest du nicht, dass eure Arme zu kurz dazu sind?«
    Ende Mai des Jahres 1434 verließ der Kaiser die gastfreundliche Stadt am Rhein. Einige Widrigkeiten mit den Konzilsvätern gaben ihm den Grund dazu, die Veranlassung war aber eine andere. Er wollte endlich mit seinen Böhmen ins reine kommen, als ihr König von ihnen anerkannt werden, und dazu waren die Verhandlungen des Konzils mit den Hussiten nur die Vorbereitung gewesen. So brach er trotz seines schlechten Gesundheitszustandes (er konnte nicht zu Pferde steigen und musste sich in einer Sänfte tragen lassen) nach Regensburg auf, wohin er einen Reichstag beschieden hatte. Hunyadi János begleitete ihn. So kam auch ich dorthin.
    In Ulm traf Sigismund mit der Gesandtschaft zusammen, die der griechische Kaiser an das Konzil abgesandt hatte. Wie glücklich wird der Cusaner sein, dachte ich, als ich das vernahm. Und wie freute ich mich erst, als ich hörte, dass zwei Georgier dabei waren. Kaum konnte ich erwarten, mit ihnen zu sprechen.
    »Aus unserm Land stammte deine Mutter? Eine Georgierin war sie?« Die Herzlichkeit, mit der sie mich aufnahmen, ist nicht zu beschreiben. Doch was ich von ihnen zu hören bekam, war äußerst betrüblich.
    »Das Messer sitzt uns an der Kehle. Die Macht der Osmanen wächst und wächst. Konstantinopel ist nur noch eine Oase in der muhammedanischen Wüste. Und Georgien –ach, unser heiliges Georgien! In die Höhlen unserer Berge graben wir uns ein, verstecken wir unsere Bücher, damit nicht auch noch die letzte Kunde von unserer stolzen Kultur zugrunde geht. Wenn uns das Abendland nicht hilft …« »Aber man will euch doch helfen! Begrabt nur den alten Streit! Es geht doch um mehr als ums ›filioque‹.«
    »Ach, mein junger Freund«, erwiderte der eine von ihnen, ein alter weißhaariger Priester, »was wisst ihr Laien schon vom ›filioque‹?«
    (Nun, Cusanus hatte mich darüber aufgeklärt, wie geringfügig der dogmatische

Weitere Kostenlose Bücher